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„Von Gott her redeten Menschen, getrieben vom Heiligen Geist“ (2 Petrus 1,21): Biblische Inspiration aus der Perspektive des mittleren Wissens

Summary

Die Inspiration der Schrift wurde von christlichen Theologen traditionell als uneingeschränkt, verbal und konfluent verstanden. Aber wie ist die uneingeschränkte Verbalinspiration damit vereinbar, dass die Bibel ein wirklich göttlich-menschliches Produkt ist? Wie kann man an der Verbalinspiration der gesamten Heiligen Schrift festhalten, ohne in einer Theorie der Inspiration als Diktat zu enden, die den menschlichen Verfasser letztlich ausschaltet? Es wird eine Theorie der göttlichen Inspiration vorgeschlagen, die auf dem mittleren Wissen Gottes basiert, durch das Gott wusste, was die Verfasser der Bibel frei schreiben würden, wenn sie in bestimmte Umstände gestellt würden. Indem Gott dafür sorgt, dass die Verfasser der Bibel sich in den entsprechenden Umständen befinden, kann er eine Bibel hervorbringen, die ein Produkt menschlicher Verfasser und auch sein Wort ist. Eine solche Theorie wird mit ähnlichen Auffassungen verglichen und kontrastiert, die Lessius und Wolterstorff dargelegt haben.

„'Men Moved By The Holy Spirit Spoke From God' (2 Peter 1.21): A Mittleres Wissen Perspective on Biblical Inspiration.“ Philosophia Christi NS 1 (1999): 45-82.

Die Kirche hat traditionell bekräftigt, dass die Bibel von Gott inspiriert ist und deshalb Gottes Wort an die Menschheit ist, das in allem, was es lehrt, autoritativ ist. Während der Aufklärung kam es zu einer tieferen Anerkennung der Rolle der menschlichen Verfasser beim Schreiben der biblischen Bücher, die ein Fragezeichen hinter die Behauptung setzte, dass die Bibel Gottes Wort ist. Wie konnten die Heiligen Schriften gleichzeitig Gottes Wort und Menschenwort sein? In diesem Paper werde ich argumentieren, dass die Lehre des göttlichen „mittleren Wissens“ (scientia media) den Schlüssel für die Lösung dieses Rätsels bietet. Ich werde zuerst zeigen, dass der historische Standpunkt der Kirche tatsächlich behauptete, dass die Bibel durch uneingeschränkte Verbalinspiration gekennzeichnet ist. Dieser Nachweis ist wichtig, weil die nachaufklärerische Skepsis gegen die Inspiration der Bibel so tief ist, dass manche versucht haben zu leugnen, dass die Kirche je eine so falsche Lehre vertrat. Dann werde ich erklären, welche Herausforderung die einsetzende Bibelkritik, die eine neue Würdigung der menschlichen Seite der Bibel brachte, für die traditionelle Lehre darstellte. Zuletzt werde ich im Dialog mit zeitgenössischen Religionsphilosophen die Kohärenz der traditionellen Inspirationslehre anhand der Lehre des mittleren Wissens verteidigen.

Die Göttlichkeit der Bibel

Ausgehend von Bibeltexten wie 2 Petr 1,21 und 2 Tim 3,16 („Alle Schrift ist von Gott eingegeben“), betrachteten die Kirchenväter die Heilige Schrift seit frühester Zeit einhellig als „heilig“, „sakral“ und „göttlich“ und somit als absolut autoritativ, da es sich um die eigenen Worte Gottes handelt. [1] So gab Clemens von Rom der korinthischen Gemeinde den Rat: „Forschet in den Schriften, den wahren Aussprüchen des Heiligen Geistes.“ [2] Die heiligen Schriften sind die „Aussprüche Gottes“. [3] So kann Clemens die Zitate aus der Bibel mit der einfachen Formel einleiten: „Der Heilige Geist sagt…“ [4] Selbst die neuere Korrespondenz von Paulus an die Korinther gilt als „unter der Inspiration des Geistes“ [5] verfasst.

Die Tatsache, dass es Gott ist, der in der Bibel spricht, ist besonders evident bei prophetischen Äußerungen. Nach Justin dem Märtyrer werden „die Weissagenden durch keinen andern Einsprechungen erhalten als durch den göttlichen Logos.“ [6] Deshalb schreibt er: „Wenn ihr jedoch die Worte der Propheten einer Person in den Mund gelegt findet, so dürft ihr sie nicht als von den Inspirierten selbst gesprochen ansehen, sondern von dem sie bewegenden göttlichen Logos.“ [7] So bemerkt Justin in einem Kommentar zu 5. Mose 10,16-17: „Gott selbst hat durch Moses also gerufen“ und zu Jesaja 7,14: „Gott [hat] durch den prophetischen Geist als zukünftig eintretend vorhergesagt“, [8] was geschehen sollte. Doch selbst wenn Menschen in der Bibel als Antwort auf Gott sprechen, ist es das göttliche Wort, das spricht. [9] Zweifellos ist diese Überzeugung der Grund für Justins Gewissheit, dass „keine Schriftstelle mit einer anderen in Widerspruch steht.“ [10]

Clemens von Alexandria betont sowohl die Breite als auch die Tiefe der biblischen Inspiration. In Bezug auf die Erstere versichert er: „Und unzählige Stellen der Heiligen Schrift könnte ich dir noch anführen, von denen auch nicht ein Pünktchen vergehen wird, ohne dass es erfüllt worden wäre; denn das Wort des Herrn, der Heilige Geist, hat dies gesagt.“ [11] Und in Bezug auf die Letztere erklärt er: „Denn wahrhaft heilig sind die heilig und göttlich machenden Buchstaben. Die aus solchen heiligen Buchstaben und Silben zusammengesetzten Schriften, die Schriftwerke, nennt der gleiche Apostel folgerichtig ‚von Gott eingegeben…‘“ [12]

Der große Kirchenvater Irenäus handelt in derselben Überzeugung, wenn er die Gnostiker anklagt, weil sie einen Teil des Lukasevangeliums annehmen, ohne es vollständig anzunehmen, [13] und wenn er sein Argument zur Widerlegung der gnostischen Unterscheidung zwischen Jesus (dem von Maria geborenen Sohn) und Christus (dem Vater, der auf Jesus herabkam) darauf gründet, dass der Heilige Geist ein einziges Wort verwendet:

Sonst hätte Matthäus auch sagen können: „Mit der Geburt Jesu verhielt es sich folgendermaßen“; indem aber der Heilige Geist die Fälscher [der Wahrheit] voraussah und uns gegen ihre Arglist schützen wollte, sprach er durch Matthäus; „Mit der Geburt Christi verhielt es sich folgendermaßen ... und dieser ist der Emmanuel“ — damit wir ihn nicht für einen bloßen Menschen halten… [14]

Irenäus ist so kühn zu behaupten, dass „die Schriften des Mose Worte Christi sind“, und dass auch „die Worte … der übrigen Propheten ohne Zweifel seine“ [15] sind. Und er fasst zusammen, dass „die Schrift vollkommen ist, weil sie von Gottes Wort und seinem Geist gesprochen ist…“ [16]

Die Kirchenväter befassten sich nicht mit einer umfangreichen Analyse der Mittel, durch welche die Bibel inspiriert wurde, sondern begnügten sich mit Vergleichen und Analogien. Athenagoras scheint an eine Art Besitzergreifung durch den Heiligen Geist zu denken, ähnlich wie im hellenistischen Modell der Sibyllinischen Orakel, sodass die menschlichen Sprecher nur Instrumente des Geistes waren:

So … werdet Ihr selbst schon von den Aussprüchen eines Moses, Isaias, Jeremias und der übrigen Propheten vernommen haben, die, ihrem eigenen Denken entrückt, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes, was ihnen eingegeben wurde, verkündeten, wobei sich der Geist ihrer bediente, wie wenn ein Flötenspieler die Flöte bläst… [17]

Athenagoras ist bereit einzuräumen, dass heidnische Dichter und Philosophen eine „Empfänglichkeit für das göttliche“ hatten, doch während sie von ihrem „eigenen Inneren sich angeregt fühlte[n]“, haben „wir dagegen … für unsere Erkenntnis und für unseren Glauben die Propheten zu Zeugen, die in der Kraft des göttlichen Geistes über Gott und göttliche Dinge Offenbarungen gegeben haben.“ [18] Ähnlich stellt auch Athenagoras‘ Zeitgenosse Theophilus fest, dass es der Geist Gottes war, der „auf die Propheten herabkam und durch sie die Offenbarungen über die Erschaffung der Welt und die übrigen Dinge redete.“ [19] Und so sagt „Moses … vielmehr das Wort Gottes durch ihn als Organ …: ‚Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.‘“ [20] Wie Athenagoras betrachtet auch Theophilus dies als ausreichend, um das „Wort Gottes“ von den Werken der Philosophen, Schriftsteller und Dichter zu unterscheiden, denn während ihre Schriften „stets mit dem Irrtume vermischt“ sind, schrieben die Propheten, ergriffen vom Heiligen Geist Gottes, das nieder, was „klare Wahrheit“ ist, „vollständig zusammenstimmt“ und „wirklich wahr“ [21] ist.

Auch der Verfasser des fälschlich Justin zugeschriebenen Traktats Cohortatio ad Graecos verwendete den Vergleich mit Musikinstrumenten, um die Verfasser der heiligen Schriften zu charakterisieren:

Denn weder von Natur aus noch durch menschliches Begreifen ist es den Menschen möglich, so große und göttliche Dinge zu wissen, sondern durch die Gabe, die aus der Höhe auf die heiligen Männer herabkam, die nicht genötigt waren, nach rhetorischer Kunst zu suchen oder sich in zweifelhafter oder streitbarer Weise zu äußern, sondern sich dem Wirken des Geistes Gottes unterwarfen, damit dieses göttliche Plektron – vom Himmel herabkommend und Gerechte als Instrumente wie eine Harfe oder Leier benutzend – uns göttliche und himmlische Dinge offenbare.“  [22]

Die Analogie zu Musikinstrumenten ist interessant. Sie könnte den Eindruck vermitteln, dass die Rolle von Menschen bei der Erstellung der Bibel abgewertet wird. Doch in Wirklichkeit gelingt es ihr, sowohl die göttlichen als auch die menschlichen Aspekte der Bibel zu betonen, denn die Art des Instruments, das ein Musiker wählt, bestimmt den Charakter der musikalischen Klänge, die sein Spiel hervorbringt. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass die Analogie die Rolle der menschlichen Sprecher als freie Akteure mindert.

Obwohl Pseudo-Justin zum Beispiel die einfache und unausgeschmückte Diktion der Propheten betont, wird ihre Rolle als menschliche Instrumente unter den kontrollierenden Einfluss des Heiligen Geistes subsummiert; sie „gebrauchen mit Einfachheit die Worte und Aussprüche, die sich darbieten, um zu erklären, was immer der Heilige Geist, der auf sie herabkam, durch sie zu lehren wünschte…“ [23] In ähnlichem Sinn erklärt Irenäus, als er die Schlussfolgerung zu korrigieren sucht, dass es nach 2 Kor 4,4 einen zweiten „Gott dieser Welt“ gibt: „Paulus [versetzt] häufig die Wörter … nach dieser seiner Gewohnheit“ [24] und scheint dadurch die Rolle des menschlichen Verfassers bei der Erstellung der Heiligen Schrift zu betonen, wie auch in: „Paulus [wendet] jedoch wegen der Schnelligkeit seiner Reden und wegen seines ungestümen Geistes häufig Umstellungen an.“ [25]

Hippolytus greift den Vergleich mit dem göttlichen Plektron auf, das die menschlichen Instrumente spielt, aber es findet sich bei ihm keine Spur der Vorstellung von Athenagoras, dass die natürlichen Fähigkeiten der Propheten transzendiert wurden. [26] Der innewohnende Heilige Geist wird vielmehr als derjenige gesehen, der ihre Fähigkeiten erleuchtet und mit der Vollmacht ausstattet, die von Gott offenbarte Wahrheit auszusprechen:

Sie nun, die Väter, mit prophetischem Geiste ausgerüstet und vom Logos gebührend geehrt, hatten wie gut zusammenstimmende Instrumente den Logos gleichsam als Plektron immer in sich, von welchem bewegt die Propheten das verkündigten, was Gott wollte. Denn die Propheten erhoben ihre Stimmen nicht aus eigenem Antriebe wie die Betrüger, noch verkündigten sie das, was sie selbst wollten, sondern sie wurden zuerst von dem Logos in die rechte Weisheit eingeführt, dann durch Gesichte trefflich über das Zukünftige belehrt und so selbst überzeugt, verkündigten sie das, was ihnen allein von Gott geoffenbart worden war. [27]

Auch wenn die Sprecher hier mit Instrumenten verglichen werden, ist Hippolytus‘ Vorstellung von Gottes Wirken durch sie nicht so personalistisch, wie ein solcher Vergleich es auf den ersten Blick nahezulegen scheint.

Hieronymus verwendete ebenfalls ein eher personalistisches Modell, indem er Inspiration im Sinne eines Diktats auslegte. Der Brief an die Römer, sagt er, wurde vom Heiligen Geist durch den Apostel Paulus diktiert. [28] Da Gott der Autor der Heiligen Schrift ist, „ist jedes Wort, jede Silbe, jeder Akzent und jeder Punkt bedeutungsschwer.“ [29] Augustinus hatte eine ähnliche Auffassung von der Komposition der Heiligen Schrift. Christus, erklärt er, steht zu seinen Jüngern in Beziehung wie das Haupt zum Leib.

Wenn diese Jünger also niedergeschrieben haben, was er ihnen erklärte und aussprach, sollte keineswegs gesagt werden, dass er nichts selbst geschrieben habe; denn die Wahrheit ist, dass seine Glieder nur ausführten, was ihnen durch die wiederholten Aussprüche des Hauptes vertraut war. Denn alles, was er zu geben gedachte, damit wir seine Taten und Reden genau bedenken, befahl er durch diese Jünger aufzuschreiben, die er gleichsam als seine eigenen Hände gebrauchte. Wer diese Beziehung der Einheit und diesen einmütigen Dienst der Glieder begreift, alle im Einklang zur Ausführung verschiedener Dienste unter dem Haupt, wird die Darlegung, die er im Evangelium durch die von den Jüngern erstellten Berichte erhält, in derselben Haltung annehmen, in welcher er die Hand des Herrn selbst betrachten würde … wenn er sie beim Akt des Schreibens sehen könnte. [30]

Hier wird die Bibel als Ergebnis eines Zusammenspiels menschlicher und göttlicher Akteure verstanden, indem die menschlichen Verfasser schreiben, was Christus ihnen aufträgt, sodass letztlich er der Verfasser dessen ist, was sie schrieben. Es ist nicht verwunderlich, wenn Augustinus deshalb unterstreicht, dass die Bibel in einzigartiger Weise autoritativ ist und „ihre Verfasser … in nichts geirrt“ hatten! [31]

Die Auffassung, dass Gott der Verfasser der Bibel in ihrer ganzen Breite und Tiefe ist und sie deshalb autoritativ und irrtumslos ist, war die gemeinsame Grundüberzeugung der Kirchenväter. [32]Welche Vorstellung sie auch immer darüber hatten, wie die Inspiration der Heiligen Schrift geschah, wurden die menschlichen Verfasser der Bibel nur als instrumentale Urheber betrachtet, indem sie ausführten, wozu der Heilige Geist sie bewegte. So sprach Origenes für alle Kirchenväter, als er versicherte: „…dass die heiligen Bücher nicht eine von Menschen herrührende Schrift, sondern unter Eingebung des heiligen Geistes, nach dem Willen des Allvaters durch Jesum Christum, geschrieben und auf uns gekommen sind.“ [33]

Gerade wegen dieser Einmütigkeit fand die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel keinen Niederschlag im Glaubensbekenntnis. Cadoux gibt dazu den Hinweis: „Die Tatsache, dass biblische Irrtumslosigkeit in kein formales Glaubensbekenntnis aufgenommen wurde, beruhte nicht auf irgendeinem Zweifel daran, dass sie ein Wesenselement des Glaubens war, sondern darauf, dass niemand sie in Frage stellte.“ [34] Die mittelalterlichen Theologen teilten die Überzeugung der Kirchenväter. In seiner Zusammenfassung dieser Periode bemerkt Sasse: „In all diesen Jahrhunderten zweifelte niemand daran, dass die Bibel in ihrer Gesamtheit Gottes Wort war, dass Gott der führende Verfasser der Heiligen Schriften war, da ihre menschlichen Verfasser unter der göttlichen Inspiration des Heiligen Geistes geschrieben hatten, und dass diese Bücher deshalb frei von Fehlern und Widersprüchen waren, selbst wenn dies nicht der Fall zu sein schien.“ [35] So bekräftigt beispielweise Thomas von Aquin: „Der Heilige Geist ist der zentrale Verfasser der Heiligen Schrift; und der inspirierte Mensch ist das Instrument.“ [36] Der Heilige Geist äußert nie etwas Falsches; [37] deshalb kann selbst dem wörtlichen Sinn der Bibel nichts Falsches zugrunde liegen. [38] Augustinus, sagt Thomas von Aquin, hatte Recht mit seiner Behauptung, dass die Verfasser der Heiligen Schrift nicht irrten. [39]

Die protestantische Reformation brachte eine neue Betonung der biblischen Autorität mit sich. Indem sie das Prinzip der sola scriptura vertraten, waren die protestantischen Reformatoren Verfechter der Lehre von der Inspiration und Autorität der Bibel. Luther wagte es, der Autorität der katholischen Kirche entgegenzutreten, weil er glaubte, dass die Bibel, die nach seinem Verständnis seine Lehren unterstützte, das wahre Wort Gottes war. [40]  Die Heiligen Schriften, erklärte er, sind „des Heiligen Geistes Buch“. [41] So erklärt Luther in seinem Kommentar zu Psalm 90: „Wir müssen also glauben, dass der Heilige Geist selbst diesen Psalm verfasste.“ [42] Bei seinem Zitat der Aussage Davids: „Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge“ aus 2 Sam 23,2 staunt Luther:

Welch ein herrlicher hochmütiger Hochmut ist das! Wer sich rühmen darf, dass der Geist des Herrn durch ihn redet und seine Zunge des Heiligen Geistes Wort rede, der muss freilich seiner Sachen sehr gewiss sein. Das wird nicht sein David, Isai Sohn, in Sünden geboren, sondern der zum Propheten durch Gottes Verheißung erwecket ist. [43]

Obwohl David ein Sünder war, sprach er die wahren Worte Gottes aus, weil er ein Prophet war, durch den der Heilige Geist sprach. Luther bemerkt: „Solchen Ruhm dürfen weder wir noch sonst jemand führen, der nicht ein Prophet ist.“ [44] Luther beschreibt David als den, der mit anderen Worten sagte: „‚Meine Reden sind nicht meine Rede, sondern wer mich höret, der höret Gott.‘“ [45] Die Gesamtheit der kanonischen heiligen Schriften sind Gottes inspiriertes Wort: „So schreiben wir die ganze Heilige Schrift dem Heiligen Geist zu.“ [46] Selbst die Belanglosigkeiten in der Bibel (die levicula) sind inspiriert. In einem Kommentar zu einer Begebenheit in 1 Mo 30,14-16 bemerkt Luther:

Dies ist über die Maßen lächerlich und kindisch, sodass man nichts Unwesentlicheres sagen oder schreiben könnte. Warum ist es dann geschrieben? Ich antworte: Man soll allezeit vor Augen haben, was ich so oft betone, nämlich, dass der Heilige Geist der Meister dieses Buches ist. Er hat selbst Freude daran, spielerisch und zwanglos Dinge zu beschreiben, die unwesentlich, kindisch und nicht wert sind; und er gibt es, damit es in der Kirche gelehrt wird, als gereiche es zur größten Erziehung. [47]

Luther bekräftigt, dass selbst die Wörter der Bibel göttlich inspiriert sind. So versichert er, als er die Auslegung von Jes 7,14 als Prophetie der jungfräulichen Geburt verteidigt: „Selbst wenn ein Engel vom Himmel spräche, dass alma nicht Jungfrau bedeutet, sollten wir es nicht glauben. Denn Gott, der Heilige Geist, spricht durch Matthäus und Lukas; wir können gewiss sein, dass er die hebräische Sprache und hebräische Worte wohl versteht.“ [48] Weil die Heiligen Schriften Gottes Wort sind, inspiriert durch den Heiligen Geist, konnte Luther mit einem Zitat aus dem Brief von Augustinus an Hieronymus bekräftigen: „Die Heiligen Schriften … haben nie geirrt.“ [49]

In der Ära des protestantischen Scholastizismus nach der Reformation beharrten die lutherischen Theologen nachdrücklich auf der Inspiration selbst der Worte der Heiligen Schrift. Abraham Calov schrieb in einem Kommentar zu 2 Petr 1,21:

Φ o ρ α umfasst sowohl eine innere Erleuchtung des Verstandes und eine Mitteilung dessen, was zu sagen und zu schreiben war, als auch ein äußeres Drängen solcher Art, dass die Zunge und der Stift nicht weniger als der Intellekt und Verstand nach diesem Impuls handelten. Das Ergebnis war, dass nicht nur die forma oder der Inhalt vorgeschlagen wurde, sondern dass auch die Worte, die durch den Heiligen Geist in ihren Mund gelegt und ihrem Stift diktiert wurden, den ursprünglichen amanuenses oder Männern Gottes auferlegt wurden. [50]

J. A. Quenstedt drückt es so aus:

Der Heilige Geist inspirierte in den Propheten und Aposteln den in der Heiligen Schrift enthaltenen Inhalt und Sinn, oder die Bedeutung der Worte, damit sie nach ihrer eigenen Neigung diese Gedanken in ihren eigenen Stil kleiden und in ihre eigenen Worte fassen möchten; aber tatsächlich war es der Heilige Geist, der die eigentlichen Worte und jeden einzelnen Begriff nahelegte, inspirierte und diktierte. [51]

Wie für Thomas von Aquin, so ist Gott auch für diese protestantischen Scholastiker die causa efficiens principalis der Bibel; menschliche Verfasser sind die causae instrumentales. Sie werden mit Federn verglichen, die der Heilige Geist gebraucht, indem er jedes einzelne Wort diktiert, das sie schreiben. Inspiration umfasst nicht nur einen impulsus ad scribendum und eine suggestio rerum vom Heiligen Geist, sondern auch eine suggestio verborum. Natürlich waren diesen Theologen die stilistischen Unterschiede und Besonderheiten der biblischen Verfasser bewusst, aber diese wurden als eine Art Nachsicht Gottes erklärt, durch die er sich darauf einließ, mit dem eigenen Wortschatz und Stil des jeweiligen Verfassers zu sprechen.

Die reformierte protestantische Tradition vertrat einen ähnlich starken Standpunkt zur Lehre der Inspiration. Calvins bevorzugte Charakterisierung der Mittel zur Inspiration der Heiligen Schrift war das Diktat. [52] So bekräftigt er: „Wer nun in den Heiligen Schriften einen Nutzen sucht, möge zuerst als festen Punkt zugrunde legen, dass das Gesetz und die Propheten keine nach dem Willen und Belieben von Menschen gegebene Lehre sind, sondern vom Heiligen Geist diktiert wurden.“ [53] Er nennt die menschlichen Verfasser „amanuenses“ des Heiligen Geistes; sie sind seine „Organe“ und „Instrumente.“ [54] Calvin geht so weit, zu behaupten, dass der Prophet „nichts aus seinem eigenen Verstand“ hervorbringt, sondern nur ausrichtet, was der Herr gebietet. [55] So stellt Calvin in seinem Kommentar zu Jeremias Prophetien fest, dass es zwar „seine Worte waren“, aber Jeremia „nicht ihr Verfasser war“, da er „nur ausführte, was Gott befohlen hatte.“ [56]

Paradoxerweise kombinierte Calvin mit der Theorie der Inspiration als Diktat die Behauptung, dass die biblischen Verfasser frei in ihrem eigenen Stil schrieben:

Der Geist Gottes, der die Evangelisten zu seinen Schreibern berufen hatte, scheint ihren Stil absichtlich so geregelt zu haben, dass sie alle ein und dieselbe Geschichte in vollkommenster Übereinstimmung, aber in unterschiedlicher Weise schrieben. Die Absicht war, dass die Wahrheit Gottes klarer und treffender erscheinen sollte, wenn sich zeigte, dass seine Zeugen nicht nach einem verabredeten Plan sprachen, sondern jeder von ihnen schrieb gesondert, ohne aufeinander zu achten, frei und aufrichtig, was der Heilige Geist diktierte. [57]

Trotz der Bekräftigung der Freiheit der Verfasser liegt das Gewicht dieses Abschnitts auf der göttlichen Souveränität, die beschloss, dass vier unterschiedliche Berichte diktiert werden sollten.

Wie ihre lutherischen Kollegen betonten auch die reformierten scholastischen Theologen die Inspiration und Autorität der Bibel. Laut T. R. Phillips wurde die Tatsache, „dass Gott der Verfasser der ganzen Heiligen Schrift ist, und so nicht nur die Substanz, sondern sogar die Worte inspirierte, innerhalb der reformierten Scholastik des 17. Jahrhunderts nicht in Frage gestellt.“ [58] Drei Schwerpunkte sind für die reformierte Auffassung von der Heiligen Schrift charakteristisch. Erstens „wurde alles innerhalb der Heiligen Schrift als frei von der ‚Gefahr des Irrtums‘ und somit als absolut gewiss betrachtet.“ [59] Auf dieser Basis konnten die Aussagen der Bibel als autoritative Prämissen für die Ableitung theologischer Schlussfolgerungen dienen. Zweitens wurde die Inspiration der heiligen Schriften durch Gott als Grundlage der Autorität der Bibel verstanden. Drittens: „Da Inspiration … zur Grundlage für die Autorität der Heiligen Schrift geworden ist, nimmt die Art dieser Autorität eher externalistische und legalistische Eigenschaften an. Die Heilige Schrift wird als ein Buch autoritativer Sätze betrachtet: Was die Bibel sagt, das sagt Gott.“ [60] Reformierte Theologen verwendeten zwar weiter Begriffe wie „Diktat“ und „amanuenses“, um die Mittel der Inspiration zu erklären, aber sie beabsichtigten nach Philips kein wörtliches Verständnis dieser Begriffe, da sie Inspiration als einen Habitus oder ein Charisma verstanden, als eine besondere göttliche Gabe der Erkenntnis und des Wollens, das dem menschlichen Verfasser die inneren Fähigkeiten verleiht, Gottes Schreibmandat auszuführen. Nichtsdestoweniger konnten einige reformierte Theologen wie Voetius geradeheraus von einer suggestio verborum beim Prozess der Inspiration sprechen:

Der Heilige Geist sprach unmittelbar und außerordentlich alles, was geschrieben werden sollte und geschrieben wurde, seien es die Dinge oder die Worte … Der Heilige Geist hat sie hervorgerufen und hat sie ihnen eingegeben, sodass sie dieses und nicht jenes schrieben … der Heilige Geist ordnete, gliederte und konstruierte alle ihre Vorstellungen und Sätze nämlich so, dass sie diesen Satz an der ersten, jenen an der zweiten und einen anderen an der dritten Stelle und so weiter verwendeten, und infolgedessen sind sie dadurch versiegelt und beglaubigt, dass sie aufgeschrieben wurden: Dies ergibt sich strikt aus dem Erstellen und Verfassen eines Buchs. [61]

Andere reformierte Denker wie Rivet, Thysius und Ames bestritten, dass der Prozess der Inspiration eine suggestio verborum enthielt, doch alle teilten die Überzeugung, dass die Inspiration im endgültigen Text sich sogar auf die Worte der Bibel erstreckte.

Die katholischen Theologen der Gegenreformation beharrten ebenfalls auf der Inspiration und Autorität der Bibel. In der vierten Sitzung des Konzils von Trient erklärte die katholische Kirche, dass das Alte und das Neue Testament Gott als Verfasser haben, da sie durch den Heiligen Geist diktiert wurden (a Spiritu Sancto dictatas). [62] Protestanten und Katholiken betrachteten also gleichermaßen Gott als den Verfasser der Bibel, der menschliche Schreiber gebrauchte, die niederschrieben, was sein Geist diktierte. Auf diese Weise bestätigten sie neu, was die christliche Kirche immer geglaubt und gelehrt hatte.

Der menschliche Aspekt der Bibel

Auch wenn christliche Theologen die Eigenheiten der menschlichen Verfasser der Bibel immer anerkannt haben, wurde die Rolle der menschlichen Akteure beim Verfassen der Bibel zweifellos herabgesetzt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts machten sich leise Stimmen der Unzufriedenheit mit der klassischen Lehre der Inspiration unter katholischen Theologen bemerkbar. An die Öffentlichkeit drangen diese Vorbehalte jedoch mit Baruch de Spinozas Veröffentlichung seines Tractatus theologico-politicus im Jahre 1670. Spinoza leugnete nicht nur die mosaische Verfasserschaft des Pentateuch, sondern griff auch die traditionelle Lehre der Inspiration an. Die Propheten, bemerkte er, waren nur inspiriert, wenn sie die Worte Gottes direkt aussprachen; wenn sie in gewöhnlichen Gesprächen als private Individuen redeten, waren ihre Worte nicht inspiriert. Auch wenn die Apostel Propheten waren: Wenn wir ihre Schriften lesen, ist evident, dass sie in diesen Schriften nicht als inspirierte Propheten sprachen. Denn ihr Schreibstil und ihre Art der Argumentation ist mit direkt offenbarten Äußerungen unvereinbar:

Gibt man auf ihre Schreibart acht, so weicht sie von der der Weissagung ganz ab; denn die Propheten wiederholen fortwährend und bezeugen überall, dass sie auf Gottes Anweisung sprechen, als: „so spricht Gott“, „es sagt Gott der Heerscharen“, „das Gebot Gottes“ usw. … Dagegen findet sich nichts dergleichen in den Briefen der Apostel, vielmehr spricht Paulus in 1. Korinther 7,40 nach seiner Meinung, und in sehr vielen Stellen trifft man auf … andere Redensarten, die von der prophetischen Autorität sich ganz entfernen …

Wenn man ferner auf die Art achtet, wie die Apostel in diesen Briefen die evangelische Lehre mitteilen, so zeigt sich auch da ein großer Unterschied gegen die Art der Propheten. Die Apostel bringen überall Gründe herbei, so dass sie nicht zu prophezeien, sondern sich zu rechtfertigen scheinen …

Deshalb zeigt die Art des Sprechens und Verhandelns in den Briefen der Apostel deutlich, dass diese Briefe nicht in Folge Offenbarung und göttlichen Befehls, sondern nur in Folge ihres natürlichen Beschlusses geschrieben worden sind … [63]

Indem er Inspiration nur mit offenbarten prophetischen Äußerungen in Verbindung bringt, untergräbt Spinoza die Inspiration der nicht-prophetischen Teile der Bibel, wozu der größte Teil des Neuen Testaments gehört. Statt durch den Heiligen Geist diktiert worden zu sein, wurden „die Briefe der Apostel nur von dem natürlichen Licht diktiert …“ [64] Den Evangelien ergeht es nicht besser:

Es [gibt] im Neuen Testament vier Evangelisten, und wer kann glauben, dass Gott Vieren die Geschichte Christi hat erzählen und durch Schrift den Menschen mitteilen wollen? … Denn jeder [Evangelist] predigte sein Evangelium an einem anderen Orte, und jeder schrieb das nieder, was er gepredigt hatte, und zwar einfach zur deutlichen Erzählung der Geschichte Christi und nicht zur Erläuterung der anderen [Evangelisten]. Wird durch deren Vergleichung manches leichter und besser verständlich, so ist dieses zufällig und nur bei wenigen Stellen … [65]

Die Heilige Schrift wird nur wegen ihrer prophetischen Abschnitte das „Wort Gottes“ genannt, und Gott wird nur deshalb als Verfasser der Bibel verstanden, weil darin „die wahre Religion“ gelehrt wird. [66]

Spinozas Tractatus löste eine gewaltige Kontroverse in Europa aus. Im Grund beharrte Spinoza darauf, dass man die menschliche Seite der Bibel ernstnehmen muss, und argumentierte, dass dies mit der traditionellen Lehre der Inspiration unvereinbar ist. Das menschliche Element in der Heiligen Schrift, auf das Spinoza die Aufmerksamkeit gelenkt hatte, ließ sich nicht leugnen; die Frage war, ob seine Schlussfolgerung stimmte, dass Inspiration deshalb als direkte Prophetie zu umschreiben war. Der niederländische Theologe Jean Le Clerc, durch Spinozas Kritik erschüttert, sprach sich für die Aufgabe der klassischen Inspirationslehre aus und beharrte zugleich auf der generellen Zuverlässigkeit der nicht-inspirierten Teile der Bibel. Le Clerc unterscheidet zwischen Prophetien, Erzählungen und Lehren in der Bibel. Die von Christus und den Aposteln vermittelten Lehren betrachtet er als göttlich inspiriert. Doch er behauptete, dass selbst Prophetien nicht inspiriert zu sein brauchten. So kann ein Prophet beispielsweise von Visionen oder Stimmen von Gott berichten, indem er den Sinn des Gehörten oder Gesehenen in seinen eigenen Worten wiedergibt. Die Tatsache, dass die verschiedenen Propheten sich in ihrem Schreibstil unterscheiden, widerlegt die Diktattheorie der Inspiration. Dasselbe gilt für Erzählungen: Da die Evangelisten in der genauen Formulierung der Lehre Jesu voneinander abweichen, geben sie nur den Sinn dessen wieder, was Jesus gesagt hatte, und für diese Aufgabe brauchten sie keine göttliche Inspiration, sondern nur ein gutes Gedächtnis und Aufrichtigkeit. Zu einem Zitat aus Lk 1,14 kommentiert Le Clerc: „Vielleicht erkennen Sie in diesen Worten eine Bestätigung dessen, was ich gesagt habe, und einen vollen Beweis, dass Lukas das, was er uns berichtete, nicht durch Inspiration erfuhr, sondern durch Informationen derjenigen, die es genau wussten.” [67] Le Clerc versichert, dass seine Auffassung die Autorität der Bibel nicht untergräbt, weil die Evidenz uns rational zu der Überzeugung verpflichtet, dass die historischen Berichte des Neuen Testaments substantiell wahr sind. Deshalb räumt er in seiner Antwort auf Spinoza ein, „dass die heiligen Schreiber weder im Stil, noch in Bezug auf Dinge, von denen sie nicht anders als durch Offenbarung wissen konnten, inspiriert waren“, aber er beharrt darauf, „dass die Autorität der heiligen Schriften trotz alledem nicht als weniger beachtlich gelten sollte.“ [68]

Richard Simon, ein früher französischer Bibelkritiker, kritisierte in seiner Réponse au Livre intitulé Sentimens de quelques Théologiens de Hollande und in seiner epochalen Histoire Critique du Texte du Nouveau Testament [69] Le Clercs Zugeständnisse an Spinoza. Die zentrale Präsupposition von Spinoza und Le Clerc, die Simon kritisierte, ist ihre Annahme, dass biblische Inspiration hölzern im Sinne von Diktat zu verstehen ist. „Es ist nicht notwendig, dass ein Buch, um inspiriert zu sein, Wort für Wort von Gott diktiert wurde.“ [70] Stattdessen schlägt Simon vor, Inspiration als Gottes Leitung der biblischen Verfasser zu verstehen. An anderer Stelle erklärt er:

Unmittelbare Offenbarung geschieht, wenn der Heilige Geist einem biblischen Verfasser das, was er schreibt, so offenbart, dass dieser Verfasser nichts tut als zu empfangen und uns zu geben, was der Heilige Geist ihm diktiert hat. Das ist die Art, wie die Propheten über Dinge der Zukunft inspiriert wurden, die sie direkt von Gott erfuhren. Diese Inspiration kann sich auch auf Worte erstrecken, sollte es geschehen, dass der Heilige Geist einem Verfasser die Worte vorschlägt, die er gebraucht.

Man spricht von einer besonderen Leitung, wenn der Heilige Geist einem Verfasser nicht direkt offenbart, was er schriftlich niederlegt, sondern wenn er ihn veranlasst, einfach zu schreiben, was er bereits wusste, indem er es zuvor erfahren oder durch seine eigene Wahrnehmung verstanden hatte. Der Heilige Geist unterstützt und leitet ihn so, dass er nichts wählen wird, was nicht der Wahrheit und Absicht entspricht, zu welcher die Heiligen Bücher verfasst wurden, um zu wissen, wie wir im Glauben und in der Barmherzigkeit zu erbauen sind. Aus diesem Grund schrieb Lukas in der Apostelgeschichte mehrere Begebenheiten auf, die er von den Aposteln und von denen, die Augenzeugen dieser Begebenheiten waren, gehört hatte, wie die Predigten und Wunder des heiligen Petrus, oder die er selbst gesehen hatte, wie die Ankunft von Paulus auf Malta. [71]

Spinozas und Le Clercs Einwände basieren auf einem falschen Verständnis des Wesens der Inspiration, das sie veranlasst, die menschliche Vernunft auszuklammern. Doch wenn Inspiration im Sinne von Leitung und nicht als Diktat verstanden wird, dann besteht keine Unvereinbarkeit zwischen Inspiration und dem von Spinoza erwähnten menschlichen Aspekten. Die Evangelisten, zum Beispiel, waren nicht ihrer Erinnerung und Vernunft beraubt, als sie die Evangelien verfassten, aber Gott unterstützte sie so, dass sie nicht in einen Irrtum verfielen. Simon schreibt:

Gott hat ihre Feder so geleitet, dass sie nicht in einen Irrtum verfielen. Es sind Menschen, die schreiben; und der Heilige Geist, der sie leitet, hat sie nicht ihrer Vernunft oder ihrer Erinnerung beraubt, um in ihnen Tatsachen zu inspirieren, die sie sehr gut kannten. Aber er hat sie allgemein dazu veranlasst, von bestimmten Tatsachen zu schreiben, statt von anderen, die sie ebenso gut kannten. [72]

Simon verneint also, dass „die Evangelisten bloße Instrumente des Heiligen Geistes waren, der ihnen Wort für Wort diktierte, was sie aufschrieben.“ [73]

Le Clerc antwortete auf Simons Kritik, indem er zu einem gemäßigteren Standpunkt zurückkehrte: „Mein Argument beweist nicht direkt, dass es bei diesen Anlässen keine Inspiration gab, sondern nur, dass in der Sache selbst nichts liegt, das uns zu der Annahme führt, dass es eine gab…“ [74]  Was Simons Idee der Inspiration als Leitung oder Weisung betrifft, ist dagegen nichts einzuwenden, solange die Leitung sich nicht auf mehr erstreckt als die Wahl des Gegenstands. In Bezug auf Simons Behauptung, dass göttliche Inspiration und menschliche Vernunft sich nicht gegenseitig ausschließen, erklärt Le Clerc, dass der Heilige Geist den Aposteln entweder voll entfaltete Argumente oder nur allgemeine Prinzipien gab. Wenn er vollständige Argumente gab, wurde die Vernunft des Verfassers nicht benötigt. Doch wenn er nur allgemeine Prinzipien gab, dann waren die Apostel noch von fehlbaren Überlegungen abhängig, und nichts wurde gewonnen.

In seiner Erwiderung auf Le Clerc verteidigte Simon die Inspiration der gesamten Bibel anhand von 2 Tim 3,16. [75] Aber er stimmt zu, dass die Inspiration sich nicht auf die Worte der Bibel erstreckt: „Es ist überhaupt nicht notwendig, sie auf die Worte oder den Stil jedes biblischen Autors auszudehnen; es genügt, dass der Inhalt inspiriert ist.“ [76] Es besteht kein Grund zu befürchten, dass der Gebrauch fehlbarer Überlegungen dazu führt, dass die Schriften der Apostel Irrtümer enthalten, denn Gottes Leitung wird dies verhindern. „Der Heilige Geist leitete sie so, dass sie in dem, was sie schrieben, nie einen Fehler machten; aber man muss deshalb nicht annehmen, dass es in ihren Ausdrucksweisen nichts als das Göttliche und Übernatürliche gibt.“ [77] Wie wir später sehen werden, hängt die Frage, ob Simon Verbalinspiration verneinen wollte, von einigen sehr subtilen Aspekten ab, die sich aus der Tradition der jesuitischen Theologie ergeben, in der Simon operierte.

Diese Debatten des 17. Jahrhunderts über das Wesen der biblischen Inspiration lenkte die Aufmerksamkeit der Kirche auf die menschliche Seite der Bibel. Es schien nun völlig unplausibel, anzunehmen, dass das Mittel der biblischen Inspiration ein göttliches Diktat an die menschlichen Verfasser war. Die vielfältigen Stile der Verfasser, ihre Abweichungen beim Erzählen identischer Ereignisse, ihr offenkundiges Bemühen, Informationen zu sammeln, ihre beiläufigen Bemerkungen und grammatischen Fehler scheinen alle darauf hinzuweisen, dass sie eine wichtigere Rolle spielten, als bloße Schreiber zu sein. Freie menschliche Akteure mussten somit ein wesentliches Element jeder angemessenen Lehre der biblischen Inspiration sein. In Verbindung mit der historischen Überzeugung der Kirche von der vollen Breite und Tiefe der biblischen Inspiration bedeutet das Element menschlicher Akteure – in Pinnocks Worten –, dass „göttliche Inspiration plenar, verbal und konfluent ist.“ [78] Mit plenarer Inspiration ist gemeint, dass die gesamte Bibel inspiriert ist und nicht nur ein Teil von ihr. Neben den großen Lehren sind selbst die levicula Gottes Wort. Dies bedeutet nicht, dass alle Teile der Bibel gleich wichtig oder zu verschiedenen Zeiten und Orten gleich relevant sind, sondern dass alle von Gott eingegeben sind. Mit verbaler Inspiration ist gemeint, dass selbst die einzelnen Wörter der Bibel inspiriert sind. Die Bibel, als ein linguistisches Depositum, ist Gottes Wort. Daher sind nicht nur die zum Ausdruck gebrachten Gedanken, sondern selbst die Sprache der Bibel von Gott eingegeben. Mit konfluenter Inspiration, schließlich, ist gemeint, dass die Bibel das Produkt einer dualen Verfasserschaft ist, einer menschlichen und einer göttlichen. Die menschlichen Verfasser schrieben frei und spontan, und doch wirkte irgendwie auch Gott durch sie, um sein Wort hervorzubringen. Somit waren die Schreiber der Bibel keine bloßen Stenographen, sondern wirkliche Autoren, deren Individualität in ihren Werken durchscheint. Gleichzeitig ist Gott der Autor der Bibel, sodass wahrhaftig behauptet werden kann: „Der Heilige Geist sprach durch David…“, wodurch die Autorität und Irrtumsfreiheit der Heiligen Schrift gewährleistet ist.

Die scheinbare Inkohärenz von plenarer, verbaler und konfluenter Inspiration

Die offensichtliche Schwierigkeit ist jedoch, dass die oben genannten Eigenschaften der Inspiration eine inkonsistente Triade zu bilden scheinen. Kardinal John Newman rang offen mit der Spannung, die zwischen ihnen besteht:

In welcher Weise Inspiration mit diesem persönlichen Handeln ihrer Instrumente, das sich in der Komposition der Bibel zeigt, vereinbar ist, wissen wir nicht; doch wenn etwas sicher ist, dann dies: Obwohl die Bibel inspiriert und somit in gewissem Sinne von Gott geschrieben ist, ist dennoch ein großer, wenn nicht der größte Teil von ihr so frei und ungezwungen verfasst – und (anscheinend) mit einem so geringen Bewusstsein seiner irdischen Instrumente, einem übernatürlichen Diktat oder göttlichen Beschränkungen zu unterliegen –, als wäre er nicht an dem Werk beteiligt. In derselben Weise, wie Gott den Willen lenkt und der Wille dennoch frei ist, wie er den Lauf der Welt lenkt, und doch Menschen ihn führen, so hat er die Bibel inspiriert und doch haben Menschen sie geschrieben. Was auch immer sonst über sie gilt: Wahr ist, dass wir bei ihr genauso von der Geschichte oder Art ihrer Abfassung sprechen können wie bei anderen Büchern; wir können davon sprechen, dass ihre Verfasser eine Absicht im Sinn hatten, durch die Umstände beeinflusst wurden, sorgsam waren, gewissenhaft vorgingen, absichtlich Dinge wegließen oder einfügten, ergänzten, was andere ausgelassen hatten oder Dinge unvollständig ließen. Obwohl die Bibel inspiriert ist, hat sie alle Eigenschaften, die einem nicht-inspirierten Buch zukommen würden: charakteristische Eigenarten in Dialekt und Stil, die deutlichen Auswirkungen von Ort und Zeit, von Jugend und Alter oder des moralischen und intellektuellen Charakters; und darauf beharre ich auf die Gefahr hin, als würde ich in dem, was ich sagen werde, vergessen (was ich nicht vergesse), dass sie trotz ihrer menschlichen Gestalt den Geist und Sinn Gottes in sich trägt. [79]

Bei den klassischen Vertretern einer plenaren Verbalinspiration sucht man vergeblich nach einer Lösung für diese Schwierigkeit. Seitens der lutherischen Dogmatiker bekennt Robert Preus offen:

Die lutherische Inspirationslehre stellt ein Paradox dar. Einerseits wurde gelehrt, dass Gott der auctor primaries der Bibel ist, dass er die Gedanken und tatsächlichen Worte der Bibel bestimmte und bereitstellte und dass bei der Erstellung der Heiligen Schrift keine menschliche Kooperation efficienter stattfand. Andererseits wurde behauptet, dass die Temperamente (ingenia), die Nachforschungen und Empfindungen (studia), und die unterschiedlichen Hintergründe (Nationes) der inspirierten Verfasser sich alle deutlich in der Heiligen Schrift niederschlagen; dass die Bibel nichts Doketisches an sich hat; dass Gottes Sprecher bereitwillig, bewusst, spontan und aus tiefster persönlicher, geistlicher Überzeugung und Erfahrung schrieben; dass sie beim Schreiben der Bibel psychologisch und subjektiv (materialiter et subjective) völlig involviert waren. Die Spannung zwischen diesen beiden hervorstechenden Merkmale der Inspirationslehre darf nicht aufgehoben werden …

Nun mag es völlig inkonsistent erscheinen, dass der Geist Gottes in ein und demselben Handeln die genauen Worte der Bibel vorgeben und sich an die linguistischen Besonderheiten und umfassende Persönlichkeit der einzelnen Schreiber anpassen konnte, sodass diese Männer frei und spontan schrieben. Doch genau dies geschah, wie die biblischen Belege und Angaben beweisen. Und wenn die Heilige Schrift uns nicht mitteilt, wie diese Tatsachen beide wahr sein können, dürfen wir keiner von beiden Gewalt antun noch versuchen, das Geheimnis der Inspiration über das hinaus zu ergründen, was offenbart wurde. Die lutherischen Lehrer sind sich durchaus bewusst, dass es an diesem Punkt eine Lakune in ihrer Theologie gibt…; und sie begnügen sich damit, diese logische Lücke stehen zu lassen und das Paradox zu akzeptieren. [80]

Wir sollten die Lehre der Akkommodation nicht schlechtreden. Schließlich hat Gott, indem er überhaupt beschloss, die biblischen Bücher zu inspirieren, sich bereits darauf eingestellt, in der hebräischen und in der griechischen Sprache zu sprechen, und seinen Ausdruck dadurch auf das begrenzt, was die Grammatik und das Vokabular dieser Sprachen erlauben. Da er sich bereits so weit herabgelassen hat, ist es da unglaubhaft, dass er auch die zusätzlichen Begrenzungen und Eigenarten jedes einzelnen Verfassers berücksichtigte, sodass er durch den einen in der Sprache eines Hirten, durch einen anderen in der Sprache eines Zivilbeamten, und so weiter spricht? Vielleicht geht Gott gelegentlich sogar so weit, ungrammatisch zu sprechen, um eine wahrhaft idiomatische Ausdrucksweise zu erreichen. Vielleicht war Gottes Anweisung, wie Thomas von Aquin glaubte, so subtil und geheimnisvoll, dass der menschliche Verstand ihr unterworfen sein konnte, ohne dass der Betreffende es bemerkte, sodass man nicht zu unterscheiden vermag, ob seine Gedanken durch den göttlichen Instinkt oder durch den eigenen Geist hervorgebracht wurden. [81] Ob Akkommodation die levicula in der Bibel plausibel erklärt, ist eher zu bezweifeln. Aber der springende Punkt ist, dass auch die Akkommodation hinter der Konfluenz zurückbleibt: Wenn die Gedanken und Sätze des Verfassers entweder durch göttlichen Instinkt oder durch seinen eigenen Geist statt durch beide hervorgebracht wurden, dann ist die Heilige Schrift nicht das Produkt einer dualen Verfasserschaft. Dann gibt es den einen Autor der Bibel, Gott, und einen Stenographen, den Menschen, dem Gott die Heilige Schrift in einer Umgangssprache diktiert, durch die sie von der eigenen Ausdrucksweise des Schreibers nicht zu unterscheiden ist. Inspiration ist nicht konfluent. Wie Inspiration ebenso konfluent wie verbal und plenar sein kann, ist zugegebenermaßen ein Paradox.

Auch bei den reformierten Theologen werden wir kaum Hilfe finden. B. B. Warfield aus der alten Princeton-Schule behauptet, dass die klassische Inspirationslehre „absichtlich keine Erklärung über den Modus der Inspiration gibt. Die reformierten Kirchen räumen ein, dass dies unergründlich ist. Sie begnügen sich damit, die Auswirkungen des göttlichen Einflusses sorgfältig zu definieren und festzuhalten, wobei sie die Art und Weise des göttlichen Handelns, durch das sie herbeigeführt werden, im Dunkeln lassen.“ [82] Aber was ist mit Calvins reichlichem Gebrauch des Begriffs „Diktat“ in Bezug auf die Inspiration der Heiligen Schrift? Warfield räumt ein, dass Calvin „eine gewisse Vorliebe für eine Ausdrucksweise hat, die strenggenommen bedeuten würde, dass der Modus ihrer (d. h. der Bibel) Abfassung ein ‚Diktat‘ war.“ [83] Er behauptet jedoch, dass „Diktat“ sich auf das Ergebnis oder die Wirkung der Inspiration bezieht, nicht auf ihren Modus. Die Heiligen Schriften haben aufgrund ihrer Inspiration die Qualität eines Diktats von Gott; aber sie wurden nicht von Gott diktiert. „Es soll keineswegs der Eindruck entstehen“, erklärt Warfield, dass die klassische Inspirationslehre „beabsichtigt, eine mechanische Theorie der Inspiration zu verkünden. Die reformierten Kirchen haben eine solche Theorie nie vertreten, auch wenn unaufrichtige, achtlose, unwissende oder übereifrige Kritiker ihrer Lehre diesen Vorwurf oft erhoben haben.“ [84] Die Behauptung, dass Calvins Begriff des Diktats nicht „mechanisch“ ist, wurde von reformierten Denkern oft vorgebracht. Wörtlich verstanden, wäre ein mechanisches Diktat eines, das nur einen Akteur involviert, nämlich den Sprecher, wie es der Fall wäre, wenn jemand ein Gerät wie ein Diktaphon oder einen Audiorekorder verwenden würde, um seine Worte aufzuzeichnen. Ein nicht-mechanisches Diktat würde demnach zwei Akteure involvieren, nicht nur einen Sprecher, sondern auch einen Sekretär, der die Worte des Sprechers frei niederschreibt und vielleicht mit den Aussagen des Sprechers übereinstimmt. Leider ist auch diese Art des nicht-mechanischen Diktats für echte Konfluenz noch nicht ausreichend, denn obwohl der Sekretär Freiheit ausübt, indem er sich zum Schreiben bereiterklärt oder nicht, übt er keinerlei Freiheit in Bezug auf den Inhalt oder Stil aus: Die Worte sind nicht wirklich seine eigenen. Wie Warfield zu Recht betont, „kam das Geschenk der Bibel mittels ihrer menschlichen Verfasser durch einen viel innigeren Prozess zustande, als es der Begriff ‚Diktat‘ zum Ausdruck bringt…“ [85] Kenneth Kantzer glaubt, dass ein solcher inniger Prozess vielleicht in Calvins eigenem Verständnis der Inspiration zu finden ist:

Bei einem gewöhnlichen Diktat … ist der Sekretär nur darin aktiv, Wörter zu erkennen und niederzuschreiben, die außerhalb seines Verstandes ihren Ursprung haben. Diese Art von Diktat entspricht keineswegs Calvins Auffassung der Inspirationsmethode. Nach seiner Auslegung der Tatsachen sind die biblischen Verfasser mit ihrem Verstand und ihrer ganzen Persönlichkeit daran beteiligt, sowohl Ideen als auch Wörter zu wählen. Die Bibel hat ihren Ursprung tatsächlich in den Gedanken Gottes, der in dem Sinne ihr wahrer Autor ist, als er das Denken und die Persönlichkeit der Menschen lenkt, die er dazu erwählt hat, die Bibel zu schreiben. Auf diese Weise inspiriert Gott die Verfasser der Bibel (besser: haucht er die Bibel durch sie als Verfasser aus), sodass sie den Menschen genau die von ihm gewählten Worte sagen, so wie er es will. Aus Calvins Sicht ist ein Prophet, wenn er als Instrument bezeichnet wird, keineswegs ein Instrument, das die ihm gegebenen Worte einfach mechanisch weitergibt. Indem Gott sein ganzes Sein souverän lenkt, ist er vielmehr ein Instrument, dessen gesamte Persönlichkeit sich auf natürliche Weise ausdrückt, um genau die Worte aufzuschreiben, die Gott sprechen möchte. Nur in diesem umfassenden Sinn sind die Worte der Bibel von Gott diktiert. [86]

Die Schwierigkeit bei Kantzers Erklärung ist, dass sie zwar das desideratum der Konfluenz zum Ausdruck bringt, aber nicht erklärt, wie dies erreicht wird. Wie geschieht es, dass Gott auf souveräne Weise „das Denken und die Persönlichkeit [eines biblischen Verfassers] lenkt“, sodass seine „gesamte Persönlichkeit sich auf natürliche Weise ausdrückt, um genau die Worte aufzuschreiben, die Gott sprechen möchte“? Berücksichtigt man Calvins starke Sicht der göttlichen Vorsehung, scheint die Antwort ein rigider Determinismus zu sein, durch den Gott – indem er alle Ursachen verwendet, die seiner Kontrolle unterliegen – den biblischen Verfasser wie Ton formt, sodass er schreibt, was Gott vorherbestimmt hat. Aber das ist schlimmer als ein Diktat an einen Sekretär; das ist im Grund ein strikt mechanisches Diktat, denn der Mensch wurde auf die Ebene einer Maschine herabgesetzt. Die Idee, dass Gott Paulus kausal dazu determiniert, seinen Römerbrief zu schreiben, ist mit der Idee, dass Paulus diesen Brief aus freien Stücken schreibt, nach jeder plausiblen Auffassung von Freiheit unvereinbar. [87] Fehlt die menschliche Freiheit, sind wir nicht nur zum mechanischen Diktat zurückgekehrt, sondern auch zu einer bloßen Akkommodation als letztgültige Erklärung des menschlichen Elements der Bibel, da Gott der einzige Akteur ist, der bestimmt, was ein Verfasser schreiben wird. Echte Konfluenz setzt also menschliche Freiheit voraus, sodass es für jedes Buch der Bibel mindestens zwei Verfasser gibt. Dass Inspiration plenar ist, verhindert, dass Konfluenz so verstanden wird, dass göttliche und menschliche Verfasser jeweils verschiedene Teile der Bibel schreiben; dass Inspiration verbal ist, schließt aus, dass Konfluenz so ausgelegt wird, dass Gott der Autor der Ideen und ein Mensch der Autor der Worte ist. Die Gesamtheit der Bibel, bis hin zu ihren genauen Worten, ist das frei geschriebene Wort sowohl Gottes als auch des Menschen. Wie kann das sein?

Die Spannung in der klassischen Inspirationslehre ist in unserer eigenen Zeit von Randall und David Basinger präziser formuliert worden. [88] Ihr Anliegen ist es, zu zeigen, dass die traditionelle Bekräftigung der biblischen Autorität und Irrtumslosigkeit untrennbar mit der Diktattheorie der Inspiration verbunden ist. Wenn Gott allein der Autor der Bibel wäre, wäre ihre Irrtumslosigkeit unproblematisch; doch wenn die menschlichen Verfasser frei schreiben, wie kann Gott dann garantieren, dass sie schreiben, was er wünscht? Ein Verfechter der klassischen Inspirationslehre muss in folgender Weise argumentieren:

1. Die Worte der Bibel sind das Produkt freien menschlichen Handelns.

2. Menschliches Handeln (wie das Schreiben eines Buchs) kann von Gott völlig kontrolliert werden, ohne die menschliche Freiheit zu verletzen.

3. Gott kontrollierte völlig, was die menschlichen Verfasser tatsächlich schrieben.

4. Also sind die Worte der Bibel Gottes Äußerungen.

5. Alles, was Gott äußert, ist irrtumslos.

6. Also sind die Worte der Bibel irrtumslos.

Dieses Argument ist genauso ein Argument für die verbale, plenare Inspiration der Bibel unter der Annahme der Konfluenz, wie es ein Argument für Irrtumslosigkeit ist. Die entscheidende Prämisse ist (2). Kritiker der plenaren, verbalen Inspiration werden (2) als Selbst-Widerspruch betrachten. Die einzige Möglichkeit, wie Gott das, was die menschlichen Verfasser schrieben, total kontrolliert haben könnte (ein Ausdruck, den Basinger und Basinger als Synonym für „garantierte Irrtumslosigkeit“ verstehen), hätte darin bestanden, ihnen ihre Freiheit zu nehmen. Der Verteidiger der klassischen Inspiration dagegen muss (2) bekräftigen, wenn er nicht in eine Diktattheorie der Inspiration zurückfallen möchte. Auch wenn Basinger und Basinger dann weiter argumentieren, dass der Verteidiger der klassischen Inspiration aufgrund seiner Unterstützung von (2) nicht in der Lage ist, das Argument des freien Willens auf das Problem des Bösen anzuwenden, denke ich, dass der Preis, wenn man „Gott die unmittelbare Verantwortung für jedes einzelne moralische Übel in der Welt zuschreibt“ [89], so hoch ist, dass ihre Berufung auf das Problem des Bösen klarer so verstanden wird, dass das Böse eine Evidenz gegen (2) darstellt. Berücksichtigt man die Realität des menschlichen Bösen und die Tatsache, dass Gott nicht der Urheber des Bösen sein kann, muss (2) falsch sein. Demnach kann man also argumentieren:

1. Die Worte der Bibel sind das Produkt freien menschlichen Handelns.

2'. Menschliches Handeln (und das Produkt dieses Handelns) kann von Gott nicht völlig kontrolliert werden, ohne die menschliche Freiheit zu verletzen.

7. Aus der Lehre von der verbalen, plenaren Inspiration der Bibel folgt Gottes völlige Kontrolle der Worte der Bibel.

8. Also ist die Lehre von der verbalen, plenaren Inspiration der Bibel falsch.

Wenn man auf der Lehre von der verbalen, plenaren Inspiration der Bibel beharrt, muss man, da (7) buchstäblich per definitionem wahr ist, (1) leugnen; das heißt verbale, plenare Inspiration impliziert ein Diktat. Das Fazit ist, dass die Lehre von der verbalen, plenaren, konfluenten Inspiration der Bibel inkohärent ist. [90]

Die Antwort der Verteidiger der klassischen Inspiration auf Basinger und Basinger war nicht ermutigend. Der Neutestamentler D. A. Carson stimmt zu, dass ihr Argument „valide ist“ [91], womit er offensichtlich „stichhaltig“ meint, da er die Wahrheit ihrer Prämissen nicht in Frage stellt. Carson stimmt zu, dass die klassische Inspirationslehre mit dem Argument des freien Willens unvereinbar ist. Aber er hält dies in keiner Weise für problematisch. Auf der einen Seite ist die Idee eines göttlich/menschlich konfluenten Handelns ein zentrales Element des christlichen Glaubens, da die großen Erlösungstaten der Geschichte von Gott und Mensch gewirkt wurden:

… die Verschwörer taten, was Gott selbst zuvor beschlossen hatte, dass es geschehen sollte. Doch die Verschwörer sind dadurch nicht entschuldigt: Sie werden dennoch für schuldig befunden. Jede andere Auffassung wird entweder die Schrecklichkeit der Sünde herabsetzen, oder sie macht das Kreuz zu einem Arrangement in letzter Minute, durch das Gott den Klauen der Niederlage auf kluge Weise den Sieg entriss, statt das Herz seiner Heilsabsichten zu sein. [92]

Wenn wir einen göttlich-menschlichen concursus in der Heilsgeschichte zulassen, fragt Carson, warum dann nicht auch in der biblischen Inspiration? Die Richtung dieser Antwort scheint anzudeuten, dass Carson (2) akzeptieren und das Argument des freien Willens ablehnen würde. Tatsächlich verwirft er diese Verteidigung anschließend; aber er tut es auf eine solche Weise, dass sein Eintreten für (2) in Frage gestellt wird. Denn er sagt: „Menschliche Verantwortung kann in etwas anderem als dem ‚freien Willen‘ begründet sein, wenn Willensfreiheit so verstanden wird, dass sie die absolute Macht, das Gegenteil zu tun, mit sich bringt“, und verweist in der Fußnote auf Jonathan Edwards und andere Verteidiger einer kompatibilistischen Auffassung von Freiheit. [93] Doch wenn man in der Frage der menschlichen Freiheit ein Kompatibilist ist, dann scheint die in (1) vorgestellt Art von Freiheit (völlig unabhängig von den Schwierigkeiten, die das für die Theodizee mit sich bringt) inadäquat zu sein, um Konfluenz zu garantieren. Man ist nicht weiter gekommen als bis zu einer deterministischen Vorsehungslehre, welche die Verfasser der Bibel zu Robotern macht. Man ist der Herausforderung von Carsons Mitherausgeber John Woodbridge nicht gerecht geworden, dass „wir unsere Überzeugung von der menschlichen Verfasserschaft und von der völligen Freiheit der biblischen Schreiber als menschliche Verfasser unmissverständlich darlegen müssen“ [94] und wir haben uns nicht an das gehalten, was Carson selbst die „zentrale Linie des evangelikalen Denkens“ nennt: „Gott in seiner Souveränität … überwachte die frei verfassten menschlichen Schriften, die wir die Heiligen Schriften nennen.“ [95] Stattdessen haben wir das Konzept der Freiheit einfach so verwässert, dass wir den Determinismus und damit Gottes totale Kontrolle bekräftigen können.

Norman Geisler dagegen argumentiert, dass das Argument der Basingers nicht stichhaltig ist. [96] Leider ist seine Kritik nicht so klar, wie sie sein könnte, und die Basingers sind in der Lage, in ihrer Erwiderung auf Geisler eine Reihe von Missverständnissen aufzuzeigen. [97]Ungeachtet dieser Missverständnisse gibt es, denke ich, in Geislers Kritik einige Punkte, denen Basinger und Basinger nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt haben. Erstens stellt Geisler im Grunde (3) in Frage. Er bemerkt, dass eine rein menschliche Äußerung irrtumsfrei sein kann; wenn also eine wahre Aussage sowohl von Gott als auch von einem Menschen getroffen wird, muss Gott den menschlichen Verfasser nicht völlig kontrollieren, damit die Aussage irrtumsfrei ist. Des Weiteren könnten alle Aussagen der Bibel irrtumsfrei sein und sowohl Gott als auch Menschen als Verfasser haben, jedoch ohne dass Gott völlige Kontrolle über das ausübte, was die menschlichen Verfasser schrieben. Wenn (3) falsch ist, dann nimmt der Verteidiger der biblischen Irrtumslosigkeit zur Verteidigung seiner Lehre nicht (2) an; er verteidigt seine Position vielmehr ausschließlich aufgrund von (4, 6). Nun hat Geisler offensichtlich Recht, dass eine totale göttliche Kontrolle der menschlichen Verfasser keine notwendige Bedingung für die Irrtumslosigkeit ihrer Schriften ist. Nichtsdestoweniger ist die Verneinung von (3) so außerordentlich unwahrscheinlich, dass (3) zweifellos wahr ist. Andernfalls wären wir gezwungen zu sagen, dass die biblischen Verfasser aus ihrem eigenen freien Willen heraus einfach zufällig exakt die Sätze schrieben, die Gott als seine eigenen Äußerungen geschrieben haben wollte. Jedenfalls, wenn ich recht habe, dass hier nicht so sehr die Irrtumslosigkeit auf dem Spiel steht, als vielmehr die plenare, verbale Inspiration, dann sagt uns (7), dass aus der Wahrheit dieser Lehre (3) folgt. Denn Gott und Mensch stimmten nicht bloß darin überein, Tokens derselben biblischen Satztypen separat zu produzieren; die Inspirationslehre besagt vielmehr, dass die Satz-Token des menschlichen Verfassers mit Gottes Satz-Token identisch sind; Gott produziert Token der Sätze durch den menschlichen Verfasser; dessen Worte sind Gottes Worte. So muss Gott in irgendeiner Weise den Verfasser so kontrollieren, dass er durch ihn spricht. Die Kontrolle ist insofern „total“, als sie sich auf die einzelnen Wörter der Bibel erstreckt. Somit kann Geislers erster Einwand nicht zeigen, warum der Verteidiger der Inspiration nicht an (3) festhalten muss und – wenn er ein Diktat umgehen will – deshalb (2) gilt.

Geisler hat aber eine zweite Angriffslinie. [98] Er deckt eine versteckte Annahme in der Argumentation von Basinger und Basinger auf, nämlich:

9. Wenn Gott irrtumslos garantieren kann, was einige Menschen tun werden, dann kann er dasselbe bei allen tun,

eine Annahme, die Geisler als falsch verwirft. Geisler hat völlig reicht, dass die Basingers von dieser Annahme ausgehen, denn (2) kann entweder so verstanden werden:

2*. Einige menschliche Aktivitäten (wie das Schreiben eines Buchs) können von Gott völlig kontrolliert werden, ohne die menschliche Freiheit zu verletzen, d.h. (∃x) (Hx · Cx · ~Vx)

oder so:

2**. Alle menschliche Aktivitäten (wie das Schreiben eines Buchs) können von Gott völlig kontrolliert werden, ohne die menschliche Freiheit zu verletzen, d.h. (∀x) (Hx ⊃ [Cx · ~Vx]).

Die Basingers benötigen (2**), damit ihr Argument stichhaltig ist. Aber man könnte behaupten, dass es zwar in Gottes Macht liegt, das Schreiben der Bibel zu kontrollieren, ohne die menschliche Freiheit zu verletzen, dass dies aber nicht bedeutet, dass Gott das menschliche Handeln im Allgemeinen so kontrollieren kann, dass niemand je aus freien Stücken Böses tut. Damit die klassische Inspirationslehre mit dem Argument des freien Willens unvereinbar ist, muss (2) als universal quantifiziert und nicht als existentiell quantifiziert verstanden werden. Aber dann kann ein bekannter Schritt im Argument des freien Willens gegen Basinger und Basinger gewendet werden: So verstanden, ist (2) für den christlichen Theismus weder notwendig noch essentiell, noch ist (2) eine logische Konsequenz von Propositionen, die dies sind; noch ist die Person, die nicht sieht, dass (2) diese Eigenschaften hat, in irgendeiner Weise intellektuell unzulänglich. [99] Somit wurde keine Unvereinbarkeit zwischen der klassischen Inspirationslehre und dem Argument des freien Willens aufgezeigt. Die Erwiderung von Basinger und Basinger wankt an diesem Punkt.

Geisler … verneint, dass Menschen, die glauben, dass Gott unfehlbar garantierte, dass die Schreiber der Bibel aus freien Stücken ein irrtumsloses Werk hervorbrachten, auch glauben müssen, dass Gott unfehlbar garantieren kann, dass alle Personen immer aus freien Stücken tun werden, was er will…

Aber ist dies wahr? Kann Gott unfehlbar garantieren, dass jedes einzelne menschliche Handeln frei geschehen wird, wenn er nicht alle freien menschlichen Handlungen völlig kontrollieren kann …? Wir glauben nicht … wenn ([2]) falsch ist, dann kann Gott nie garantieren, dass irgendein Mensch frei tun kann, was er will. [100]

Doch dies kommt nur einem persönlichen Glaubensbekenntnis der Basingers gleich. Man muss in Erinnerung behalten, dass Basinger und Basinger die sehr starke Behauptung aufstellen, dass „jede Person, die sowohl die Verteidigung des freien Willens in ihrer Theodizee haben und gleichzeitig die Irrtumslosigkeit gegen ein Diktat verteidigen will, das Unmögliche versucht … Man kann nicht beides haben.“ [101] Doch um zu zeigen, dass diese Lehren allgemein logisch unvereinbar sind, müssen sie eine Proposition bringen, deren Konjunktion mit den Propositionen, welche die einzelnen Doktrinen formulieren, logisch inkonsistent ist und die die oben festgelegten Bedingungen erfüllt, und das ist (2) definitiv nicht.

Eine Perspektive des mittleren Wissens

Aber was bedeutet das nun für uns? Ich habe vorgeschlagen, dass das Argument von Basinger und Basinger vielleicht klarer als die Behauptung verstanden werden könnte, dass das menschliche Böse eine Evidenz gegen (2) darstellt. Das heißt, setzt man (2*) voraus, ist (2**) höchst wahrscheinlich. Denn wenn Gott menschliche Aktivitäten auf so überaus detaillierte Weise kontrollieren kann, dass durch freie Akteure eine Heilige Schrift hervorgebracht wird, die verbal und plenar inspiriert ist, dann scheint es keinen Grund zu geben, warum er menschliche Aktivitäten nicht so kontrollieren könnte, dass Menschen immer aus freien Stücken Sünde unterlassen. Geht man also von dem Bösen in der Welt aus, ist (2') wahrscheinlich wahr. Doch wenn (2') wahrscheinlich wahr ist, dann ist – der Argumentation entsprechend – die Lehre von der verbalen, plenaren Inspiration der Bibel wahrscheinlich falsch.

Was nötig ist, um dieses Argument zu widerlegen, ist eine plausible positive Erklärung dafür, wie Gott freie menschliche Handlungen so kontrollieren kann, dass eine inspirierte Heilige Schrift entsteht, ohne gleichzeitig freie menschliche Handlungen so kontrollieren zu können, dass Böses verhindert wird. Hier ist Geisler weniger hilfreich. Er schlägt vor:

Die Art und Weise, wie Gott garantieren „kann“, dass einige nichts Böses tun (oder irren), ist, unfehlbar zu wissen, dass sie aus freien Stücken Gutes tun werden. Daraus folgt nicht, dass Gott dies für diejenigen tun kann, die aus freien Stücken wählen, Böses zu tun. Denn in diesem Fall müsste Gott sie zwingen, gegen ihre freie Entscheidung zu handeln. [102]

Nach Geislers Auffassung gilt: „Da Gott weiß (und also auch bestimmt), welche Menschen wann eine Wahrheit aussprechen, kann Gott diese Wahrheiten auch als sein unfehlbar wahres Wort bestätigen.“ [103]  Bei diesem Vorschlag gibt es zwei Probleme: (1) Er scheint einen unhaltbaren theologischen Fatalismus zu stützen, der aus der Tatsache des göttlichen Vorauswissens entspringt. Der Vorschlag scheint zu sein, dass zukünftige Taten, ob gut oder böse, irgendwie aufgrund von Gottes unfehlbarem Vorauswissen dieser Taten festgelegt sind. Wie zahlreiche Denker jedoch gezeigt haben, ist ein solcher Schluss einfach logisch verfehlt. [104] Da Gottes Vorauswissen kontrafaktisch von zukünftigen Kontingenzen abhängig ist, kann es sein, dass sie nicht eintreten, bis sie tatsächlich eintreten; sollten sie nicht eintreten, dann hätte Gott es anders vorausgewusst, als es der Fall ist. (2) Das göttliche Vorauswissen ist für eine providentielle Kontrolle der biblischen Verfasser unzureichend. Das Vorauswissen informiert Gott nur darüber, was die Verfasser der Bibel frei schreiben werden: Aber ein solches Wissen kommt in der Reihenfolge der Erklärung zu spät, als dass Gott etwas ändern könnte. Das Problem ist nicht, dass Gott „sie zwingen [müsste], gegen ihre freie Entscheidung zu handeln.“ Es ist vielmehr logisch unmöglich, die Zukunft zu ändern. Geisler setzt den göttlichen Schöpfungsbeschluss in der Reihenfolge der Erklärung fälschlich nach dem göttlichen Vorauswissen ein, statt davor. Nach seiner Auffassung muss Gott sich selbst also außerordentlich glücklich schätzen, dass er sich in einer Welt befindet, in der die Verfasser der Bibel auf ihre Umstände (einschließlich der Impulse seines Heiligen Geistes) aus freien Stücken zufällig genau richtig reagieren, um die Bibel hervorzubringen. Dies ist mit einer robusten Auffassung der göttlichen Vorsehung unvereinbar.

Geisler gibt jedoch einen Hinweis auf die Erklärung, nach der wir suchen. Im Blick auf die Frage, warum manche Menschen jedes Mal providentiell vor Fehlern bewahrt wurden, während andere nicht vor Fehlern (oder Bösem) bewahrt wurden, schlägt er vor:

Es kann daran liegen, dass nur einige Menschen aus freien Stücken bereit waren, mit dem Heiligen Geist zu kooperieren, sodass er sie fehlerfrei leiten konnte. Oder es kann sein, dass der Heilige Geist einfach diejenigen Menschen und Situationen gebrauchte, von denen er unfehlbar wusste, dass sie keine Fehler machen würden. [105]

Hier sprechen wir nicht von einem einfachen Vorauswissen, sondern von Gottes kontrafaktischem Wissen. Es umfasst unter anderem sein Vorauswissen darüber, was einige Geschöpfe aus freien Stücken tun würden, wenn er sie in eine bestimmte Reihe von Umständen stellen würde. Wenn Gott ein solches Wissen explanatorisch vor seinem Schöpfungsbeschluss hat, dann ist ein solches Wissen das, was Theologen als mittleres Wissen (scientia media) bezeichnet haben. Die Lehre vom mittleren Wissen, die im Wesentlichen ein Ergebnis der kreativen Genialität des spanischen Jesuiten der Gegenreformation Luis Molina (1535-1600) ist, beansprucht, eine Analyse des göttlichen Wissens in Form von drei logischen Momenten zu bieten. [106] Obwohl Gott alles, was er weiß, von Ewigkeit her weiß, sodass es in Gottes Wissen keine temporale Abfolge gibt, gibt es nichtsdestoweniger eine Art logischer Abfolge in Gottes Wissen, da seine Kenntnis bestimmter Propositionen konditional oder explanatorisch seiner Kenntnis bestimmter anderer Propositionen vorausgeht. Das heißt, Gottes Kenntnis einer bestimmten Reihe von Propositionen hängt asymmetrisch von seiner Kenntnis einer bestimmten anderen Reihe von Propositionen ab und ist ihr in diesem Sinne nachgeordnet. In dem ersten nicht konditionierten Moment kennt Gott alle possibilia, nicht nur alle individuellen Essenzen, sondern auch alle möglichen Welten. Molina nennt ein solches Wissen „natürliches Wissen“, weil der Inhalt eines solchen Wissen für Gott essentiell ist und in keiner Weise von den freien Entscheidungen seines Willens abhängt. Durch sein natürliches Wissen hat Gott also Kenntnis von jedem kontingenten Sachverhalt, der möglicherweise gelten könnte, und von dem, was die Exemplifizierung der individuellen Essenz jedes freien Geschöpfes aus freien Stücken in jedem solchen Sachverhalt, der aktual sein sollte, tun würde.

In dem zweiten Moment hat Gott Kenntnis von allen wahren kontrafaktischen Propositionen, einschließlich der Kontrafaktuale geschöpflicher Freiheit. Das bedeutet, dass er weiß, welche kontingenten Sachverhalte gelten würden, wenn bestimmte vorausgehende Sachverhalte gelten sollten; während Gott durch sein natürliches Wissen wusste, was jedes freie Geschöpf in jeder Reihe von Umständen tun könnte, weiß Gott in diesem zweiten Moment, was jedes freie Geschöpf in jeder Reihe von Umständen tun würde. Das liegt nicht daran, dass die Umstände die Entscheidung des Geschöpfes kausal determinieren würden, sondern einfach daran, dass es die Entscheidung ist, die das Geschöpf aus freien Stücken treffen würde. Gott weiß also: Wenn er bestimmte Sachverhalte verwirklichen sollte, dann würden bestimmte andere Sachverhalte gelten. Molina nennt dieses kontrafaktische Wissen „mittleres Wissen“, weil es im göttlichen Wissen zwischen dem ersten und dem dritten Moment steht. Das mittlere Wissen ist insofern wie das natürliche Wissen, als ein solches Wissen nicht von irgendeiner Entscheidung des göttlichen Willens abhängt; Gott bestimmt nicht, welche Kontrafaktuale geschöpflicher Freiheit wahr oder falsch sind. Wenn also wahr ist:

Wenn ein Akteur S in die Umstände C gestellt würde, dann würde er aus freien Stücken Handlung a tun,

dann kann nicht einmal Gott in seiner Allmacht herbeiführen, dass S a unterlassen würde, wenn er in C gestellt würde. Das mittlere Wissen unterscheidet sich jedoch insofern vom natürlichen Wissen, als der Inhalt seines mittleren Wissens für Gott nicht essentiell ist. Wahre Kontrafaktuale der Freiheit sind kontingent wahr; S könnte frei beschließen, a in C zu unterlassen, sodass andere Kontrafaktuale wahr und Gott bekannt sein könnten als diejenigen, die es sind. Obwohl es also für Gott essentiell ist, mittleres Wissen zu haben, ist es für ihn nicht essentiell, mittleres Wissen von denjenigen Propositionen zu haben, von denen er tatsächlich Kenntnis hat.

Zwischen dem zweiten und dem dritten Moment des göttlichen Wissens steht Gottes freier Beschluss, eine Welt zu verwirklichen, von der er aufgrund seines mittleren Wissens weiß, dass sie realisierbar ist. Durch sein natürliches Wissen kennt Gott die gesamte Reihe logisch möglicher Welten; durch sein mittleres Wissen weiß er tatsächlich, worin die richtige Untergruppe dieser Welten besteht, bei denen eine Verwirklichung für Gott in Frage kommt. Durch eine freie Entscheidung beschließt Gott, eine dieser Welten zu verwirklichen, die er durch sein mittleres Wissen kennt. Nach Molina ist diese Entscheidung das Ergebnis vollständiger und unbegrenzter Überlegungen Gottes, durch die Er alle möglichen Umstände und ihre Verzweigungen in Betracht zieht und abwägt und die konkrete Welt wählt, die er wünscht. Daher geht die göttliche Überlegung, welche Welt zu verwirklichen ist, der Erschaffung der Welt durch Gott logisch, wenn nicht sogar chronologisch, voraus.

Geht man von Gottes freier Entscheidung aus, eine Welt zu aktualisieren, dann besitzt Gott im dritten und letzten Moment Kenntnis aller verbleibenden Propositionen, die in der aktualen Welt tatsächlich wahr sind. Ein solches Wissen nennt Molina „freies Wissen“, weil es der Entscheidung des göttlichen Willens, eine Welt zu aktualisieren, logisch nachgeordnet ist. Der Inhalt eines solchen Wissens ist für Gott eindeutig nicht essentiell, da er hätte beschließen können, eine andere Welt zu aktualisieren. Hätte er dies getan, wäre der Inhalt seines freien Wissens ein anderer.

Molinas Lehre hat weitreichende Implikationen für das göttliche Vorauswissen. Denn sie macht es möglich, dass Gott providentielle Kontrolle über freie Geschöpfe ausübt, ohne die freie Ausübung ihres Willens zu beschneiden. Durch seine Kenntnis von Kontrafaktualen geschöpflicher Freiheit und durch seine Freiheit, zu entscheiden, dass bestimmte Umstände existieren und bestimmte freie Geschöpfe in diese Umstände gestellt werden, kann Gott indirekt herbeiführen, dass Ereignisse geschehen, von denen er wusste, dass sie als direkte Folge der konkreten Entscheidungen geschehen würden, welche diese Geschöpfe aus freien Stücken in diesen Umständen treffen würden. Plantinga hat eine Analyse einer solchen providentiellen Kontrolle im Sinne einer – wie er es nennt – starken und schwachen Verwirklichung entwickelt. [107] Von Gott wird gesagt, dass er einen Sachverhalt S dann und nur dann stark verwirklicht, wenn er verursacht, dass S aktual ist, und wenn er auch verursacht, dass jeder in S enthaltene kontingente Sachverhalt S* aktual ist (wobei S* dann und nur dann in S enthalten ist, wenn es unmöglich ist, dass S aktual und S* nicht aktual ist). Von Gott wird gesagt, dass er einen Sachverhalt S dann und nur dann schwach verwirklicht, wenn er einen Sachverhalt S* stark verwirklicht, der kontrafaktisch S impliziert (das heißt: würde S* gelten, dann würde S gelten). Dann kann Gott jeden Sachverhalt S dann und nur dann schwach verwirklichen, wenn es einen Sachverhalt S* gibt, sodass es (i) in Gottes Macht liegt, S* stark zu verwirklichen, und (ii) S aktual wäre, wenn Gott S* stark verwirklichen würde. Eine schwache Verwirklichung ist mit menschlicher Freiheit klar vereinbar, da der verwirklichte Sachverhalt S aufgrund des Kontrafaktuals geschöpflicher Freiheit gilt, das S mit S* verknüpft. So wusste Gott zum Beispiel: Wenn er den Apostel Paulus in genau den Umständen erschaffen würde, in denen er sich um das Jahr 55 nach Christus befand, dann würde er aus freien Stücken an die Gemeinde der Korinther schreiben und genau das sagen, was er tatsächlich sagte. Man muss hervorheben, dass diese Umstände nicht nur Paulus‘ Hintergrund, Persönlichkeit, Umgebung und so weiter einschlossen, sondern auch alle Impulse oder Gaben des Heiligen Geistes, von denen Gott wusste, dass Paulus aus freien Stücken darauf eingehen würde.

Die theologische Anwendung der Inspirationslehre liegt auf der Hand. Indem Gott die Abfassung der biblischen Bücher schwach verwirklicht, kann er bewirken, dass biblische Inspiration im vollsten Sinne konfluent ist. Der Römerbrief beispielsweise ist wahrhaftig das Werk von Paulus, der ihn aus freien Stücken schrieb und dessen Persönlichkeit und Eigenart sich darin niederschlagen. Es ist sein Stil, weil er der Verfasser ist. Es sind seine Worte, weil er sie frei wählte. Die Argumentation und der Gedankengang sind Ausdruck seines eigenen Denkens, denn niemand diktierte ihm die Prämissen. Gott diktierte auch keine levicula wie die Grüße („Grüßt Asynkritus, Phlegon, Hermes…“ usw.); es sind spontane Grüße, von denen Gott wusste, dass Paulus sie unter den gegebenen Umständen äußern würde; dasselbe gilt für die Zwischenbemerkung seines Schreibers Tertius (Röm 16,22). Die ganze Bandbreite von Paulus‘ Emotionen, seine Gedächtnislücken (1. Kor 1,14-16), seine persönlichen Nebenbemerkungen (Gal 6,11) sind alle ein authentisches Produkt menschlichen Bewusstseins. Gott wusste, was Paulus in den verschiedenen Umständen, in denen er sich befinden würde, aus freien Stücken schreiben würde, und verwirklichte die Abfassung der paulinischen Schriften schwach. Vielleicht sind einige Merkmale der Paulusbriefe für Gott nicht von Bedeutung: Vielleicht war es Gott gleichgültig, ob Paulus Phlegon grüßt oder nicht; vielleicht hätte es Gott genauso gefallen, wenn Paulus einige Dinge anders formuliert hätte; vielleicht hätte die Bibel nicht exakt so sein müssen, wie sie ist, um Gottes Absichten zu erfüllen. Das können wir nicht wissen. Aber wir können bekennen, dass die Bibel, so wie sie ist, von Gott eingegeben und damit autoritativ ist. Die Bibel sagt, was Gott sagen wollte, und teilt der Menschheit seine Botschaft des Heils mit.

Einige Aussagen der Verfechter der klassischen Lehre von der verbalen, plenaren, konfluenten Inspiration wünschen sich eine solche Perspektive des mittleren Wissens. Warfield hat zum Beispiel Folgendes über die Inspiration der Paulusbriefe zu sagen:

Doch sobald wir ernsthaft versuchen, uns einen klaren Begriff von der genauen Natur des göttlichen Handelns bei diesem „Einhauchen“ der heiligen Schriften zu machen – von dieser „Ausrichtung“ der Verfasser der Heiligen Schriften auf das gesetzte Ziel der Erstellung eines Buchs von göttlicher Vertrauenswürdigkeit und unverfälschlicher Autorität – wird uns sofort ein noch tieferes und viel umfassenderes Problem scharf bewusst, ohne welches dieses Problem der Inspiration, wie es fachlich bezeichnet wird, nicht zielführend betrachtet werden kann. Es handelt sich um das allgemeine Problem des Ursprungs der heiligen Schriften und des Anteils Gottes an diesem ganzen Komplex von Prozessen, durch deren Zusammenspiel die Bücher, die wir die Heilige Schrift nennen, mit all ihren Besonderheiten und ihren wie auch immer gearteten Eigenschaften hervorgebracht wurden. Denn diese Bücher wurden natürlich nicht plötzlich hervorgebracht, nicht als eine Art übernatürliches Werk fix und fertig – wie man so sagt – vom Himmel heruntergereicht; vielmehr sind sie, wie alle anderen Produkte der Zeit, das Endergebnis vieler Prozesse, die über lange Perioden zusammenwirkten. Da ist zum Beispiel an die Vorbereitung des Materials zu denken, das den Gegenstand dieser Bücher bildet: in einer heiligen Geschichte beispielsweise, die zu erzählen ist, oder in einer religiösen Erfahrung, die als eine aufgezeichnete Norm dienen kann, oder in einer logischen Darlegung der Offenbarungsinhalte, die dem Volk Gottes zur Verfügung gestellt werden, oder in der progressiven Offenbarung der göttlichen Wahrheit selbst, die den Gipfel ihrer Inhalte darstellt. Und dann ist an die Vorbereitung der Menschen zu denken, die diese Bücher geschrieben haben, eine körperliche, intellektuelle, spirituelle Vorbereitung, die sie ein Leben lang begleitet haben muss und deren Anfänge sogar bis zu ihren frühen Vorfahren zurückreichen mussten, mit dem Ziel, die richtigen Menschen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen, mit den richtigen Begabungen, Impulsen, Erfahrungen, um genau die Bücher zu schreiben, die für sie gedacht waren. Wenn „Inspiration“, wie sie mit dem Fachbegriff bezeichnet wird, auf solchen Vorbereitungslinien beruht, erhält sie ein ganz anderes Gesicht, als es der Fall ist, wenn sie als isolierte Tat des göttlichen Geistes verstanden wird, der ohne jegliche Beziehung zu historischen Prozessen operiert. Manchmal wird es so dargestellt, als hätte Gott, als er heilige Bücher hervorzubringen wünschte, die seinen Willen in sich tragen – eine Reihe von Briefen wie beispielsweise die von Paulus – nur die Möglichkeit gehabt, zur Erde hinabzusteigen und geflissentlich die Menschen zu prüfen, die er dort vorfand, indem er sorgsam nach dem einen suchte, der insgesamt für seine Absichten das Beste versprach, um diesem dann das Material aufzuzwingen, das er durch ihn auszudrücken wünschte, entgegen seiner natürlichen Veranlagung und mit möglichst wenig Verlust durch seine widerspenstigen Eigenschaften. Natürlich geschah nichts dergleichen. Wenn Gott seinem Volk eine Reihe von Briefen wie die von Paulus zu geben wünschte, bereitete er einen Paulus darauf vor, sie zu schreiben, und der Paulus, den er an die Aufgabe stellte, war ein Paulus, der spontan genau solche Briefe schreiben würde. [108]

Göttliches mittleres Wissen gibt Aufschluss über eine solche Interpretation, da Gott wusste, was Paulus schreiben würde, wenn er in solche Umstände gestellt würde, und auch wusste, wie er solche Umstände herbeiführen konnte, ohne dabei die menschliche Freiheit aufzuheben. Wenn wir, wie Warfield kommentiert, bei unseren Überlegungen der Universalität der Vorsehung, ihrem minutiösen und vollständigen Einfluss und ihrer ausnahmslosen Wirksamkeit das rechte Gewicht geben, dann werden wir uns vielleicht fragen, ob irgendetwas „über dieses Walten der reinen Vorsehung hinaus nötig ist, um die Erstellung heiliger Bücher zu gewährleisten, die in jedem Detail absolut mit dem göttlichen Willen übereinstimmen sollen.“ [109] In einigen Fällen wird Offenbarung nötig sein, wenn eine Wahrheit der natürlichen Vernunft nicht zugänglich ist. Auch dürfen wir nie vergessen, dass die Umstände, die Gott bekannt sind, all jene Regungen des Heiligen Geistes im Herzen eines Verfassers einschließen – nicht ausschließen –, von denen Gott wusste, dass der Verfasser angemessen darauf eingehen würde.

Geht man also von der Lehre des mittleren Wissens aus, dann sehen wir, wie eine plenare, verbale, konfluente Inspiration – entgegen der Auffassung von Spinoza, Le Clerc und Simon – kohärent behauptet werden kann. Die Unterscheidung zwischen starker und schwacher Verwirklichung zeigt, wie die von Basinger und Basinger in (2) beschriebene Kontrolle möglich ist. [110] Wir können verstehen, wie die göttliche/menschliche Konfluenz in den Ereignissen der Heilsgeschichte, auf der Carson beharrte, möglich ist, ohne in einen Determinismus zu verfallen. Und schließlich können wir sehen, warum Geisler mit seiner Behauptung Recht hatte, dass Gottes Fähigkeit, die freie Abfassung der Bibel zu kontrollieren, nicht die Fähigkeit Gottes impliziert, das freie Handeln aller Personen so zu kontrollieren, dass eine Welt verwirklicht werden würde, die so viel Gutes wie die aktuale Welt, aber weniger Böses enthält. Gott kann durchaus die erforderliche Kontrolle über die Verfasser der Bibel haben, um zu gewährleisten, dass die Heilige Schrift frei verfasst wird, ohne die erforderliche Kontrolle über alle Menschen zu haben, um zu gewährleisten, dass weniger Böses, aber genauso viel Gutes aus freien Stücken getan wird. Die Tatsache, dass Gott Wert auf die Verwirklichung einer Welt legt, in der die erforderlichen Kontrafaktuale geschöpflicher Freiheit für das freie Abfassen der Bibel wahr sind, könnte es erforderlich machen, dass Gott von Welten absieht, in denen Kontrafaktuale für eine ansonsten bessere Gewichtung von Gut und Böse wahr sind. Die Existenz der Bibel in der Welt könnte tatsächlich sogar dazu führen, die Menge des Bösen in der Welt zu erhöhen, indem sie sündige Begierden verstärkt (Röm 7,7-8)! Es hängt alles davon ab, welche Kontrafaktuale geschöpflicher Freiheit wahr sind – eine Kontingenz, über die Gott keine Kontrolle hat. Eine Welt, in der die Heilige Schrift frei verfasst wird und in der das Gleichgewicht von Gut und Böse optimaler ist als in der aktualen Welt, ist für Gott vielleicht nicht durchführbar. Basinger und Basinger behaupten im Grunde, dass die Aussagen

10. Eine Welt, in der eine inspirierte, irrtumsfreie Heilige Schrift frei geschrieben wird, ist für Gott durchführbar.

und

11. Eine Welt, die genauso viel Gutes enthält wie die aktuale Welt, ohne ebenso viel Böses zu enthalten, ist für Gott nicht durchführbar.

allgemein logisch unvereinbar oder zumindest in ihrer Wechselbeziehung unwahrscheinlich sind. Aber solche Behauptungen sind reine Spekulation; wir sind einfach nicht in der epistemischen Position, in verantwortbarer Weise solche Aussagen zu treffen. So erweist sich die Lehre vom göttlichen mittleren Wissen im Bereich der biblischen Inspiration – wie in so vielen anderen Bereichen der Theologie – als ein fruchtbares Mittel, das Licht auf scheinbar unlösbare alte Rätsel wirft. [111] Die Lehre ist natürlich kontrovers und hat viele Kritiker, aber die erhobenen Einwände gegen diese Lehre sind alles andere als zwingend. [112]

Historische Präzedenzfälle

Wenn man auf etwas stößt, das man für eine originelle Idee hält, ist es etwas ernüchternd (aber nichtsdestoweniger ermutigend) zu entdecken, dass man längst vergessene Pfade betritt, die von früheren Denkern erforscht worden sind. Als ich auf die Idee kam, eine Perspektive des mittleren Wissens zur biblischen Inspiration zu formulieren, war mir nicht bewusst, dass dies – oder etwas sehr Ähnliches – schon unternommen worden war. [113] Ich war sogar ein wenig verdrossen, von Burtchaell zu erfahren, dass es in Wirklichkeit „die ehrwürdigste“ unter denjenigen „diskreditierten Auffassungen [war], von denen praktisch jeder Autor [im neunzehnten Jahrhundert] sich in seinen Fußnoten nur zu gern distanzierte.“ [114]

1588, im selben Jahr der Veröffentlichung von Molinas Concordia, wurde ein päpstliches Schreiben veröffentlicht, das auf dem Hintergrund einer Kontroverse über einen jungen jesuitischen Theologen der Universität zu Louvain Leonard Leys (Lessius) ein Moratorium zu einer langen Liste theologischer Vorwürfe erklärte, die gegen ihn erhoben wurden. [115] Im Jahr zuvor hatte die theologische Fakultät den Mitschriften seiner Studenten 34 Propositionen entnommen, die sie öffentlich verurteilte. Drei davon betrafen das Thema der biblischen Inspiration. Sie lauten:

i. Damit etwas Heilige Schrift ist, müssen seine einzelnen Worte nicht durch den Heiligen Geist inspiriert sein.

ii. Die einzelnen Wahrheiten und Aussagen müssen nicht unmittelbar durch den Heiligen Geist in dem Verfasser inspiriert worden sein.

iii. Würde irgendein Buch … durch rein menschliches Bemühen ohne den Beistand des Heiligen Geist geschrieben werden, und sollte er danach bestätigen, dass nichts Falsches darin enthalten ist, würde das Buch Heilige Schrift werden. [116]

Die theologische Fakultät der Universität zu Louvain zensierte Lessius hinsichtlich dieser Propositionen, indem sie erklärte, dass die Heilige Schrift nicht das Wort von Menschen sondern das Wort Gottes ist, das durch den Heiligen Geist diktiert wurde. Die Universität von Douay schloss sich der Zensur an und erklärte, dass ein Diktat nicht einfach ein Vorschlag im Allgemeinen ist, sondern die Worte selbst vorschlägt: Es gibt keine einzige Silbe und keinen Akzent in der Bibel, der nebensächlich oder überflüssig wäre.

Nun gehörten zu den anderen verurteilten Propositionen Aussagen über die Gnade oder den freien Willen, die andeuteten, dass Lessius nach der Lehre des mittleren Wissens suchte, die Molina zuvor klar und exakt formuliert hatte. Burtchaell schreibt:

Der springende Punkt im Disput zwischen Louvain und den Jesuiten war das Thema Gnade und freier Wille. Die drei zensierten Propositionen zur Inspiration bildeten nur einen kleinen Teil der insgesamt zweiunddreißig Propositionen, die dieses umfassendere Problem betrafen. Die Fakultät hatte richtig erkannt, dass die Inspirationshypothesen von Lessius die logische Anwendung des allgemeinen jesuitischen Gnadenverständnisses waren: Sie ermöglichten sowohl göttliche Verfasserschaft als auch menschliche literarische Freiheit, indem sie eine nur indirekte göttliche Intervention behaupteten. [117]

Ob wir Lessius – mit dem Spitznamen von Woodbridge [118] – als einen „windigen“ Theologen oder als scharfsinnigen Dialektiker betrachten, hängt wahrscheinlich von unserer Offenheit für den molinistischen Standpunkt ab. Lessius behauptete, falsch verstanden worden zu sein, und schrieb eine Apologia, in welcher er erklärte, wie er die umstrittenen Propositionen interpretierte. [119] Mit (i) und (ii) meinte er, dass die Verfasser der Bibel keine neue und positive Inspiration oder neue Erleuchtung von Gott brauchten, um jedes einzelne Wort der Bibel aufzuschreiben. Später erklärte er:

Wir lehren: Damit etwas Heilige Schrift ist, muss nicht jedes Wort und jede Aussage positiv und absolut in dem Verfasser inspiriert sein, indem der Heilige Geist die einzelnen Worte und Aussagen bereitstellt und in seinen Gedanken formt. Es genügt, dass der biblische Verfasser göttlich bewegt wird, das aufzuschreiben, was er sieht, hört oder auf andere Weise erfährt, und dass er den unfehlbaren Beistand des Heiligen Geistes genießt, der ihn von Fehlern abhält, selbst bei Angelegenheiten, die er durch das Wort anderer oder aus eigener Erfahrung oder durch eigene natürliche Überlegungen kennt. Es ist der Beistand des Heiligen Geistes, welcher der Bibel ihre unfehlbare Wahrheit gibt. [120]

Er nannte zwei Gründe zur Unterstützung seiner Position: (1) Die Evangelisten brauchten keine neue Offenbarung, um über das Leben Jesu zu berichten, da sie entweder selbst Augenzeugen waren oder historische Überlieferungen darüber hatten. (2) Der Heilige Geist wählte kompetente Instrumente – begabt mit der Fähigkeit, sich auszudrücken –, die er dann dazu bewegte, aufzuschreiben, was sie wussten, und die er unterstützte, um [sie] vor Fehlern zu bewahren.

Mangenot bemerkt, dass Lessius‘ Propositionen (i) und (ii), wenn man sie wörtlich versteht, mit der Inspiration der Bibel unvereinbar wären; doch wie sich oben zeigt, ging es ihm in Wirklichkeit darum, die Diktattheorie der Inspiration zu verneinen. [121] Lessius beharrte darauf, dass der Impuls und der Beistand des Heiligen Geistes damit vereinbar waren, dass der menschliche Verfasser sich aus dem Gedächtnis an Dinge erinnerte, sein Material ordnete, seinen ihm eigenen Ausdrucksstil verwendete, usw. Er bekräftigt, dass die gesamte Heilige Schrift das Wort Gottes ist und sogar – in gewissem Sinne – durch den Heiligen Geist diktiert wurde. Wir haben gesehen, dass selbst ein so Respekt einflößender Verfechter der Verbalinspiration wie Warfield behauptete, dass das Diktat sich auf das Ergebnis, nicht den Modus, der Inspiration bezieht, und Lessius scheint dasselbe zu bekräftigen.

Nach Burtchaell beschränken die drei Propositionen von Lessius Gottes Rolle bei der Erstellung der Bibel auf (i) das Vermitteln der Ideen, aber nicht der Worte, (ii) die Bewahrung vor Fehlern und (iii) die post factum Garantie der Irrtumslosigkeit. [122] Diese wurden schließlich zur offiziellen Parteilinie der Jesuiten. Doch mir scheint, dass diese Schlussfolgerungen sich aus Missverständnissen über das Wesen der Inspiration ergeben, die nicht zu einer Perspektive eines mittleren Wissens gehören. Lessius scheint zwei Verwechslungen unterlegen zu sein: (1) Er verwendet die Begriffe Inspiration und Offenbarung austauschbar, und (2) er betrachtet Inspiration als eine Eigenschaft der Verfasser und nicht des Textes, der Bibel. Beides sind häufige Fehler, die seit der Zeit der Kirchenväter kursierten und schließlich ihren hässlichen Niederschlag in Spinozas Tractatus fanden. Der in (1) genannte Fehler entsteht, wenn die gesamte Bibel nach dem Modell der Prophetie behandelt wird. Als direkte Offenbarung Gottes teilt eine Prophetie Informationen mit, die das natürliche Wissen übersteigen; Dinge, die den menschlichen Verfassern der Bibel auf natürliche Weise bekannt sind, wurden ihnen also nicht direkt von Gott offenbart. [123] Wenn Inspiration also mit Offenbarung koextensiv ist, dann folgt daraus, dass die Verfasser der Bibel beim Schreiben von Angelegenheiten, die sie bereits kannten, nicht inspiriert wurden. Doch da „alle Schrift von Gott eingegeben“ ist (2 Tim 3,16), ist diese Gleichsetzung eindeutig ein Fehler, denn nicht alle Schrift gehört zum Genre der Prophetie. Selbst ein Bibeltext, der keine direkte Offenbarung übernatürlichen Wissens durch Gott enthält, ist inspiriert. Lessius‘ Punkt, dass die Evangelisten keine neue Offenbarung brauchten, um über das Leben Jesu zu berichten, ist also kein Beweis, dass die Evangelien nicht inspiriert sind. Was (2) betrifft, stellt die Bibel fest, dass es die Texte – nicht die Verfasser – der Bibel sind, die inspiriert sind (2 Tim 3,16). Es ist wahr, dass die Propheten vom Heiligen Geist dazu bewegt wurden, zu sprechen (1 Petr 1,21), aber es ist ein Fehler, Inspiration mit dieser Bewegung gleichzusetzen und dadurch anzudeuten, dass die Verfasser, weil die Heilige Schrift verbal inspiriert ist, unmittelbar durch den Heiligen Geist dazu bewegt wurden, dieses oder jenes konkrete Wort zu schreiben. [124] Es ist die Heilige Schrift, die von Gott inspiriert ist, nicht die Verfasser. Daher ist es völlig verfehlt zu denken, dass die Verwendung von Erinnerungen, Nachforschungen, Bemühungen, Entlehnungen und so weiter seitens des Verfassers mit der Inspiration des Textes, dem Endergebnis seiner Arbeit, unvereinbar ist. Wenn man also wie Lessius davon spricht, dass die Verfasser keine neue und positive Inspiration brauchten, um das aufzuschreiben, was sie schrieben, dann stellt man Inspiration fälschlich als eine Art Erleuchtung des Verstandes dar, die – wie er richtig bemerkt – für einen großen Teil der Bibel unnötig erscheint, und nicht als eine Eigenschaft des endgültigen Textes, als die Eigenschaft, Gottes Wort zu sein. Wenn Lessius bestreitet, dass der Heilige Geist Paulus dazu inspirierte, zu schreiben: „Lukas ist allein bei mir … Trophimus aber habe ich in Milet krank zurückgelassen“ (2 Tim 4,11.20), kämpft er gegen Windmühlen.

Wenn wir verstanden haben, dass Inspiration eine Eigenschaft des Textes ist, werden wir nicht versucht sein, die unter Lessius‘ Nachfolgern bis zu seiner Verurteilung im Zweiten Vatikanischen Konzil beliebte Auffassung zu übernehmen, dass Inspiration nur in einer Art Wachhund-Rolle des Heiligen Geistes besteht, der die biblischen Verfasser daran hindert, einem Irrtum zu unterliegen, [125] Eine solche Rolle ist mit menschlicher Freiheit vereinbar [126] und gehört neben der Vorbereitung der Verfasser zweifellos zur Aufsicht des Heiligen Geistes bei der Verfassung der Bibel; aber es nicht das, worin Inspiration besteht. Auch werden wir nicht versucht sein, ein anderes Überbleibsel von Lessius zu übernehmen, das in der deutschen Theologie als Realinspiration bekannt ist, nämlich die Theorie, dass Gott den propositionalen Inhalt der Bibel inspirierte, während die menschlichen Verfasser den linguistischen Ausdruck lieferten. [127] Unter dem Einfluss der jesuitischen Tradition scheint dies die Position zu sein, die Simon übernahm. Auch diese Theorie stellt Inspiration fälschlich als ein Wirken Gottes in den Gedanken der Verfasser dar, durch das er ihnen den propositionalen Inhalt vermittelt, den sie in Worte kleiden. Ein kurzes Nachdenken zeigt, dass eine solche Theorie nicht nur das Wesen der Inspiration falsch darstellt, sondern tatsächlich sogar die Freiheit der Verfasser beschränkt, da es ihnen nicht frei steht, nach eigener Wahl Propositionen auszudrücken; sie können nur diejenigen zum Ausdruck bringen, die Gott ihnen gibt. Außerdem kann der propositionale Inhalt der Bibel so spezifisch sein, dass er ganz bestimmte Wörter und Ausdrücke einer gegebenen Sprache verlangt, sodass wir uns wieder einem Diktat nähern. Die Theorie bietet keinerlei Erklärung für die levicula. Und sie lässt im Dunkeln, wie Gott einem Menschen ohne jede linguistische Formulierung seine propositionale Wahrheit mitteilen konnte. Sobald wir also zwischen Inspiration und Offenbarung unterscheiden und Inspiration als eine Eigenschaft des Textes verstehen, sehen wir, dass eine Perspektive des mittleren Wissens in keiner Weise verneint, dass selbst die konkreten Worte der Bibel inspiriert sind, und dass sie die Rolle des Heiligen Geistes auch nicht auf die negative Rolle der Bewahrung vor Fehlern beschränkt.

Die dritte Proposition von Lessius und die daraus gezogene Schlussfolgerung werfen die Frage auf, was die Heilige Schrift als Gottes Wort auszeichnet, wenn sie nicht durch den Heiligen Geist diktiert wurde. Die Proposition stellt ein klares non sequitur dar, indem sie impliziert, dass ein Buch einfach dadurch zu einer heiligen Schrift werden kann, dass der Heilige Geist bestätigt, dass sie irrtumslos ist. Irrtumslosigkeit ist eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung, damit etwas Gottes Wort ist. Lessius modifizierte seinen Standpunkt, indem er sagte, dass eine Aussage, die später durch den Heiligen Geist als wahr bestätigt wird, genauso autoritativ wäre, als hätte der Heilige Geist sie durch einen Propheten geäußert. Ich sehe keinen Grund für einen Einwand; aber es gibt wiederum keinen Grund anzunehmen, dass eine solche wahre Aussage dann in den Kanon der Bibel aufzunehmen wäre. Die eigentliche Frage, die durch Lessius‘ dritte Proposition aufgeworfen wird, ist, ob irgendein Buch der Bibel vielleicht nicht ohne einen besonderen Beistand des Heiligen Geistes geschrieben wurde und dennoch inspiriert ist, weil der Heilige Geist es als sein Wort ratifizierte. Lessius nennt das sehr interessante Beispiel eines Königs, der ein Dokument, das sein Sekretär erstellt hat, durch seine Zustimmung und Unterschrift zu seinem eigenen königlichen Erlass macht. Nun geht es aus der Perspektive des mittleren Wissens nicht darum, ob Gott ein Dokument später ratifizierte, das er nicht vorauswusste oder nicht providentiell herbeiführte. Die Frage ist vielmehr, ob Gott mit Kontrafaktualen geschöpflicher Freiheit konfrontiert sein könnte, die solcher Art sind, dass sie ihm erlauben, ein Buch der Bibel ausschließlich durch seine Vorsehung zu erstellen, ohne als primäre kausale Ursache auf den Akt des Schreibens Einfluss zu nehmen. Ich sehe keinen Grund, dies für unmöglich zu halten. Doch wir könnten fragen, was dann ein solches Buch im Gegensatz zu anderen Erzeugnissen menschlichen Bemühens unter der allgemeinen Vorsehung Gottes als Heilige Schrift auszeichnen würde. Die Antwort würde vermutlich in Gottes Absicht liegen, ein Buch hervorzubringen, das dazu bestimmt ist, uns zum Heil zu führen, und letztlich in seiner Ratifizierung dieses Buchs als sein Wort an uns.

Wenn nun in der Frage der biblischen Inspiration eine solche Perspektive des mittleren Wissens im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert – wenn auch noch so unvollständig – zum Ausdruck gebracht wurde, warum wurde sie aufgegeben? Burtchaell nennt drei Gründe: (1) Wenn die Mindestanforderung für biblische Schriften die göttliche Bewahrung vor Fehlern wäre, dann wäre die Heilige Schrift nicht von offiziellen kirchlichen Erlassen verschieden, die ebenfalls diesen Schutz erfahren. Aus protestantischer Sicht liegt die Antwort auf diesen Einwand darin, dass nur die Heilige Schrift diesen besonderen Schutz hat und somit allein autoritativ ist (sola scriptura). Was eine Schrift noch fundamentaler als Heilige Schrift auszeichnet, ist Gottes Absicht, dass diese Schrift sein gnädiges Wort an die Menschheit ist. (2) Unfehlbarkeit reicht nicht aus, um eine menschliche Äußerung zum Wort Gottes zu machen. Ich bin völlig einverstanden. Selbst wenn irgendein Buch der Bibel ohne einen besonderen Impuls oder Beistand des Heiligen Geistes geschrieben wurde, ist es Heilige Schrift – nicht aufgrund seiner Irrtumslosigkeit, sondern weil Gott in seiner Vorsehung ein solches Buch als sein Wort an uns vorbereitete. (3) Die Theorie ist zu konservativ und wurde deshalb in den Hintergrund gedrängt. Aber es nicht die Inspirationstheorie eines mittleren Wissens, die zu konservativ ist; was allzu konservativ erschien, war vielmehr die Theorie einer verbalen, plenaren, konfluenten Inspiration, da sie die Irrtumslosigkeit der Bibel einschließt. Dieses Thema steht hier nicht zur Debatte; wir sind vielmehr der Frage nachgegangen, ob die Theorie einer verbalen, plenaren, konfluenten Inspiration kohärent ist. Geht man von einer Perspektive des mittleren Wissens aus, wird die Kohärenz der klassischen Doktrin klar.

Zusammenfassung

Zusammenfassend scheint mir, dass die traditionelle Lehre einer verbalen, plenaren, konfluenten Inspiration eine kohärente Lehre ist, wenn man ein göttliches mittleres Wissen voraussetzt. Da Gott die relevanten Kontrafaktuale geschöpflicher Freiheit kannte, konnte er die Erschaffung einer Welt beschließen, die genau solche Umstände und Personen enthält, dass die Verfasser der Bibel ihre jeweiligen Schriften frei verfassen würden, die Gott als sein gnädiges Wort an uns bestimmte. In der Vorsehung Gottes ist die Bibel somit sowohl Gotteswort als auch Menschenwort.

(Übers.: M. Wilzcek)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/men-moved-by-the-holy-spirit-spoke-from-god

  • [1]

    Zu einem Überblick relevanter Texte siehe Dictionnaire de théologie catholique, hrsg. von A. Vacant und E. Mangenot (Paris: Librairie Letouzey et Ané 1922), Bd. 7, Teil 2, s.v. ‚L’Inspiration de l’Écriture‘ von E. Mangenot, Spalten 2068–2266; William Sanday, Inspiration (London: Longmans, Green & Co. 1914); Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., s.v, ‚Inspiration: II. Inspiration der hl. Schrift, dogmengeschichtlich‘, von O. Weber; John F. Walvoord, Hrsg., Inspiration and Interpretation (Grand Rapids, Mich.: Wm. B. Eerdmans, 1957); J. N. D. Kelly, Early Christian Doctrines, 2. Aufl. (New York: Harper & Row, 1958), 60–64; Bruce Vawter, Biblical Inspiration, Theological Resources (Philadelphia:Westminster, 1959), 20–42; John D. Woodbridge, Biblical Authority, mit einem Vorwort von Kenneth S. Kantzer (Grand Rapids, Mich: Zondervan, 1982).

  • [2]

    Clement 45. Übersetzung aus: Ante-Nicene Fathers (im Folgenden als ANF abgekürzt; dieses und die folgenden Zitate aus ANF sind aus dem Englischen übersetzt), 10 Bände, hrsg. von Alexander Roberts und James Donaldson (Nachdruck: Peabody, Mass.: Hendrickson, 1994), 1: 17.

  • [3]

    Ibid., 53 (ANF 1: 19).

  • [4]

     Ibid., 13; vgl. 22 (ANF 1: 8,11).

  • [5]

    Ibid., 47 (ANF 1: 18).

  • [6]

    Justin der Märtyrer, Erste Apologie, 33. in: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten Band I, übers. von Dr. Kaspar Julius (Aristides); Dr. Gerhard Rauschen (Justin, Diognet); Dr. R.C. Kukula (Tatian); P. Anselm Eberhard (Athenagoras). (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 12) München 1913.

  • [7]

    Ibid., 36.

  • [8]

    Justinus, Dialog, 16, in: Pseudo-Justinus, Mahnrede. übers. von Philipp Hauser. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 33) Kempten & München 1917; idem Erste Apologie, 33.

  • [9]

    Justin der Märtyrer, Erste Apologie, 36. So ist es in Psalm 24 der Heilige Geist, der spricht (idem Dialogus 36).

  • [10]

    Justin, Dialog, 65.

  • [11]

    Clemens von Alexandria, Mahnrede an die Heiden, Kap. 9, 82 ([Bibliothek der Kirchenväter, 2. Reihe, Bd. 7] Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1934).

  • [12]

    Ibid., Kap. 9, 87

  • [13]

    Irenäus, Gegen die Häresien, 3. 4. 3–4.

  • [14]

    Ibid., 3. 16.2. Vgl. 3. 11. 1; Tertullian, Über die Monogamie, 11–12 (Tertullians sämtliche Schriften, übers. von Karl Adam Heinrich Kellner, Köln 1882) zu einer ähnlichen Konzentration auf einzelne Wörter.

  • [15]

    Irenäus, Gegen die Häresien. 4. 2. 3.

  • [16]

    Ibid., 2. 28. 2.

  • [17]

    Athenagoras, Bittschrift für die Christen, 9 (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 12, München 1913). Kelly verbindet eine ähnliche Auffassung der Inspiration mit dem Alexandrinischen Judaismus zur Evidenz von Philos Darlegung der Prophetie (Kelly, Early Christian Doctrines, 62).

  • [18]

    Athenagoras, Bittschrift für die Christen, 7.

  • [19]

    Theophilus, An Autolykus, 2. 10 ((Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 14) München 1913).

  • [20]

    Ibid. Vgl. 2. 9, wo von Propheten, die durch den Heiligen Geist inspiriert sind, gesagt wird, dass sie „Gottes Werkzeuge“ geworden sind.

  • [21]

    Ibid., 2. 12, 22; 3. 17 (ANF 2: 99, 103, 116).

  • [22]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Pseudo-Justin, Cohortatio ad Graecos 8 (ANF 1: 276). Ein Plektron ist ein Plättchen, das zum Anschlagen von Saiteninstrumenten verwendet wird.

  • [23]

    Ibid., 35 (ANF 1: 287).

  • [24]

    Irenäus, Gegen die Häresien, 3. 7. 1.

  • [25]

    Ibid., 3. 7. 2 (ANF 1: 421).

  • [26]

    Es wird oft vorgeschlagen, dass die Auslassung des Motivs einer ekstatischen Ergriffenheit eine Reaktion der Kirche auf den Montanismus sei, der solche prophetischen Erfahrungen aufwies. Siehe Epiphanius, Auszug aus dem Panarion (Häresien) 48.

  • [27]

    Hippolytus, De Christo et antichristo, 2 (Tatians, des Kirchenschriftstellers, Rede an die Griechen / übers. und mit Einl. vers. von Valentin Gröne. [Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 28, Kempten, 1872]). Vgl. idem. Contra haeresim Noeti 11 (ANF 5: 227), wo das Sprechen der Propheten durch den Heiligen Geist zeigt, dass sie mit der Inspiration der Kraft Gottes begabt sind.

  • [28]

    Hieronymus, Briefe, 120. 9.

  • [29]

    Hieronymus, Commentariorum in epistolam ad Ephesios, 2.3.

  • [30]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Augustinus, De consensu evangelistarum 1. 35. 54. Englische Übersetzung aus: Nicene and Post-Nicene Fathers, Erste Reihe (nachfolgend als NPNF1 abgekürzt) 14 Bde., hrsg. von Philip Schaff (Nachdruck: Peabody, Mass: Hendrickson, 1994), 6: 101.

  • [31]

    Augustinus, Brief 82. 3. 24 (Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus ausgewählte Briefe [Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 29-30, Kempten; München : J. Kösel, 1917]); vgl. idem, Brief 28. 3; idem, De civitate Dei 21. 6.

  • [32]

    Siehe A. Bea, „Deus auctor Sacrae Scripturae: Herkunft und Bedeutung der Formel“, Angelicum 20 (1943): 16–31. Vawter folgert: „Die Sprache der Kirchenväter in Ost und West, wie auch ihr üblicher Umgang mit der Heiligen Schrift lässt kaum einen Zweifel, dass für viele, wenn nicht für die meisten von ihnen Gott – ganz simplistisch – der literarische Autor der Bibel war. Er hatte, durch Menschen, das biblische Werk ‚geschrieben‘; er hatte es ‚diktiert‘.“ (Aus dem Englischen übersetzt aus: Vawter, Biblical Inspiration, 96).

  • [33]

    Origenes, Über die Grundlehren der Glaubenswissenschaft, 4.9; Wiederherstellungsversuch von Dr. Karl Fr. Schnitzer, Professor an der Kantonsschule in Aarau. Stuttgart, Verlag Imle und Kraus, 1835.

  • [34]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: C. J. Cadoux, The Case for Evangelical Modernism (New York: Clark, 1939), 66–67.

  • [35]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Herman Sasse, „The Rise of the Dogma of Holy Scripture in the Middle Ages“, in: Reformed Theological Review 18 (1959): 45.

  • [36]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Thomas von Aquin, Quaestiones quodlibetales 7. 16.

  • [37]

    Thomas von Aquin, Summa theologiae 2a. 2ae. 172. 5 ad 3.

  • [38]

    Ibid., la. 1. 10 ad 3.

  • [39]

    Ibid., la. 1. 8.

  • [40]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Martin Luther, „Kleine exegetische Schriften: Auslegung vieler schöner Sprüche heiliger Schrift“, in: Sämmtliche Schriften, 23 Bde., hrsg. von Joh. Georg Walsch, Bd. 9: Auslegung des Neuen Testaments (St. Louis: Concordia Publishing House, [1892]), Spalte 1818

  • [41]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., Spalte 1775.

  • [42]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Martin Luther, „Commentary on Psalm 90“, in: Luther’s Works, Bd. 13: Selected Psalms II, hrsg. von J. Pelikan (St. Louis: Concordia Publishing House, 1956), 81.

  • [43]

    Martin Luther, „Auslegung der letzten Worte Davids“ (2 Sam 23,1-7), in: Sämtliche Schriften und Werke,. Teil 4, Bd. 4, hrsg. von Johann Heinrich Zedler, Leipzig 1729.

  • [44]

    Ibid., 275–6.

  • [45]

    Ibid., 275.

  • [46]

    Ibid.

  • [47]

     Aus dem Englischen übersetzt aus: Martin Luther, Luther’s Works, Bd. 5: Lectures on Genesis: Chapters 26–30, hrsg. von J. Pelikan und W. A. Hansen (St. Louis; Concordia Publishing House, 1968), 352. Zu ähnlichen Zitaten siehe E. F. Klug, From Luther to Chemnitz (Grand Rapids, Mich.: Wm. B. Eerdmans, 1971), 20.

  • [48]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Martin Luther, „That Jesus Christ Was Born a Jew“, in: Luther’s Works, Bd. 45: The Christian in Society II, hrsg. von H. T. Lehmann (Philadelpia: Muhlenberg Press, 1962), 208.

  • [49]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Martin Luther, „Wider die Papisten“, in: Werke, Bd. 15: Reformationsschriften, Kap. 6, Abschn. 3, §448, col. 1481.

  • [50]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Abraham Calov, Biblia Novi Testamenti Illustrata 2: 1547 (Zitat aus: Robert D. Preuss, The Theology of Post-Reformation Lutheranism, 2 Bde. [St. Louis; Mo.: Concordia Publishing House, 1970], 1: 283).

  • [51]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: J. A. Quenstedt, Theologia didactico-polemica, sive systema theologiae 1. 4. 2. 4 (Zitat aus: Preuss, Theology, 1: 281).

  • [52]

    Zu einer Vielzahl von Quellen siehe Kenneth S. Kantzer, „Calvin and the Holy Scriptures“, in: Inspiration and Interpretation, 138.

  • [53]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Jean Calvin, Commentaries on the Epistles to Timothy, Titus, and Philemon, übers. von W. Pringle (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1856), 249.

  • [54]

    John Calvin, Institutes of the Christian Religion, 3 Bde., übers. v. Henry Beveridge (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1845), 3: 166 (IV. viii. 9); idem. Commentaries on the Twelve Minor Prophets, Bd. 3: Jonah, Micah, Nahum, übers. von John Owen (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1847), 197.

  • [55]

    Calvin, Minor Prophets, Bd. 1: Hosea, übers. von John Owen (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1846), 42; vgl. 325. Siehe auch Calvin, Second Epistle to Timothy, 249 (aus dem Englischen übersetzt): „Wir schulden der Heiligen Schrift dieselbe Ehrerbietung, die wir Gott schulden; denn sie ist von ihm allein ausgegangen und ist mit nichts vermischt, was des Menschen ist.“

  • [56]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Jean Calvin, Commentaries on the Prophet Jeremiah and the Lamentations, übers. und hrsg. von John Owen (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1854), 1: 34.

  • [57]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Jean Calvin, Commentary on a Harmony of the Evangelists: Matthew, Mark, and Luke, übers. und hrsg. von W. Pringle (Edinburgh: Calvin Translation Society, 1845), 1: 127; vgl. 1: xxxviii, xxxix.

  • [58]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Timothy R. Phillips, „Francis Turretin’s Idea of Theology and its Bearing upon his Doctrine of Scripture“, 2 Bde. (Ph.D. Dissertation, Vanderbilt University, 1986), 2: 748.

  • [59]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 1: 86.

  • [60]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Timothy R. Phillips, „Francis Turretin’s Idea of Theology and its Bearing upon his Doctrine of Scripture“, 2 Bde. (Ph.D. Dissertation, Vanderbilt University, 1986), 1: 87–8.

  • [61]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Voetius, Selectorum Disputationum Fasciculus, 24 (zitiert in: Phillips, Turretin’s Idea of Theology, 2: 758).

  • [62]

    Heinrich Denzinger, Enchiridion Symbolorum, 33. Aufl. (Freiburg im Breisgau: 1965) 1501 (364).

  • [63]

    Spinoza: Theologisch-politische Abhandlung. Berlin 1870, Kap. 11, S. 166-174

  • [64]

    Ibid., Kap.11, S. 170

  • [65]

    Ibid., Kap. 12, S. 180

  • [66]

    Ibid., Kap. 12, S. 178

  • [67]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Jean Le Clerc, Five Letters Concerning the Inspiration of the Holy Scriptures (London: 1690), 34; es handelt sich bei diesem Buch um eine Übersetzung seiner Sentimens de quelques théologiens de Hollande sur l’Histoire critique du Vieux Testament (1685).

  • [68]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 126.

  • [69]

     Le Prieur de Bolleville, Réponse au Livre intitulé Sentimens de quelques Théologiens de Hollande

    sur l’Histoire Critique du Vieux Testament (Rotterdam: Reinier Leers, 1686), 122-132; Richard Simon, Histoire critique du Texte du Nouveau Testament (Rotterdam: Renier Leers, 1689; Nachdruck: Frankfurt: Minerva. 1968), Kap. 23.

  • [70]

    Aus dem Französischen übersetzt aus: Simon, Histoire critique, 192.

  • [71]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: R. S. P., Nouvelles Observations sur le Texte et les Versions du Nouveau Testament (Paris: Jean Boudot, 1695), 35. (Zitat aus: James Tunstead Burtchaell, Catholic Theories of Biblical Inspiration since 1810 [Cambridge: Cambridge University Press, 1969], 49–50).

  • [72]

     Aus dem Englischen übersetzt aus: Le Prieur de Bolleville, Réponse au Livre intitulé Sentimens, 127–8.

  • [73]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 128.

  • [74]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Le Clerc, Letters, 158; vgl. idem, Defense des Sentimens de quelques Théologiens de Hollande sur l’Histoire Critique du Vieux Testament contre le prieur de Bolleville (Amsterdam: Henri Desbordes, 1686), 245.

  • [75]

    Le Prieur de Bolleville, De l’Inspiration des Livres Sacrez; Avec une réponse au livre intitulé

    Defense des Sentimens de quelques Théologiens de Hollande sur l’Histoire Critique du Vieux Testament

    (Rotterdam: Reinier Leers, 1699), 167–8.

  • [76]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 160.

  • [77]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 3.

  • [78]

    Clark H. Pinnock, Biblical Revelation (Chicago: Moody Press, 1971), 66; zur Darlegung siehe 86-95.

  • [79]

    Übersetzung aus dem Englischen aus: John Henry Newman, Lectures on the Scripture Proofs of the Doctrines of the Church, Tracts for the Times, 85 (London: J. G. F. & J. Rivington, 1838), 30.

  • [80]

    Preus, Post-Reformation Lutheranism, 1: 290–1.

  • [81]

    Thomas von Aquin, Summa theologiae, 2a. 2ae. 171. 5.

  • [82]

    Benjamin Breckinridge Warfield, „Inspiration and Criticism“, in: The Inspiration and Authority

    of the Bible, hrsg. von Samuel G. Craig mit einer Einführung von Comelius Van Til (Philadelphia: Presbyterian & Reformed, 1970), 420–1. Siehe auch Phillips, Turretin’s Idea of Theology, 744–75, der feststellt, dass die reformierten Scholastiker die Mechanik der Inspiration nur vage darstellten.

  • [83]

    Benjamin Breckinridge Warfield, Calvin and Calvinism (Oxford University Press, 1931; Nachdruck: Grand Rapids, Mich.: Baker, 1981), 62.

  • [84]

    Warfield, „Inspiration and Criticism“, 421. So auch Phillips, Turretin’s Idea of Theology, 2: 752.

  • [85]

    Benjamin Breckinridge Warfield, „The Biblical Idea of Inspiration“, in: Inspiration and Autority of the Bible, 153.

  • [86]

    Kenneth S. Kantzer, „Calvin and the Holy Scriptures“, in: Inspiration and Interpretation, 140–141.

  • [87]

    Siehe Harry Frankfurt, „Alternative Possibilities and Moral Responsibility“, in: Journal of Philosophy 66 (1969): 829–39; Thomas V.Morris, The Logic of God Incarnate (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1986), 151–152.

  • [88]

    Randall Basinger und David Basinger, „Inerrancy, Dictation and The Free Will Defence“, in: Evangelical Quarterly 55 (1983): 177–180.

  • [89]

    Ibid., 180.

  • [90]

    Es ist interessant, dass Pinnock, wie oben zitiert, sich schließlich zu dieser Schlussfolgerung veranlasst sah. Er sagt: „Ein Text, der Wort für Wort das ist, was Gott von Anfang an wollte, könnte ebenso gut diktiert worden sein, wenn man bedenkt, welchen Raum er für menschliches Handeln lässt“ (Clark H. Pinnock, The Scripture Principle [San Francisco: Harper & Row, 1984], 101). Das Problem ist, dass von Gott gesagt wird, dass er „die Schreiber und jedes Detail, das sie schrieben, kontrollierte“ (ibid.). „Zu behaupten, dass Gott jedes Detail des Textes vorherbestimmte und kontrollierte, lässt menschliche Verfasserschaft unsinnig erscheinen und kommt der Behauptung gleich, dass Gott den Text diktierte. Es ist eine Haarspalterei über Worte, sie so energisch zu verneinen“ (ibid.). „Wenn Gott wirklich die totale Kontrolle über alle Dinge hat, dann muss er alle Tragödien und Gräueltaten gewollt haben, die geschehen sind… Gott ist der allein Verantwortliche für alles, was geschieht, wenn er es so vollständig gewollt hat, und er muss die Schuld tragen“ (ibid., S.102). Ich hoffe, zeigen zu können, dass keine dieser Schlussfolgerungen richtig ist.

  • [91]

    D. A. Carson, „Recent Developments in the Doctrine of the Bible“, in: Hermeneutics, Authority, and Canon, hrsg. von D. A. Carson und John D.Woodbridge (Grand Rapids, Mich: Zondervan, 1986), 45.

  • [92]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: D. A. Carson, „Recent Developments in the Doctrine of the Bible“, in: Hermeneutics, Authority, and Canon, hrsg. von D. A. Carson und John D.Woodbridge (Grand Rapids, Mich: Zondervan, 1986), 45.

  • [93]

     Ibid.

  • [94]

    Woodbridge, Biblical Authority, 9.

  • [95]

    Carson, „Recent Developments“, 45.

  • [96]

    Norman L. Geisler. “Inerrancy and Free Will: A Reply to the Brothers Basinger“, in: Evangelical Quarterly 57 (1985): 347–353.

  • [97]

    David Basinger und Randall Basinger. „Inerrancy and Free Will: Some Further Thoughts“, in: Evangelical Quarterly 58 (1986): 351–354.

  • [98]

    Geisler, „Inerrancy and Free Will“, 351.

  • [99]

    Zu diesen Bedingungen siehe Alvin Plantinga, „Self-Profile“, in: Alvin Plantinga, hrsg. von James Tomberlin und Peter Van Inwagen, Profiles 5 (Dordrecht: D. Reidel, 1985), 39–40.

  • [100]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Basinger und Basinger: „Inerrancy and Free Will“, 353–354.

  • [101]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Basinger und Basinger, „Inerrancy, Dictation, and the Free Will Defense“, 179; vgl. 180.

  • [102]

    Geisler, „Inerrancy and Free Will“, 351.

  • [103]

    Ibid., 352.

  • [104]

    Siehe Alvin Plantinga, “On Ockham’s Way Out”,in: Faith and Philosophy 3 (1986): 235–69; Jonathan L. Kvanvig, The Possibility of an All-Knowing God (New York: St. Martin’s, 1986); Alfred J. Freddoso, “Introduction”, in: On Divine Foreknowledge, by Luis Molina, übers. und mit Anmerkungen versehen von Alfred J. Freddoso (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1988), 9–29; Edward R. Wierenga, The Nature of God: an Inquiry into Divine Attributes, Cornell Studies in the Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1989); William Lane Craig, Divine Foreknowledge and Human Freedom: The Coherence of Theism 1: Omniscience, Studies in Intellectual History 19 (Leiden, The Netherlands: E. J. Brill, 1990); Thomas Flint, Divine Providence, Cornell Studies in the Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1998).

  • [105]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Geisler, „Inerrancy and Free Will“, 352.

  • [106]

    Zu Molinas Lehre siehe Ludovici Molina, De liberi arbitrii cum gratia donis, divina praescientia, providentia, praedestinatione et reprobatione concordia 4. Dieser Abschnitt wurde übersetzt als: Luis Molina, On Divine Foreknowledge, übers. und mit einer Einführung und Anmerkungen versehen von Alfred J. Freddoso (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1988).

  • [107]

    Plantinga, „Self-Profile“, 48–49.

  • [108]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Warfield, „Biblical Idea of Inspiration“, 154–155.

  • [109]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: ibid., 157.

  • [110]

    Dies lässt uns auch erkennen, dass der Ausdruck „unfehlbar garantieren“ in Wirklichkeit irreführend ist. Das Ergebnis wird durch schwache Verwirklichung nicht in dem Sinne unfehlbar garantiert, dass es mögliche Welten gibt, in denen der stark verwirklichte Sachverhalt den schwach verwirklichten Sachverhalt nicht kontrafaktisch impliziert, da Kontrafaktuale der Freiheit in Bezug auf eine mögliche Welt wahr/falsch sind. Es kann also eine mögliche Welt geben, in Bezug auf welche eine Welt mit einer frei verfassten Bibel und einer optimaleren Gewichtung von Gut und Böse für Gott durchführbar ist. Die verbale, plenare, konfluente Inspiration der Bibel verlangt nicht, dass Gottes Garantie unfehlbar ist, sondern nur, dass er tatsächlich die erforderliche Kontrolle über freie Geschöpfe hat, um die Abfassung der Heiligen Schrift schwach zu verwirklichen. Er kann Irrtumslosigkeit garantieren, ohne sie unfehlbar zu garantieren.

  • [111]

    Zu Anwendungen des mittleren Wissens auf Aspekte wie christlicher Exklusivismus, göttliche Souveränität und menschliche Freiheit, das Ausharren der Heiligen, Unfehlbarkeit und Schöpfung/Evolution siehe William Lane Craig, „‚No Other Name‘: A Middle Knowledge Perspective on the Exclusivity of Salvation through Christ“, in: Faith and Philosophy 6 (1989): 172–188; idem, „Middle Knowledge: a Calvinist-Arminian Rapprochement?“,in: The Grace of God, the Will of Man, hrsg. von C. Pinnock (Grand Rapids, Mich: Zondervan, 1989), 141–164; idem, „‚Lest Anyone Should Fall“; a Middle Knowledge Perspective on Perseverance and ApostolicWarnings“, in: International Journal for Philosophy of Religion 29 (1991): 65–74; Thomas P. Flint, „Middle Knowledge and the Doctrine of Infallibility“, in: Philosophical Perspectives, Bd. 5: Philosophy of Religion, hrsg. von J. E. Tomberlin (Atascadero, Calif.: Ridgeway Publishing, 1991), 373–393; Del Ratzch, „Design, Chance, and Theistic Evolution“, in: Mere Creation (Downer’s Grove, III.: Inter-Varsity, 1998), 289–312.

  • [112]

    Siehe Alvin Plantinga, „Reply to Robert Adams“, in: Alvin Plantinga, 372–382; Kvanvig, Possibility of an All-Knowing God, 121-148; Freddoso, „Introduction“, 62–81; Wierenga, Nature of God, 116-165; Craig, Divine Foreknowledge and Human Freedom, 237–78; Flint, Divine Providence, 75–176.

  • [113]

    Außerdem entdeckte ich seit der Abfassung des ersten Entwurfs des vorliegenden Papers, dass dies – oder etwas Ähnliches – auch in unserer Zeit wieder unternommen wurde, und zwar von Nicholas Wolterstorff in: Divine Discourse: Philosophical Reflection on the Claim that God Speaks (Cambridge: Cambridge University Press, 1995). In seinem Kapitel 3, „The Many Modes of Discourse“, findet sich eine faszinierende Erörterung über das, was Wolterstorff „double agency“ nennt: Diese liegt vor, wenn eine Person etwas in Worten sagt, die sie selbst nicht ausgesprochen oder geschrieben hat (38–57). Indem er Beispiele auswertet, die an diejenigen der Jesuiten im 17. Jahrhundert erinnern, konzentriert Wolterstorff sich als Modell für die Heilige Schrift auf das, was er „angeeignete Rede“ nennt: eine menschliche Rede, die Gott sich zu eigen macht und die somit göttliche Rede ist (51-54). „Die einzige Voraussetzung, damit die ganze [Bibel] Gottes Buch ist, ist, dass die darin enthaltene menschliche Rede – als ein einziges Buch – von Gott als Gottes Rede angeeignet wurde“ (54). Ein solches Verständnis der Bibel entspricht völlig der Position, die im vorliegenden Paper verteidigt wird. Leider macht Wolterstorff denselben Kategoriefehler wie einst Lessius, indem er Inspiration mit dem Wirken des Heiligen Geistes in oder an den Verfassern der Bibel gleichsetzt und nicht als Eigenschaft des Textes selbst versteht (54; vgl. 301). Dies führt ihn zu der Auffassung, dass die Heilige Schrift vielleicht nicht ganz oder teilweise inspiriert ist, obwohl sie Gottes Wort ist. Doch eine durch Vorsehung hervorgebrachte Rede kann im eigentlichen Sinn des Wortes inspiriert sein, selbst ohne ein besonderes Wirken des Geistes Gottes in dem menschlichen Verfasser. Die Frage, wie die Heilige Schrift hervorgebracht wurde, deckt die größten Schwächen in Wolterstorffs Erörterung auf, wenn er in Kapitel 7 fragt, ob Gott die Ereignisse verursachen kann, aus denen die biblische Rede hervorgeht. Es ist dasselbe Problem, das von Warfield angesprochen wurde und das eine Lösung des mittleren Wissens verlangte. Interessanterweise zieht Wolterstorff tatsächlich ganz flüchtig eine Position des mittleren Wissens in Betracht, wenn er sie auch nicht als solche identifiziert (121-122). Tragischerweise verwirft er eine solche Lösung, weil er zu der Annahme neigt, dass es keine wahren Kontrafaktuale der Freiheit gibt. Neugierig, herauszufinden, was Wolterstorff zu einer solchen Auffassung veranlasst haben könnte, wendet man sich seiner entsprechenden Fußnote zu und stellt überrascht fest, dass für seine Skepsis kein besserer Grund genannt wird als die verfehlten und oft widerlegten Einwände von William Hasker! Am Ende bleibt Wolterstorff überhaupt keine Erklärung dafür, wie Gott – selbst wenn man göttliches Eingreifen in die Geschichte voraussetzt – das Schreiben der Bibel herbeiführen kann, wenn es kein göttliches mittleres Wissen gibt – eine Schwäche, die Michael Levine zu einer scharfen Kritik veranlasste, [„God Speak“, in: Religious Studies 34 (1998): 14], dessen Kritik zu diesem Punkt Wolterstorff in seiner „Reply to Levine“ [Religious Studies 34 (1998): 22] bedauerlicherweise aus Platzgründen übergeht.

  • [114]

     Aus dem Englischen übersetzt aus: Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, 44. Er erklärt die Theorie für „tot und begraben“.

  • [115]

    Zu dem Lessius-Streit siehe Dictionnaire de théologie catholique, s.v. „Inspiration de l’Écriture“, Bd. 7, Teil 2, Spalten 2135–2145; Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, Kap. 2 and 3.

  • [116]

    (i.) Ut aliquid sit Scriptura sacra, non est necessarium singula ejus verba inspirata esse a

    Spiritu Sancto.

    (ii.) Non est necessarium ut singulae veritates et sententiae sint immediate a Spiritu Sancto ipsi scriptori inspiratae.

    (iii.) Liber aliquis . . . humana industria sine assistentia Spiritus Sancti scriptus, si Spiritus Sanctus postea testetur ibi nihil esse falsum, efficitur Scriptura sacra.

  • [117]

    Aus dem Englischen übersetzt aus: Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, 91. „Indirekt“ ist fachlich nicht richtig; besser wäre „nicht-deterministisch“. Seine völlige Vernachlässigung dieses Kontextes macht Vawters Darlegung zu dieser Kontroverse inadäquat (Vawter, Biblical Inspiration, 63–70). Vawter zitiert Suarez mit den Worten: „Obwohl alles in der Heiligen Schrift durch den Heiligen Geist geschrieben wurde, überließ der Heilige Geist es nichtsdestoweniger dem Verfasser, alles in einer ihm entsprechenden Weise und nach seiner eigenen Begabung, Bildung und Sprache zu schreiben, wenn auch unter seiner Leitung“ und protestiert verwirrt: „Man darf fragen, ob ein solcher Satz nicht logisch sinnlos ist: Der Heilige Geist hat Worte ‚geschrieben‘, wobei er es dem menschlichen Verfasser ‚überließ‘, diese Worte nach seinen eigenen Mitteln zu finden“ (ibid., 66). Doch bei einer Perspektive des mittleren Wissens wird eine solche duale Verfasserschaft klar. In ähnlicher Weise kann man Vawters Behauptung nur belächeln, dass Suarez – ein großer Verfechter des mittleren Wissens – „verwirrt“ war, weil er sowohl eine Verbalinspiration als auch eine nur negative Unterstützung durch den Heiligen Geist bekräftigte: „Suarez versuchte, in einem einzigen System zu vereinen, was im Grunde gegensätzliche Konzepte der Inspiration waren“ (ibid., 67). Es ist gerade die Schönheit der Lehre des mittleren Wissens, dass es ihr gelingt, scheinbar gegensätzliche Positionen zu göttlicher Souveränität und menschlicher Freiheit in Einklang zu bringen.

  • [118]

    Woodbridge, Biblical Authority, 70.

  • [119]

    Siehe Livino de Meyer, Historia controversiarum de divina gratia, 6 Bde., 2. Aufl. (Venetiis: Nicolaum Pezzana, 1742), Appendix III: Apologia a R. P. Leonardo Lessio e Societate Jesu scripta adversus censuras Lovaniensem & Duacensem Responsio ad Censuram Facultatis sacrae Theologiae Lovaniensis, 756–757.

  • [120]

    Aus dem Englischen übersetzt aus einem Brief von Lessius an den Erzbischof von Machlin, in: Joseph Kleutgen, „R. P. Leonardii Lessii Soc. Iesu Theologi de Divina Inspiratione Doctrina“, in: Gerardus Schneemann, Controversiarum de Divinae Gratiae Liberique Arbitrii Concordia Initia et Progressus (Friburgi Brisgoviae: Herder, 1881), 466 (zitiert in: Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, 45).

  • [121]

    Dictionnaire de théologie catholique, s.v. „Inspiration de l’Écriture“, Bd. 7, Teil 2, Spalte 2144.

  • [122]

    Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, Kapitel 2.

  • [123]

    Wolterstorff unterscheidet in ähnlicher Weise zwischen Heiliger Schrift und Offenbarung; dies ist ein Konzept, das einer sorgfältigeren Analyse bedarf, als Verteidiger der biblischen Autorität sie gewöhnlich vornehmen.

  • [124]

    Siehe die besonders scharfe Kritik von Phillips, „Turretin’s Idea of Theology“, 2: 761, der es als einen „eklatanten Kategoriefehler“ bezeichnet, die Beschreibung des Umfangs der Inspiration (nämlich der Verbalinspiration) mit einer Beschreibung ihrer Verfahrensweise gleichzusetzen.

  • [125]

    Siehe die Erörterung in: Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, 45–52.

  • [126]

    Siehe die Quellenangabe in Anmerkung 83. Siehe auch Thomas P. Flint, „Middle Knowledge and Infallibility“. Flints Analyse bezieht sich zwar auf die päpstliche Unfehlbarkeit, aber er stellt zu Recht fest, dass sie auch für die biblische Unfehlbarkeit anwendbar wäre.

  • [127]

    Siehe Burtchaell, Catholic Theories of Inspiration, Kap. 3.