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Die Existenz Gottes und der Anfang des Universums

Summary

Indem das kalam-kosmologische Argument zeigt, dass das Universum anfing zu existieren, weist es nach, dass die Welt kein notwendiges Wesen und darum hinsichtlich ihrer Existenz auch nicht selbsterklärend ist. Zur Untermauerung für einen Anfang des Universums werden zwei philosophische Argumente und zwei wissenschaftliche Bestätigungen dargelegt. Da alles, was zu existieren beginnt, eine Ursache hat, muss es eine transzendente Ursache für das Universum geben.

Quelle: "The Existence of God and the Beginning of the Universe." Truth: A Journal of Modern Thought 3 (1991): 85-96.

Einführung

 

„Die erste Frage, die mit Recht zu stellen ist”, schrieb G. W. F. Leibniz, lautet: „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“ [1] Diese Frage scheint eine tiefe existenzielle Kraft zu besitzen, die von einigen der größten Denker der Menschheit nachempfunden wurde. Laut Aristoteles beginnt Philosophie mit einer staunenden Wahrnehmung der Welt, und die tiefste Frage, die ein Mensch stellen könne, sei die nach dem Ursprung des Universums. [2] In seiner Biografie über Ludwig Wittgenstein berichtet Norman Malcom, Wittgenstein habe gesagt, er habe manchmal ein bestimmtes Erlebnis gehabt, das sich am besten so beschreiben ließe: „Wenn ich dieses Erlebnis habe, dann staune ich über die Existenz der Welt. Ich neige dann zu solchen Sätzen wie: ,Wie merkwürdig, dass überhaupt etwas existiert!‘“ [3] In ähnlicher Weise bemerkt ein zeitgenössischer Philosoph: „Mein Verstand scheint oft unter der immensen Bedeutung, die diese Frage für mich hat, ins Taumeln zu geraten. Dass überhaupt irgendetwas existiert, scheint mir wahrhaftig als ein Gegenstand größter Ehrfurcht.“ [4]

Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Leibniz beantwortete diese Frage, indem er argumentierte, es gäbe etwas und nicht vielmehr nichts, weil ein notwendiges Wesen existiere, das in sich selbst seinen Grund für die Existenz trage und zureichender Grund für die Existenz aller kontingenten Wesen sei. [5]

Obwohl Leibniz (und nach ihm einige zeitgenössische Philosophen) die Nicht-Existenz eines notwendigen Wesens als logisch unmöglich ansahen, wurde eine bescheidenere Erklärung der Notwendigkeit der Existenz in Bezug auf das, was er als „faktische Notwendigkeit“ bezeichnet, von John Hick gegeben: Ein notwendiges Wesen ist ein ewiges, unverursachtes, unzerstörbares und unverwesliches Wesen. [6]

Leibniz identifizierte das notwendige Wesen natürlich als Gott. Seine Kritiker jedoch fochten diese Identifikation an, indem sie behaupteten, dem materiellen Universum selbst könne der Status eines notwendigen Wesens zugewiesen werden. „Warum“, so stellte David Hume infrage, „kann nicht das materielle Universum gemäß dieser vorgeblichen Erklärung von Notwendigkeit, das notwendig existierende Wesen sein?“  [7] Typischerweise ist dies genau die Position von Atheisten gewesen. Atheisten fühlten sich nicht gezwungen, die Ansicht zu akzeptieren, dass das Universum aus dem Nichts ohne irgendeinen Grund ins Dasein kam. Sie betrachten das Universum selbst vielmehr als eine Art faktisch notwendiges Wesen: Das Universum ist ewig, unverursacht, unzerstörbar und unverweslich. Oder, wie Russel es elegant ausdrückte: „Das Universum ist einfach da, und das ist alles.“  [8]

Lässt Leibniz’ Argument uns deshalb in einer rationalen Sackgasse zurück? Oder könnte es nicht einige weitere Hilfsquellen dafür geben, das Rätsel der Existenz der Welt zu entwirren? Mir scheint, dass es diese gibt. Es sei daran erinnert, dass eine essenzielle Eigenschaft eines notwendigen Wesens darin besteht, dass es ewig ist. Wenn man also plausibel machen könnte, dass das Universum anfing zu existieren und darum nicht ewig ist, hätte man zumindest in dieser Hinsicht die Überlegenheit des Theismus als einer rationalen Weltanschauung erwiesen.

Nun gibt es eine Form des kosmologischen Argumentes, die heute vielfach vernachlässigt wird, die aber von großer historischer Bedeutung ist. Sie zielt genau auf den Nachweis, dass das Universum einen Anfang in der Zeit hatte. [9] Das Argument entstand aus den Bemühungen christlicher Theologen, die griechische Lehre von der Ewigkeit der Materie zu widerlegen. Mittelalterliche islamische und jüdische Theologen entwickelten es zu verfeinerten Versionen weiter und vermittelten es wiederum dem lateinisch geprägten Westeuropa. Dieses Argument ist somit von breiter konfessionsübergreifender Bedeutung, da es von Muslimen, Juden und sowohl katholischen als auch protestantischen Christen verteidigt worden ist.

Dieses Argument, das ich als das kalam-kosmologische Argument bezeichnet habe, kann wie folgt dargelegt werden:

1. Was zu existieren beginnt, hat eine Ursache.
2. Das Universum begann zu existieren.

2.1 Argument der Unmöglichkeit einer aktualen Unendlichkeit.

2.11 Eine aktuale Unendlichkeit kann nicht existieren.
2.12 Ein unendlicher temporaler Regress ist eine aktuale Unendlichkeit.
2.13 Also kann ein unendlicher temporaler Regress von Ereignissen nicht existieren.

2.2 Argument der Unmöglichkeit der Bildung eines aktual Unendlichen durch aufeinanderfolgende Addition.

2.21 Eine Menge, die durch aufeinanderfolgende Addition gebildet wird, kann nicht aktual unendlich sein.
2.22 Die zeitliche Reihe von vergangenen Ereignissen ist eine Menge, die durch aufeinanderfolgende Addition gebildet wird.
2.23 Also kann die zeitliche Reihe von vergangenen Ereignissen nicht aktual unendlich sein.

3. Also hat das Universum eine Ursache.

Lassen Sie uns dieses Argument genauer untersuchen.

Verteidigung des kalam-kosmologischen Argumentes

Zweite Prämisse

Die entscheidende Prämisse in diesem Argument ist eindeutig (2). Zwei unabhängige Argumente werden zu ihrer Unterstützung dargeboten. Lassen Sie uns darum zuerst einer Untersuchung der unterstützenden Argumente zuwenden.

Erstes unterstützendes Argument

Um (2.1) zu verstehen, müssen wir den Unterschied zwischen einer potenziellen und einer aktualen Unendlichkeit begreifen. Vereinfacht gesagt: Eine potenzielle Unendlichkeit ist eine Menge, die zur Unendlichkeitsgrenze hinwächst, sie aber niemals erreicht. Eine solche Menge ist in Wirklichkeit indefinit, nicht unendlich. Das Zeichen für diese Art der Unendlichkeit, das in Gleichungen verwendet wird, ist ¥. Eine aktuale Unendlichkeit ist eine Menge, in der die Zahl der Glieder wirklich unendlich ist. Die Menge wächst nicht zur Unendlichkeit hin, sie ist unendlich, sie ist „komplett“. Das Zeichen für diese Art von Unendlichkeit, das in der Mengenlehre verwendet wird, um Mengen zu bezeichnen, die eine unendliche Zahl von Gliedern haben, wie beispielsweise {1, 2, 3, . . .} ist À0. Nun behauptet (2.11) nicht, dass eine potenziell unendliche Menge von Dingen nicht existieren kann, sondern dass eine aktual unendliche Menge von Dingen nicht existieren kann. Denn wenn eine aktual unendliche Anzahl von Dingen existieren könnte, käme es zu allen möglichen Absurditäten.

Vielleicht lässt sich die Wahrheit von (2.11) am besten mithilfe einer Illustration veranschaulichen. Lassen Sie mich auf eine meiner Lieblingsillustrationen zurückgreifen: Hilberts Hotel, das Geistesprodukt des großen deutschen Mathematikers David Hilbert. Stellen wir uns ein Hotel mit einer unendlichen Anzahl von Zimmern vor. Nehmen wir weiter an, alle Zimmer seien belegt. Wenn ein neuer Gast ankommt und um ein Zimmer bittet, entgegnet der Inhaber entschuldigend: „Tut uns leid, alle Zimmer sind belegt“.

Doch stellen wir uns nun ein Hotel mit einer unendlichen Anzahl von Zimmern vor, und stellen wir uns auch hier wieder vor, dass alle Zimmer belegt sind. Es gibt kein einziges freies Zimmer im gesamten unendlichen Hotel. Nehmen wir nun an, ein neuer Gast taucht auf und fragt nach einem Zimmer. „Aber selbstverständlich!“, sagt der Hotelinhaber. Und sofort verlegt er die Person in Zimmer Nr. 1 in Zimmer Nr. 2, die Person in Zimmer Nr. 2 in Zimmer Nr. 3, die Person in Zimmer Nr. 3 in Zimmer Nr. 4 usw., bis ins Unendliche.

Infolge dieser Zimmerverlegungen wird Zimmer Nr. 1 nun frei und der neue Gast checkt dankbar ein. Doch bedenken Sie: Bevor er ankam, waren alle Zimmer voll! Was ebenso seltsam ist, laut der Mathematiker gibt es nun nicht mehr Personen in dem Hotel als es sie vorher gab: die Anzahl ist einfach unendlich. Aber wie kann das sein? Der Inhaber hat einfach den Namen des neuen Gastes in der Liste hinzugefügt und ihm seine Schlüssel übergeben. Wie kann es dann sein, dass es nicht eine Person im Hotel mehr gibt als zuvor?

Doch die Situation wird sogar noch kurioser. Denn nehmen wir an, unendlich viele neue Gäste tauchen an der Rezeption auf und fragen nach einem Zimmer. „Selbstverständlich! Selbstverständlich!“, meint der Inhaber. Dann verlegt er die Person in Zimmer Nr. 1 in Zimmer Nr. 2, die Person in Zimmer Nr. 2 in Zimmer Nr. 4, die Person in Zimmer Nr. 3 in Zimmer Nr. 6 usw., bis ins Unendliche, also jeden vorherigen Zimmerbewohner in ein Zimmer mit einer doppelt so hohen Nummer. Dadurch werden alle Zimmer mit ungeraden Zahlen leer und die unendlich vielen neuen Gäste werden spielend untergebracht. Und dennoch waren die Zimmer, bevor sie kamen, alle belegt! Und wiederum äußerst seltsam: Die Zahl der Gäste in dem Hotel ist, nachdem die unendliche Anzahl von neuen Gästen eingecheckt hat, ist dieselbe wie zuvor, auch wenn es so viele neue Gäste wie alte Gäste gab. Der Inhaber könnte diesen Vorgang sogar unendlich viele Male wiederholen und dennoch gäbe es nie eine einzige Person in dem Hotel mehr als zuvor.

Doch Hilberts Hotel ist sogar noch kurioser, als der deutsche Mathematiker es darstellte. Denn stellen Sie sich einmal vor, einige Gäste beginnen auszuchecken. Nehmen wir an, der Gast in Zimmer Nr. 1 fährt ab. Gibt es jetzt nicht eine Person weniger in dem Hotel? Nicht laut den Mathematikern – aber fragen Sie nur einmal die Frau, welche die Betten macht!

Nehmen wir an, die Gäste in den Zimmernummern 1,3,5 … checken aus. In diesem Fall hat eine unendliche Anzahl von Menschen das Hotel verlassen. Aber laut den Mathematikern gibt es nicht weniger Menschen in dem Hotel – aber sagen Sie das nur mal der Wäschefrau! Wir könnten sogar jeden anderen Gast aus dem Hotel auschecken lassen und diesen Vorgang unendliche Male wiederholen, und dennoch gäbe es nie irgendwie weniger Menschen in dem Hotel. Aber nehmen wir an, stattdessen würden die Menschen in den Zimmernummern 4,5,6 usw. auschecken. Mit einem Schlag wäre das Hotel praktisch leer, die Gästeliste auf drei Namen reduziert und die Unendlichkeit in Endlichkeit verwandelt. Und dennoch würde es weiterhin stimmen, dass dieses Mal genauso viele Gäste ausgecheckt haben, wie vorher, als die Gäste in den Zimmern Nr. 1,3,5 usw. auscheckten. Kann irgendjemand ernsthaft glauben, dass ein solches Hotel in der Realität existieren könnte? Diese Art von Absurditäten illustriert die Unmöglichkeit der Existenz einer aktual unendlichen Anzahl von Dingen.

Das führt uns zu (2.12). Die Wahrheit dieser Prämisse scheint weitgehend auf der Hand zu liegen. Wenn das Universum nie anfing zu existieren, dann gab es vor dem gegenwärtigen Ereignis eine aktual unendliche Anzahl von vorhergehenden Ereignissen. Daher beinhaltet eine anfangslose Reihe von zeitlichen Ereignissen die Existenz einer aktual unendlichen Zahl von Dingen, nämlich von vergangenen Ereignissen. Setzt man die Wahrheit von (2.11) und (2.12) voraus, folgt daraus logisch der Schluss (2.13). Die Reihe von vergangenen Ereignissen muss endlich sein und einen Anfang haben. Aber da sich das Universum nicht von der Reihe von Ereignissen unterscheidet, folgt daraus, dass das Universum anfing zu existieren.

An dieser Stelle mag es nützlich scheinen, einige Einwände zu betrachten, die gegen dieses Argument vorgebracht werden könnten. Lassen Sie uns zuerst Einwände auf (2.11) betrachten. Wallace Matson wendet ein, die Prämisse müsse bedeuten, dass eine aktual unendliche Zahl von Dingen logisch unmöglich sei, aber es sei leicht, zu zeigen, dass eine solche Menge logisch möglich ist. Beispielsweise ist die Reihe negativer Zahlen {. . . -3, -2, -1} eine aktual unendliche Menge ohne erstes Glied. [10]

Matsons Irrtum liegt hier in dem Denken, (2.11) bedeute, die logische Unmöglichkeit einer aktual unendlichen Anzahl von Dingen zu behaupten. Was die Prämisse jedoch ausdrückt, ist die reale oder faktuale Unmöglichkeit einer aktualen Unendlichkeit.

Um den Unterschied zwischen realer und logischer Möglichkeit deutlich zu machen: Es gibt keine logische Unmöglichkeit, dass etwas ohne Grund anfängt zu existieren, aber ein solcher Umstand mag sehr wohl real oder metaphysisch unmöglich sein. Gleicherweise behauptet (2.11), dass die Absurditäten, die eine reale Existenz eines aktual Unendlichen nach sich zöge, zeigen, dass eine solche Existenz metaphysisch unmöglich ist. Daher könnte man zugestehen, dass man in dem Begriffsbereich der Mathematik, unter Voraussetzung bestimmter Konventionen und Axiome, konsistent über unendliche Mengen von Zahlen sprechen kann. Doch dies impliziert keineswegs, dass eine aktuale unendliche Anzahl von Dingen möglich ist. Man möge auch beachten, dass die mathematische Schule des Intuitionismus leugnet, dass selbst die Zahlenreihen aktual unendlich sind (sie halten sie nur für potenziell unendlich). Damit ist die Berufung auf Zahlenreihen als Beispiele für aktuale Unendlichkeiten eine rein theoretische Vorgehensweise.

Der verstorbene J. L. Mackie erhob ebenfalls Einwand gegen (2.11). Er behauptete, die Absurditäten würden dadurch gelöst, dass man festhalte, für unendliche Gruppen gelte das Axiom „das Ganze ist größer als sein Teil“ nicht in der Weise, wie es für endliche Gruppen gelte. [11]

In ähnlicher Weise kommentiert Quentin Smith: Sobald wir verstehen, dass eine unendliche Menge eine echte Untermenge hat, welche dieselbe Anzahl von Gliedern wie die Menge selbst hat, werden die angeblich absurden Situationen „vollkommen glaubhaft“. [12]

Aber meiner Ansicht nach ist es genau dieses Merkmal der unendlichen Mengentheorie, das, wenn es auf das Gebiet der Realität übertragen wird, Ergebnisse hervorbringt, die völlig unglaubwürdig sind, wie zum Beispiel Hilberts Hotel. Außerdem rühren nicht alle Absurditäten daher, dass die unendliche Mengenlehre das euklidische Axiom leugnet: Die Absurditäten, die mit der Abmeldung der Gäste aus dem Hotel illustriert werden, gehen auf die selbstwidersprüchlichen Ergebnisse zurück, die aus den gegensätzlichen Operationen der Subtraktion oder Division mit transfiniten Zahlen resultieren. Hier wird das Argument gegen eine aktual unendliche Menge von Dingen ausschlaggebend.

Schließlich mag man den Einwand von Sorabji beachten, der behauptet, Illustrationen wie Hilberts Hotel wiesen keinerlei Absurdität auf. Um begreiflich zu machen, was am kalam-Argument falsch sei, bittet er uns, sich zwei parallele Säulen vorzustellen, die am selben Punkt anfangen und sich in die unendliche Entfernung erstrecken: eine Säule für die vergangenen Jahre und die andere Säule für die vergangenen Tage. Der Sinn, in dem die Säule der vergangenen Tage nicht größer ist als die Säule der vergangenen Jahre, so meint Sorabji, sei der, dass die Säule der Tage nicht über das hintere Ende der anderen Säule „hinausragen“ wird, da keine der beiden Säulen ein hinteres Ende habe. Im Falle von Hilberts Hotel bestünde nun die Versuchung, sich vorzustellen, dass ein unglücklicher Zimmerbewohner am hinteren Ende in das All hinauspurzelt. Aber es gibt kein hinteres Ende. Die Reihe der Bewohner wird nicht über das hintere Ende der Reihe von Zimmern hinausragen. Sobald dies erkannt werde, sei das Ergebnis einfach eine erklärbare – wenn auch überraschende und erheiternde – Wahrheit über die Unendlichkeit. [13] Nun hat Sorabji gewiss damit recht, dass, wie wir gesehen haben, Hilberts Hotel eine erklärbare Wahrheit über die Natur des aktual Unendlichen veranschaulicht. Wenn eine aktual unendliche Anzahl von Dingen existieren könnte, dann wäre Hilberts Hotel möglich. Aber Sorabji versteht anscheinend nicht den Kern des Paradoxon: Ich, zum Beispiel, bin nicht versucht, mir vorzustellen, dass Menschen am hinteren Ende des Hotels hinauspurzeln, denn es gibt kein hinteres Ende. Aber ich habe durchaus Schwierigkeiten zu glauben, dass ein Hotel, in dem alle Zimmer besetzt sind, noch weitere Gäste unterbringen kann.

Natürlich wird die Reihe der Gäste nicht über die Reihe der Zimmer hinausragen, aber wenn alle diese unendlichen Räume bereits Gäste haben, kann dann das Umherschieben dieser Gäste wirklich leere Zimmer schaffen? Sorabjis eigene Illustration mit den Säulen vergangener Jahre und Tage finde ich nicht gerade wenig beunruhigend: Wenn wir die Säulen in zentimeterlange Segmente teilen und eine Säule als Jahre markieren und die andere als Tage, dann ist eine Säule so lang wie die andere, und doch, für jedes zentimeterlange Segment in der Säule der Jahre werden 365 Segmente gleicher Länge in der Säule der Tage gefunden! Diese paradoxen Ergebnisse können nur vermieden werden, wenn solche aktualen unendlichen Mengen nur in der Vorstellung existieren können, aber nicht in der Realität. Jedenfalls erschöpft sich die Illustration mit Hilberts Hotel nicht nur auf die Addition von neuen Gästen, denn die Subtraktion von Gästen führt zu noch unlösbareren Absurditäten. Sorabjis Analyse sagt nichts darüber aus, wie diese zu lösen seien. Daher scheint mir, dass die Einwände gegen die Prämisse (2.11) weniger plausibel sind als die Prämisse selbst.

In Bezug auf (2.12) lautet der häufigste Einwand, die Vergangenheit müsse nur als eine potenzielle Unendlichkeit, nicht als eine aktuale Unendlichkeit betrachtet werden. Diese Position vertrat Thomas von Aquin gegen Bonaventura, und der zeitgenössische Philosoph Charles Hartshorne scheint bei dieser Frage auf der Seite von Aquin zu stehen. [14] Eine solche Position ist jedoch unhaltbar. Die Zukunft ist potenziell unendlich, da sie nicht existiert, aber die Vergangenheit ist auf eine Art und Weise aktual, wie es die Zukunft nicht ist. Belegt wird dies durch die Tatsache, dass wir Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart haben, aber wir haben keine Spuren der Zukunft. Wenn also die Reihe der vergangenen Ereignisse niemals anfing zu existieren, muss es eine aktual unendliche Zahl vergangener Ereignisse gegeben haben.

Die Einwände auf beide Prämissen scheinen darum weniger überzeugend zu sein als die Prämissen selbst. Gemeinsam implizieren sie, dass das Universum anfing zu existieren. Daher schließe ich daraus, dass dieses Argument gute Gründe dafür liefert, die Wahrheit der Prämisse (2) zu akzeptieren, dass das Universum anfing zu existieren.

Zweites unterstützendes Argument

Das zweite Argument (2.2) für den Anfang des Universums basiert auf der Unmöglichkeit, ein aktual Unendliches durch aufeinanderfolgende Addition zu bilden. Dieses Argument unterscheidet sich vom ersten dadurch, dass es nicht die Möglichkeit der Existenz eines aktual Unendlichen leugnet, sondern die Möglichkeit, dass es sich durch aufeinanderfolgende Addition bilden kann.

Prämisse (2.21) ist der entscheidende Schritt in dem Argument. Man kann nicht eine aktual unendliche Menge von Dingen bilden, indem man sukzessiv ein Glied nach dem andern addiert. Da man immer noch ein Glied mehr hinzufügen kann, bevor man die Unendlichkeit erreicht, ist es unmöglich, die aktuale Unendlichkeit zu erreichen. Manchmal wird dies als die Unmöglichkeit bezeichnet, „bis zur Unendlichkeit zu zählen“ oder „die Unendlichkeit zu überschreiten“. Es ist wichtig zu begreifen, dass diese Unmöglichkeit nichts mit der Menge der zur Verfügung stehenden Zeit zu tun hat: Es gehört zum Wesen der Unendlichkeit, dass sie nicht so gebildet werden kann.

Nun mag jemand einwenden: Während eine unendliche Menge nicht dadurch gebildet werden kann, dass man an einem Punkt anfängt und Glieder hinzufügt, könnte dennoch eine unendliche Menge gebildet werden, indem man niemals bei einem Punkt anfängt, sondern an einem Punkt endet, das heißt, an einem Punkt endet, nachdem man ein Glied nach dem andern von Ewigkeit her hinzugefügt hat. Doch diese Methode erscheint sogar noch unglaubwürdiger als die erste Methode. Wenn man nicht bis zu Unendlich zählen kann, wie kann man dann von Unendlich herunterzählen? Wenn man das Unendliche nicht überschreiten kann, indem man sich in eine Richtung bewegt, wie kann man es dann überschreiten, indem man sich einfach in die Gegenrichtung bewegt?

In der Tat, die Vorstellung von einer Reihe ohne Anfang, die in der Gegenwart endet, scheint absurd. Hier nur eine Illustration dazu: Nehmen wir an, wir treffen einen Mann, der behauptet, er habe von Ewigkeit her heruntergezählt und sei nun damit fast fertig: …. -3,-2,-1, 0. Wir könnten fragen, weshalb er nicht gestern oder vorgestern oder vor einem Jahr damit fertig wurde? Bis dahin wäre doch schon eine unendliche Zeit verstrichen, sodass er bis dahin bereits hätte fertig sein sollen. Somit könnten wir zu keinem Zeitpunkt in der unendlichen Vergangenheit den Mann dabei antreffen, wie er dabei ist, seinen Countdown zu beenden, denn bis zu diesem Zeitpunkt sollte er ihn bereits beendet haben! Ja, egal, wie weit wir in die Vergangenheit zurückgehen, wir können niemals den Mann überhaupt zählend antreffen, denn zu jedem Zeitpunkt, den wir erreichen, wird er bereits fertig sein. Aber wenn wir ihn zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit zählend antreffen, widerspricht dies der Hypothese, dass er bereits die Ewigkeit hindurch gezählt hat. Dies illustriert die Tatsache, dass die Bildung einer aktualen Unendlichkeit durch aufeinanderfolgende Addition in gleicherweise unmöglich ist, ob man nun bis zur Unendlichkeit hinauf- oder von ihr herabzählt.

Prämisse (2.22) setzt eine dynamische Sicht der Zeit voraus, gemäß welcher Ereignisse sich in einer Aufeinanderfolge aktualisieren, eines nach dem andern. Die Reihe von Ereignissen ist nicht eine Art zeitlos bestehender Weltlinie, die nacheinander in unser Bewusstsein tritt. Vielmehr ist das Werden real und essenziell für den zeitlichen Vorgang. Nun hat diese Sicht der Zeit durchaus ihre Herausforderer, doch auf ihre Einwände in diesem Artikel einzugehen, würde uns zu weit wegführen. [15] In diesem Artikel müssen wir uns mit der Tatsache begnügen, dass unsere Argumentation mit unserer gewöhnlichen Wahrnehmung zeitlichen Werdens und mit einer guten Anzahl zeitgenössischer Zeit- und Raumphilosophen übereinstimmt.

Angesichts der Wahrheit von (2.21) und (2.22) folgt daraus logisch der Schluss (2.23). Wenn das Universum nicht vor einer endlichen Zeit anfing zu existieren, dann könnte der gegenwärtige Moment niemals ankommen. Doch offensichtlich ist er angekommen. Darum wissen wir, dass das Universum in der Vergangenheit endlich ist und anfing zu existieren.

Wiederum wäre es lohnend, verschiedene Einwände zu betrachten, die gegen diese Argumentation hervorgebracht worden sind. Gegen (2.21) wendet Mackie ein, das Argument gehe unerlaubterweise von einem unendlich fernen Anfangspunkt in der Vergangenheit aus und erkläre es dann für unmöglich, von diesem Punkt bis zum Heute zu gelangen. Aber in einer unendlichen Vergangenheit gäbe es keinen Anfangspunkt, nicht einmal einen unendlich entfernten. Jedoch von jedem gegebenen Zeitpunkt in der unendlichen Vergangenheit besteht nur eine endliche Entfernung bis zur Gegenwart. [16] Nun scheint mir, dass Mackies Behauptung, das Argument setze einen unendlich fernen Anfangspunkt voraus, ganz und gar unbegründet ist. Die anfangslose Beschaffenheit der Reihe dient nur dazu, die Schwierigkeit deutlicher zu machen, sie durch aufeinanderfolgende Addition zu bilden. Die Tatsache, dass es überhaupt keinen Anfang gibt, nicht einmal einen unendlich weit entfernten, macht das Problem noch mehr und nicht weniger irritierend. Und das Argument, dass es von jeglichem Augenblick in der unendlichen Vergangenheit nur eine begrenzte zeitliche Entfernung zur Gegenwart gibt, kann als irrelevant abgetan werden. Die Frage lautet nicht, wie irgendein endlicher Teil der zeitlichen Reihe gebildet werden kann, sondern wie die gesamte unendliche Reihe gebildet werden kann. Wenn Mackie denkt, weil jeder endliche Teil der Reihe durch aufeinanderfolgende Addition gebildet werden kann, könne auch die gesamte Reihe so gebildet werden, dann begeht er damit einfach den Trugschluss der Komposition.

Sorabji wendet in ähnlicher Weise ein, der Grund, weshalb es unmöglich sei, von der Unendlichkeit herabzuzählen, sei der, dass zum Zählen von Natur aus gehöre, bei einer Anfangszahl zu beginnen, die ja in diesem Fall fehlt. Aber einen unendlichen Ablauf von Jahren zu Ende zu zählen, beinhalte kein Anfangsjahr und sei darum möglich. [17] Doch diese Erwiderung ist eindeutig unzureichend, denn wie wir gesehen haben, könnten die Jahre einer unendlichen Vergangenheit mit Hilfe der negativen Zahlen aufgezählt werden. In diesem Fall würde eine vollendete Unendlichkeit von Jahren tatsächlich implizieren, dass man ohne Anfang von der Ewigkeit her herabzählt. Sorabji nimmt dieses Gegenargument jedoch vorweg und behauptet, ein solcher Countdown sei im Prinzip möglich und zeige deshalb kein logisches Hindernis für das Verstreichen einer Unendlichkeit von vergangenen Jahren auf. Noch einmal jedoch: Die Frage, die ich stelle, lautet nicht, ob in einer solchen Vorstellung ein logischer Widerspruch liegt, sondern ob ein solcher Countdown nicht metaphysisch absurd sei. Denn wir haben gesehen, dass ein solcher Countdown bereits zu jedem beliebigen Zeitpunkt hätte vollendet sein müssen.

Sorabji hält wiederum eine Antwort bereit: Zu sagen, der Countdown solle zu jedem Zeitpunkt bereits vorbei sein, verwechsle das Zählen einer Unendlichkeit von Zahlen mit dem Zählen aller Zahlen. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit wird der ewige Zähler bereits eine Unendlichkeit negativer Zahlen gezählt haben, doch folge daraus nicht, dass er bereits alle negativen Zahlen gezählt haben wird.

Ich denke nicht, dass das Argument diese vermeintliche Äquivokation begeht. Dies lässt sich dadurch deutlich machen, dass man den Grund untersucht, warum unser ewig Zählender angeblich fähig sei, das Zählen der negativen Zahlen zu vollenden, indem er bei Null endet. Um die Möglichkeit dieser intuitiv unmöglichen Tat zu rechtfertigen, beruft sich der Gegner des Argumentes auf das sogenannte Korrespondenzprinzip, das in der Mengenlehre verwendet wird, um zu bestimmen, ob zwei Mengen äquivalent sind (d. h., dieselbe Anzahl von Gliedern haben), indem man die Glieder der einen Menge mit den Gliedern der anderen Menge abgleicht und umgekehrt.

Auf der Grundlage dieses Prinzips argumentiert derjenige, der den Einwand erhebt: Da der Zählende, sagen wir, eine unendliche Zahl von Jahren gelebt hat und da die Menge der vergangenen Jahre in eine 1:1-Korrespondenz mit der Menge der negativen Zahlen gesetzt werden kann, folgt daraus, dass ein ewig Zählender, indem er eine Zahl pro Jahr zählt, einen Countdown der negativen Zahlen bis zum gegenwärtigen Jahr beenden würde.

Sollten wir dann fragen, warum der Zählende denn nicht nächstes Jahr oder in hundert Jahren fertig würde, würde derjenige, der den Einwand erhebt, antworten, dass vor dem gegenwärtigen Jahr bereits eine unendliche Zahl von Jahren vergangen sein wird, sodass durch das Korrespondenzprinzip alle Zahlen bis jetzt gezählt sein sollten.

Doch diese Argumentationsweise fällt auf den Einwanderheber selbst zurück: Denn wie wir gesehen haben, aus diesem Grund hätte der Zählende bereits zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit seine Zählung aller Zahlen beendet haben sollen, denn zwischen den Jahren der Vergangenheit und den negativen Zahlen besteht eine 1:1-Korrespondenz. Somit besteht keine Äquivokation zwischen dem Zählen einer Unendlichkeit von Zahlen und dem Zählen aller Zahlen. Doch an diesem Punkt fällt etwas noch viel Absurderes ins Auge: Denn, nehmen wir an, es gäbe einen anderen Zählenden, der mit der Geschwindigkeit von einer negativen Zahl pro Tag zählte. Gemäß dem Korrespondenzprinzip, das der Theorie von der unendlichen Menge und der transfiniten Arithmetik zugrunde liegt, werden unsere beiden ewig Zählenden ihre Countdowns im gleichen Moment beenden, obwohl einer 365mal schneller zählt als der andere! Kann irgendjemand glauben, dass solche Szenarios wirklich in der Realität zu Geltung kommen und nicht vielmehr das Ergebnis eines imaginären Spieles darstellen, das in einer reinen Vorstellungswelt nach den Regeln angenommener logischer Konventionen und Axiome verläuft?

Was Prämisse (2.22) betrifft, so haben viele Denker den Einwand erhoben, wir müssten nicht die Vergangenheit als eine unendliche Reihe ohne Anfang mit einem Ende in der Gegenwart betrachten. Popper beispielsweise gesteht zu, dass die Menge aller vergangenen Ereignisse aktual unendlich sei, vertritt aber, dass die Reihe der vergangenen Ereignisse potenziell unendlich ist. Dies könne daran erkannt werden, dass man in der Gegenwart beginnt und die Ereignisse rückwärts zählt und so eine potenzielle Unendlichkeit bildet. Darum entstehe nicht das Problem eines aktual Unendlichen, das durch aufeinanderfolgende Addition gebildet wird. [18]

In ähnlicher Weise gibt Swinburne zu bedenken, dass es zweifelhaft sei, ob eine vervollständigte unendliche Reihe ohne Anfang, aber mit einem Ende, Sinn ergebe. Doch schlägt er vor, das Problem zu lösen, indem man in der Gegenwart beginnt und in die Vergangenheit zurückgeht, sodass die Reihe der vergangenen Ereignisse kein Ende hat und darum keine fertige Unendlichkeit darstellt. [19] Dieser Einwand verwechselt jedoch den mentalen Regress des Zählens mit dem wirklichen Progress der zeitlichen Reihe der Ereignisse selbst. Die Reihe von der Gegenwart aus rückwärts zu zählen, zeigt nur: Wenn es eine unendliche Anzahl von vergangenen Ereignissen gäbe, dann könnten wir eine unendliche Anzahl von vergangen Ereignissen zurückzählen.

Doch das Problem lautet: Wie kann diese unendliche Menge von Ereignissen durch aufeinanderfolgende Addition gebildet werden? Wie wir uns die Reihe mental vorstellen, beeinflusst keineswegs den ontologischen Charakter der Reihe selbst als einer Reihe ohne Anfang, aber mit einem Ende, oder in anderen Worten, als einer aktualen Unendlichkeit, die durch aufeinanderfolgende Addition vervollständigt wird.

Wiederum ist zu sagen: Dann erscheinen die Einwände auf (2.21) und (2.22) weniger plausibel als die Prämissen selbst. Gemeinsam implizieren sie (2.23) bzw., dass das Universum anfing zu existieren.

Erste wissenschaftliche Bestätigung

Diese rein philosophischen Argumente für den Anfang des Universums haben durch Entdeckungen im Bereich der Astronomie und Astrophysik im Laufe des letzten Jahrhunderts bemerkenswerte Bestätigungen erhalten. Diese könnten unter zwei Überschriften zusammengefasst werden: Die Bestätigung durch die Ausdehnung des Universums und die Bestätigung durch die thermodynamischen Eigenschaften des Universums.

Was die erste Entdeckung betrifft: Hubbles Entdeckung der Rotverschiebung im Licht aus fernen Galaxien begann eine Revolution in der Astronomie, die an Bedeutung vielleicht der kopernikanischen Wende gleichkommt. Vor dieser Zeit wurde das Universum als Ganzes als statisch betrachtet. Aber der überraschende Schluss, zu dem Hubble geführt wurde, lautete, dass die Rotverschiebung durch die Tatsache bedingt ist, dass sich das Universum in Wirklichkeit ausdehnt. Die atemberaubende Implikation dieser Tatsache lautet: Wenn man die Ausdehnung zeitlich zurückverfolgt, wird das Universum immer dichter und dichter, bis man zu einem Punkt unendlicher Dichte gelangt, von dem aus das Universum sich auszudehnen begann. Das Ergebnis von Hubbles Entdeckung war, dass an einem bestimmten Punkt in der begrenzten Vergangenheit – vermutlich vor ungefähr 15 Milliarden Jahren – das gesamte bekannte Universum auf einen einzelnen mathematischen Punkt kontrahiert war, der den Ursprung des Universums markierte. Diese initiale Explosion wurde als „Urknall“ bekannt. Vier der berühmtesten Astronomen der Welt beschrieben dieses Ereignis mit folgenden Worten:

Das Universum nahm aus einem Zustand unendlicher Dichte seinen Anfang… Raum und Zeit wurden bei diesem Ereignis erschaffen und ebenso alle Materie im Universum. Es ist nicht sinnvoll zu fragen, was vor dem Urknall geschah. Das wäre so, als stelle man die Frage, was denn nördlich des Nordpols liegt. Gleicherweise ist es nicht vernünftig zu fragen, wo der Urknall stattfand. Das Punkt-Universum war kein isoliertes Objekt im Raum. Es war das gesamte Universum, und somit kann die Antwort nur lauten, dass der Urknall überall stattfand. [20]

Dieses Ereignis, das den Anfang des Universums markierte, wird umso erstaunlicher, wenn man über die Tatsache nachdenkt, dass ein Zustand „unendlicher Dichte” synonym mit „Nichts” ist. Es kann kein Objekt geben, das unendliche Dichte besitzt, denn wenn es überhaupt irgendeinen Umfang hat, dann könnte es immer noch größere Dichte besitzen. Darum fordert, wie der Cambridger Astronom Fred Hoyle darlegt, die Urknall-Theorie die Erschaffung der Materie aus dem Nichts. Der Grund dafür ist: Wenn man zeitlich zurückgeht, gelangt man zu einem Punkt, an dem, nach den Worten Hoyles, das Universum „zu überhaupt nichts zusammengeschrumpft war”. [21] Was also das Urknallmodell des Universums zu fordern scheint, ist, dass das Universum anfing zu existieren und aus dem Nichts erschaffen wurde.

Einige Theoretiker haben versucht, den durch die Urknalltheorie implizierten absoluten Anfang des Universums zu vermeiden, indem sie spekulierten, dass das Universum eine unendliche Reihe von Expansionen und Kontraktionen durchlaufe. Es gibt jedoch gute Gründe, die Angemessenheit eines solchen oszillierenden Modells des Universums anzuzweifeln: (i) Das oszillierende Modell scheint physikalisch unmöglich zu sein. Trotz allen Redens über solche Modelle scheint es eine Tatsache zu sein, dass diese Modelle nur theoretisch, aber nicht physikalisch möglich sind. Wie die verstorbene Professorin Beatrice Tinsley von der Yale-Universität zu oszillierenden Modellen erklärt: „Obwohl Mathematiker sagen, das Universum oszilliere, gibt es keine bekannte Physik, um den Kollaps reversibel zu machen und durch einen Rückprall in eine erneute Expansion zu gelangen. Die Physik scheint zu sagen, dass diese Modelle mit dem Urknall ihren Anfang nehmen, sich ausdehnen, kollabieren und dann enden.“ [22]

Es scheint, als müssten die die bekannten Naturgesetze revidiert werden, damit das oszillierende Modell korrekt sein kann,. (ii) Das oszillierende Modell scheint von der Beobachtung her unhaltbar zu sein. Zwei Tatsachen der beobachtenden Astronomie scheinen dem oszillierenden Modell zuwider zu laufen. Erstens: Die beobachtete Homogenität der Materieverteilung im ganzen Universum scheint auf der Grundlage eines oszillierenden Modells unerklärlich. Während der Kontraktionsphase eines solchen Modells beginnen schwarze Löcher, Materie in ihrer Umgebung zu verschlucken, was zu einer inhomogenen Verteilung der Materie führt. Aber es gibt keinen bekannten Mechanismus, um diese Inhomogenität während der nachfolgenden Expansionsphase „auszubügeln“. Somit bliebe die Homogenität der Materie, die im ganzen Universum beobachtet wird, unerklärt. Zweitens: Die Dichte des Universums scheint für eine erneute Kontraktion des Universums nicht ausreichend zu sein. Damit das oszillierende Modell auch nur möglich ist, ist es notwendig, dass das Universum ausreichend dicht ist, damit die Schwerkraft die Kraft der Ausdehnung überwinden und das Universum wieder zusammenziehen kann. Jedoch besitzt das Universum laut bester Schätzungen, wenn man sowohl leuchtende Materie als auch nicht-leuchtende Materie (die in galaktischen Lichthöfen gefunden wird) und auch jede mögliche Verteilung von Neutrino-Teilchen auf die gesamte Masse mitberücksichtigt, immer noch nur die Hälfte der für eine erneute Kontraktion benötigten Dichte. [23]

Ferner bestätigen neuere Arbeiten über die Berechnung der Schnelligkeit und Entschleunigung der Ausdehnung, dass das Universum sich sozusagen in „Fluchtgeschwindigkeit“ ausdehnt und sich darum nicht wieder zusammenziehen wird. Laut Sandage und Tammann sind wir „daher gezwungen, zu befinden, dass … es unausweichlich scheint, dass sich das Universum für immer ausdehnen wird“. Sie kommen daher zu der Schlussfolgerung, dass „das Universum sich nur einmal ereignet hat.“ [24]

Zweite wissenschaftliche Bestätigung

Als ob dies noch nicht ausreiche, gibt es noch eine zweite wissenschaftliche Bestätigung für den Anfang des Universums, die auf den thermodynamischen Eigenschaften verschiedener kosmologischer Modelle basiert. Laut dem zweiten Satz der Thermodynamik neigen Prozesse, die in einem geschlossenen System stattfinden, stets dazu, einen Zustand des Äquilibriums anzunehmen.

Unser Interesse besteht nun darin, welche Implikationen dieser Satz auf die Anwendung des Universums als Ganzes hat; denn das Universum ist ein gigantisches geschlossenes System, da es alles ist, was es überhaupt gibt, und keine Energie von außen zugeführt wird. Der zweite Satz scheint zu implizieren, dass, unter der Voraussetzung hinreichend langer Zeit, das Universum einen Zustand des thermodynamischen Äquilibriums erreichen wird, welcher als der „Wärmetod“ des Universums bekannt ist.

Dieser Tod mag warm oder kalt sein, je nach dem, ob das Universum sich für immer ausdehnt oder sich schließlich wieder zusammenzieht. Einerseits: Wenn die Dichte des Universums groß genug ist, um die Kraft der Ausdehnung zu überwinden, wird sich das Universum zu einem heißen Feuerball zusammenziehen. Während das Universum sich zusammenzieht, verbrennen die Sterne schneller, bis sie schließlich explodieren oder verdunsten. Während das Universum dichter wird, beginnen die schwarzen Löcher, alles um sich herum zu verschlucken und selbst zu verschmelzen, bis alle schwarzen Löcher schließlich zu einem gigantischen schwarzen Loch verschmelzen, das sich mit dem Universum zusammenzieht und aus dem es niemals wieder auftauchen wird. Andererseits: Wenn die Dichte des Universums nicht ausreichend ist, um die Ausdehnung zu stoppen, was wahrscheinlicher scheint, dann werden die Galaxien all ihr Gas in Sterne verwandeln und die Sterne werden ausbrennen. In 10[30] Jahren wird das Universum zu 90 % aus toten Sternen, zu 9 % aus riesengroßen Schwarzen Löchern und zu 1 % aus Atommaterie bestehen. Die Elementarteilchenphysik legt nahe, dass danach Protonen in Elektronen und Positronen zerfallen werden, sodass der Weltraum mit einem verdünnten Gas gefüllt sein wird, das so dünn ist, dass die Entfernung zwischen einem Elektron und einem Positron in etwa die Größe der gegenwärtigen Galaxie umfasst. In 10[100] Jahren, glauben einige Wissenschaftler, werden sich die Schwarzen Löcher selbst in Strahlung und Elementarteilchen auflösen. Am Ende wird die ganze Materie in dem dunklen, kalten, sich beständig ausdehnenden Universum auf ein ultradünnes Gas von Elementarteilchen und Strahlung reduziert sein. Überall wird Äquilibrium herrschen, und das gesamte Universum wird sich in seinem Endzustand befinden, von dem aus keine Veränderung mehr stattfinden wird.

Die Frage, die nun gestellt werden muss, ist Folgende: Wenn das Universum nach hinreichend langer Zeit den Zustand des Wärmetodes erreichen wird, warum befindet es sich dann nicht jetzt in einem Zustand des Wärmetodes, wenn es doch seit unendlicher Zeit existiert hat? Wenn das Universum nicht angefangen hat zu existieren, dann sollte es sich nun in einem Zustand des Äquilibriums befinden. Einige Theoretiker haben vorgeschlagen, dass das Universum dem endgültigen Wärmetod dadurch entkommt, dass es aus ewiger Vergangenheit in die ewige Zukunft oszilliert. Doch wir haben bereits gesehen, dass ein solches Modell physikalisch und aufgrund von Messungen nicht haltbar ist. Aber selbst, wenn wir solche Überlegungen abtun und annehmen, dass das Universum oszilliert, ist es doch eine Tatsache, dass die thermodynamischen Eigenschaften dieses Modells genau den Anfang des Universums implizieren, den dessen Vertreter zu umgehen suchen. Denn die thermodynamischen Eigenschaften eines oszillierenden Modells sind der Art, dass sich das Universum mit jedem aufeinanderfolgenden Zyklus weiter und weiter ausdehnt. Wenn man also die Ausdehnungen zeitlich zurückverfolgt, so werden sie kleiner und kleiner. Wie ein wissenschaftliches Team erklärt: „Der Effekt der Entropieerzeugung wird der sein, dass der Umfang des Kosmos von Zyklus zu Zyklus größer wird. … Wenn man also zeitlich zurückschaut, dann erzeugte jeder Zyklus weniger Entropie, hatte eine geringere Zykluszeit und einen kleineren Zyklusexpansionsfaktor als der auf ihn folgende Zyklus.“ [25]

Novikov und Zeldovich vom Institut für angewandte Mathematik in der sowjetischen Akademie der Wissenschaften kommen deshalb zu dem Schluss: „Das multizyklische Modell hat eine unendliche Zukunft, aber nur eine begrenzte Vergangenheit.“ [26] Wie ein anderer Schreiber ausführt: Das oszillierende Modell des Universums erfordert also immer noch einen Ursprung des Universums, der seinem kleinsten Zyklus vorausgeht. [27]

Egal welches Szenario man also auch für die Zukunft des Universums wählt – die Thermodynamik impliziert, dass das Universum anfing zu existieren. Laut dem Physiker P. C. W. Davies muss das Universum vor einer begrenzten Zeit erschaffen worden sein und sich im Prozess des Abbaus befinden. Vor der Schöpfung existierte das Universum einfach nicht. Darum, so folgert Davies, auch wenn es uns nicht gefallen mag, müssen wir zu dem Schluss kommen, dass die Energie des Universums irgendwie einfach bei der Schöpfung als initialer Zustand „hineingelegt“ wurde.  [28]

Somit haben wir für den Anfang des Universums sowohl ein philosophisches Argument als auch wissenschaftliche Bestätigung. Ich denke, dass wir auf dieser Grundlage reichlich gerechtfertigt sind, auf die Wahrheit von Prämisse (2) zu schließen, nämlich, dass das Universum angefangen hat zu existieren.

Erste Prämisse

Prämisse (1) erscheint mir relativ unumstritten. Sie basiert auf der metaphysischen Intuition, dass etwas nicht aus nichts kommen kann. Daher neigt jegliches Argument zugunsten des Prinzips dazu, weniger offensichtlich zu sein als das Prinzip selbst. Selbst der große Skeptiker David Hume räumte ein, er habe niemals eine solch absurde Behauptung aufgestellt wie die, dass etwas ohne Ursache entstehen könne. Er habe nur verneint, dass man das offensichtlich wahre kausale Prinzip beweisen könne. [29]

In Bezug auf das Universum betrachtet: Wenn es ursprünglich absolut Nichts gab – keinen Gott, keinen Raum, keine Zeit – wie konnte das Universum dann wohl anfangen zu existieren? Die Wahrheit des Prinzips ex nihilo, nihil fit liegt so sehr auf der Hand, dass ich denke, wir sind darin gerechtfertigt, auf eine ausgefeilte Verteidigung der ersten Prämisse des Argumentes zu verzichten.

Dennoch fühlten sich einige Denker, die darin geübt sind, den in dieser Prämisse im Rahmen des vorliegenden Kontextes implizierten Theismus zu vermeiden, gedrungen, diese Wahrheit zu leugnen. Um ihre theistischen Implikationen zu vermeiden, bietet Davies ein Szenario, das, so gesteht er, „nicht zu ernst genommen werden sollte“, welches aber auf Davies eine mächtige Anziehungskraft auszuüben scheint. [30]

Er bezieht sich auf eine Quantentheorie der Gravität, gemäß welcher die Raumzeit selbst aus dem absoluten Nichts unverursacht ins Dasein springen könnte. Gleichzeitig gibt er zu: „Es gibt immer noch keine befriedigende Quantentheorie der Gravität“. Eine solche Theorie „würde ermöglichen, dass Raumzeit unverursacht spontan erschaffen und zerstört wird, in derselben Weise wie Partikel unverursacht erschaffen und spontan zerstört werden. Die Theorie würde eine gewisse mathematisch bestimmte Wahrscheinlichkeit nach sich ziehen, dass, beispielsweise, ein Weltraumkügelchen dort in Erscheinung tritt, wo zuvor keines existierte. Somit könnte Raumzeit als Folge eines ursachlosen Quantenphasenübergangs aus dem Nichts hervorkommen.“ [31]

Nun impliziert in der Tat die Teilchenproduktion keine Analogie für dieses radikale Werden ex nihilo, wie Davies es zu implizieren scheint. Selbst, wenn dieses Quantenphänomen eine Ausnahme zu dem Prinzip darstellt, dass jedes Ereignis eine Ursache hat, liefert es keine Analogie dafür, dass einige Dinge aus dem Nichts ins Dasein kommen. Obwohl Physiker davon als Partikelpaarschaffung und Vernichtung sprechen, sind solche Termini philosophisch irreführend, denn alles, was wirklich geschieht, ist Verwandlung von Energie in Materie oder umgekehrt.

Wie Davies zugibt: „Die Prozesse, die hier beschrieben werden, stellen nicht die Erschaffung von Materie aus dem Nichts dar, sondern die Umwandlung zuvor existierender Energie in materielle Form.“ [32] Von daher führt Davies seine Leser sehr irre, wenn er behauptet, dass “Partikel … von nirgendwo her ohne spezifische Verursachung auftauchen können“ und an anderer Stelle: „Doch die Welt der Quantenphysik produziert routinemäßig etwas umsonst, d. h., aus dem Nichts.“ [33] Im Gegenteil, die Welt der Quantenphysik produziert niemals etwas umsonst, d. h. aus dem Nichts.

Doch man betrachte die Sache an sich: Quantengravität wird so wenig verstanden, dass die Periode vor 10[-43] Sek, welche diese Theorie zu beschreiben hofft, von einem Witzbold mit den Gebieten auf den Landkarten alter Kartografen verglichen wurde, die mit dem Satz markiert waren „hier wohnen die Drachen“. Sie können leicht mit jeglicher Art von Fantasien gefüllt werden. In der Tat scheint kein guter Grund für die Annahme zu bestehen, dass eine solche Theorie die Art von spontanem Entstehen ex Thilo beinhaltet, wie Davies sie vorschlägt. Eine Quantentheorie der Gravität verfolgt vielmehr das Ziel, eine Gravitationstheorie zu liefern, die auf dem Austausch von Partikeln (Gravitonen) basiert, und nicht eine Geometrie des Weltraums, die dann in eine „große vereinheitlichte Theorie“ eingebracht werden kann, welche alle Kräfte der Natur in einen supersymmetrischen Zustand vereinigt, in dem eine Grundkraft und eine einzige Art von Partikel existieren. Aber nichts daran scheint die Möglichkeit eines spontanen Werdens ex nihilo nahezulegen. Ja, es ist überhaupt nicht einmal klar, ob Davies Darstellung auch nur verständlich ist. Was kann beispielsweise mit der Behauptung gemeint sein, es gäbe eine mathematische Wahrscheinlichkeit, dass das Nichts eine Region von „Raumzeit“ hervorbringen könne, „wo keine zuvor bestand?“ Es kann nicht bedeuten, dass bei hinlänglich ausreichender Zeit, eine Region der Raumzeit an einem bestimmten Ort ins Dasein springt, da weder Raum noch Zeit getrennt von der Raumzeit existieren. Die Vorstellung einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass Etwas aus dem Nichts hervorkommt, erscheint somit inkohärent.

Das erinnert mich an einige Bemerkungen von A. N. Prior in Bezug auf ein Argument erinnert, das Jonathan Edwards gegen die Annahme vorbrachte, etwas entstünde unverursacht aus dem Nichts. Dies sei, so Edwards, unmöglich, denn ansonsten wäre es unerklärlich, warum nicht einfach irgendetwas und alles unverursacht entstehen kann bzw. entsteht. Man kann nicht erwidern, dass nur Dinge von bestimmter Natur unverursacht entstehen, da sie vor ihrer Existenz keine Natur haben, die ihre Entstehung kontrollieren könnte. Prior traf eine kosmologische Anwendung von Edwards Argumentation, indem er die von dem Steady-State-Modell postulierte kontinuierliche Schöpfung von e Atomen ex nihilo kommentierte:

Es ist nicht Teil der Hoyle’schen Theorie, dass dieser Prozess ohne Ursache ist, aber ich möchte dazu konkreter werden und sagen, wenn er ohne Ursache ist, dann ist das, was da angeblich geschieht, fantastisch und unglaublich. Wenn es für Objekte – Objekte, die nun wirklich Objekte sind, ,Substanzen, mit Fähigkeiten ausgestattet‘ – möglich ist, ohne einen Grund anzufangen zu existieren, dann ist es unglaublich, dass sie sich alle als Objekte derselben Art herausstellen sollten, nämlich als Wasserstoffatome. Die besondere Natur der Wasserstoffatome kann es wohl nicht sein, was einen solchen Existenzanfang für sie, aber nicht für Objekte irgendeiner anderen Art ermöglicht, denn Wasserstoffatome haben diese Natur ja nicht, bevor sie da sind, um sie zu haben, d. h., bis ihr Existenzanfang bereits geschehen ist. Das ist in der Tat Edwards Argument und hier erscheint es wirklich als vollkommen stichhaltig. … [34]

Wenn denn nun in dem vorliegenden Fall ursprünglich absolut Nichts existierte, warum sollte es denn dann die Raumzeit sein, die spontan aus dem Vakuum herausspringt, anstatt, sagen wir, Wasserstoffatome oder sogar Kaninchen? Wie kann man über die Wahrscheinlichkeit sprechen, dass irgendein spezielles Ding aus dem Nichts ins Dasein springt?

Davies scheint bei einer Gelegenheit so zu antworten, als ob die Naturgesetze der kontrollierende Faktor seien, der bestimmt, was unverursacht ins Dasein springen könne: „Aber wie ist das mit den Gesetzen? Sie müssen am Anfang ‚da‘ sein, damit das Universum entstehen kann. Quantenphysik muss (in gewisser Weise) existieren, damit ein Quantenphasenübergang den Kosmos erst einmal erzeugen kann.“ [35]

Dies erscheint nun außerordentlich sonderbar. Davies schreibt anscheinend den Naturgesetzen selbst eine Art ontologischen und kausalen Status zu, sodass sie spontanes Werden bedingen. Doch dies scheint eindeutig starrköpfig: Die Naturgesetze selbst verursachen oder bedingen nichts. Sie sind einfach propositionale Beschreibungen bestimmter Art und eine Verallgemeinerung von dem, was in diesem Universum tatsächlich geschieht. Und die Frage, die Edwards aufwirft, lautet: Warum sollte es, wenn es absolut nichts gäbe, wahr sein, dass irgendein bestimmtes Ding statt eines anderen unverursacht im Dasein auftaucht? Es ist sinnlos, zu behaupten, dies gehöre irgendwie zur Natur der Raumzeit, denn wenn es absolut nichts gäbe, dann hätte es auch keine Natur gegeben, die bestimmt, dass die Raumzeit ins Dasein springt.

Wenn man es jedoch noch grundlegender betrachtet, dann ist das, was Davies sich vorstellt, gewisslich metaphysischer Unsinn. Obwohl sein Szenario sich als eine wissenschaftliche Theorie darbietet, sollte jemand mutig genug sein, um darauf hinzuweisen, dass der Kaiser keine Kleider trägt.

Entweder bestanden die notwendigen und ausreichenden Bedingungen für das Erscheinen der Raumzeit oder nicht. Wenn ja, dann ist es nicht wahr, dass nichts existierte. Wenn nicht, dann erschiene es ontologisch unmöglich, dass Dasein aus absolutem Nicht-Sein entstehen sollte. Ein solches spontanes aus-dem-Nichtsein-ins-Dasein-springen als „Quantenphasenübergang“ zu bezeichnen oder es der „Quantengravität“ zuzuschreiben, erklärt nichts. In der Tat, auf dieser Grundlage gibt es keine Erklärung. Es ereignet sich einfach.

Aus diesem Grunde scheint mir, dass Davies keine plausible Grundlage für die Leugnung der Wahrheit der ersten Prämisse des kosmologischen Argumentes geboten hat. Dass alles, was anfängt zu existieren, eine Ursache hat, scheint eine ontologisch notwendige Wahrheit zu sein, eine, die in unserer Erfahrung ständig bestätigt wird.

Schlussfolgerung

Setzt man die Wahrheit der Prämissen (1) und (2) voraus, so folgt daraus logisch, dass (3) das Universum eine Ursache für seine Existenz hat. Ja, ich denke, es lässt sich plausibel argumentieren, dass die Ursache des Universums ein persönlicher Schöpfer sein muss. Denn wie sonst könnte eine zeitliche Wirkung aus einer ewigen Ursache hervorgehen? Wenn die Ursache lediglich eine mechanisch wirkende Menge von notwendigen und ausreichenden Bedingungen wäre, die von Ewigkeit her existieren, warum würde dann die Wirkung nicht auch von Ewigkeit her existieren? Wenn beispielsweise der Grund für das Frieren des Wassers der ist, dass die Temperatur unter null Grad liegt, dann wäre, wenn die Temperatur, seit Ewigkeit unter null Grad läge, jegliches vorhandenes Wasser seit Ewigkeit gefroren.

Die einzige Möglichkeit, eine ewige Ursache und dennoch eine zeitliche Wirkung zu haben, scheint die zu sein, dass die Ursache ein persönlicher Agent ist, der sich aus freien Stücken entscheidet, eine Wirkung in der Zeit zu schaffen. Beispielsweise könnte ein Mann, der seit Ewigkeit sitzt, sich entscheiden, aufzustehen. Somit könnte eine zeitliche Wirkung von einem ewig existierenden Akteur ausgehen. Ja, der Akteur mag sogar von Ewigkeit her eine zeitliche Wirkung schaffen wollen, sodass man keine Veränderung in dem Akteur feststellen muss. Somit führt uns das Argument nicht nur zu der ersten Ursache des Universums, sondern zu dessen persönlichem Schöpfer.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Wir konnten hier sowohl auf Grundlage des philosophischen Arguments als auch wissenschaftlicher Bestätigung zeigen, dass es plausibel ist, dass das Universum anfing zu existieren. Angesichts des intuitiv einsichtigen Prinzips, dass, was auch immer anfängt zu existieren, eine Ursache für seine Existenz hat, sind wir zu der Schlussfolgerung gekommen, dass das Universum eine Ursache für seine Existenz hat.

Auf der Grundlage unseres Argumentes müsste diese Ursache unverursacht, ewig, unveränderbar, zeitlos und immateriell sein. Ferner müsste sie ein persönlicher Akteur sein, der sich aus freien Stücken entscheidet, eine Wirkung in der Zeit zu schaffen. Somit folgere ich auf der Grundlage des kosmologischen kalam-Argumentes, dass es vernünftig ist, zu glauben, dass Gott existiert.

(Übers.: B. Currlin)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/the-existence-of-god-and-the-beginning-of-the-universe#ixzz3WpBA6laQ

  • [1]

    G.W. Leibniz, "The Principles of Nature and of Grace, Based on Reason," in Leibniz Selections, ed. Philip P. Wiener, The Modern Student's Library (New York: Charles Scribner's Sons, 1951), S. 527. [Deutsche Ausgabe: Gottfried Wilhelm Leibniz. Die Vernunftprinzipien der Natur und der Gnade (Originaltitel: Principes de la nature et de la Grâce fondés en raison). 1714]. [Sofern die Quellen auf Deutsch vorhanden sind, werden die deutschen Titel in Klammern angegeben. Hier u.a. a. St. ließen sich jedoch leider nicht immer die Seitenangaben der deutschen Version ausmachen; Anm. d. Übs.].

  • [2]

    „Denn Staunen veranlasste zuerst wie noch heute die Menschen zum Philosophieren”. Aristoteles. Metaphysik, Buch Lambda, 982b.

  • [3]

    Norman Malcolm, Ludwig Wittgenstein: A Memoir (London: Oxford University Press, 1958), S. 70. [Deutsche Ausgabe: Norman Malcolm. Erinnerungen an Wittgenstein. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1987]. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [4]

    J.J.C. Smart, "The Existence of God," Church Quarterly Review 156 (1955): 194. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [5]

    G.W. Leibniz, Theodicy: Essays on the Goodness of God, the Freedom of Man, and the Origin of Evil, trans. E.M. Huggard (London: Routledge & Kegan Paul, 1951), S. 127; cf. idem, "Principles," S. 528. [Deutsche Ausgaben: G. W. Leibniz. Die Theodicee. Abhandlung über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und dem Ursprung des Lebens. Theodizee (Originaltitel: Essais de Théodicée). Amsterdam 1710. Vgl. ders. Die Vernunftprinzipien der Natur und der Gnade (Originaltitel: Principes de la nature et de la Grâce fondés en raison). 1714]. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [6]

    John Hick, "God as Necessary Being," Journal of Philosophy 57 (1960): 733-4. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [7]

    David Hume, Dialogues concerning Natural Religion, ed. with an Introduction by Norman Kemp Smith, Library of the Liberal Arts (Indianapolis: Bobbs-Merrill. 1947), S. 190. [Dtsch. Ausgabe: David Hume. Dialoge über natürliche Religion (übersetzt von Norbert Hoerster), Reclam, Stuttgart 1981]. [Übs. d. Textzitates BC]

  • [8]

    Bertrand Russell and F.C. Copleston, "The Existence of God," in The Existence of God, ed. with an Introduction by John Hick, Problems of Philosophy Series (New York: Macmillan & Co., 1964), S. 175. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [9]

    Vgl. William Lane Craig, The Cosmological Argument from Plato to Leibniz, Library of Philosophy and Religion (London: Macmillan, 1980), S. 48-58, 61-76, 98-104, 128-31.

  • [10]

    Wallace Matson, The Existence of God (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1965), S. 58-60.

  • [11]

    J.L. Mackie, The Miracle of Theism (Oxford: Clarendon Press, 1982), S. 93. [Deutsche Ausgabe: J. L. Mackie. Das Wunder des Theismus: Argumente für und gegen die Existenz Gottes. Reclam: Leipzig, 1985]. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [12]

    Quentin Smith, "Infinity and the Past," Philosophy of Science 54 (1987): 69.

  • [13]

    Richard Sorabji, Time, Creation and the Continuum (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1983), S. 213, 222-3.

  • [14]

    Charles Hartshorne, Man's Vision of God and the Logic of Theism (Chicago: Willett, Clark, & Co., 1941), S. 37.

  • [15]

    G.J. Whitrow verteidigt eine Form dieses Argumentes, die keine dynamische Sicht der Zeit voraussetzt, indem er behauptet, dass eine unendliche Vergangenheit immer noch von irgendeinem ewig dauernden, bewussten Wesen „durchlebt” werden müsste, selbst wenn die Reihenfolge physikalischer Ereignisse zeitlos fortbestehe. (G.J. Whitrow, The Natural Philosophy of Time, 2d ed. Oxford: Clarendon Press, 1980 , S. 28-32).

  • [16]

    Mackie, Theism, S. 93.

  • [17]

    Sorabji, Time, Creation, and the Continuum, S. 219-22.

  • [18]

    K.R. Popper, "On the Possibility of an Infinite Past: a Reply to Whitrow," British Journal for the Philosophy of Science 29 (1978): 47-8.

  • [19]

    R.G. Swinburne, "The Beginning of the Universe," The Aristotelian Society 40 (1966): 131-2.

  • [20]

    Richard J. Gott, et.al., "Will the Universe Expand Forever?" Scientific American (March 1976), S. 65. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [21]

    Fred Hoyle, From Stonehenge to Modern Cosmology (San Francisco: W.H. Freeman, 1972), S. 36. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [22]

    Beatrice Tinsley, persönlicher Brief. [Übs. d. Textzitates BC]

  • [23]

    David N. Schramm and Gary Steigman, "Relic Neutrinos and the Density of the Universe," Astrophysical Journal 243 (1981): S. 1-7.

  • [24]

    Alan Sandage and G.A. Tammann, "Steps Toward the Hubble Constant. VII," Astrophyscial Journal 210 (1976): 23, 7; vgl. auch dies., "Steps toward the Hubble Constant. VIII." Astrophysical Journal 256 (1982): 339-45. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [25]

    Duane Dicus, et.al. "Effects of Proton Decay on the Cosmological Future." Astrophysical Journal 252 (1982): l, 8. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [26]

    I.D. Novikov and Ya. B. Zeldovich, "Physical Processes Near Cosmological Singularities," Annual Review of Astronomy and Astrophysics 11 (1973): 401-2. [Übs. d. Textzitates BC].

  • [27]

    John Gribbin, "Oscillating Universe Bounces Back," Nature259 (1976): 16.

  • [28]

    P.C.W. Davies, The Physics of Time Asymmetry (London: Surrey University Press, 1974), S. 104.

  • [29]

    David Hume an John Stewart, Februar 1754, in The Letters of David Hume, ed. J.Y.T. Greig (Oxford: Clarendon Press, 1932), 1:187. [Übs. d. Textzitats BC]

  • [30]

    Paul Davies, God and the New Physics (New York: Simon & Schuster, 1983), S. 214. [Deutsche Ausgabe: Paul Davies. Gott und die moderne Physik. Übersetzer Karl A. Klewer. Bertelsmann: München, 1986]. [Übers. d. Textzitats BC].

  • [31]

    Ibid., S. 215. [Übs. d. Textzitats BC].

  • [32]

    Ibid., S. 31. [Übs. d. Textzitats BC].

  • [33]

    Ibid., S. 215, 216. [Übs. d. Textzitats BC].

  • [34]

    A.N. Prior, "Limited Indeterminism," in Papers on Time and Tense (Oxford: Clarendon Press, 1968), S. 65. [Übs. d. Textzitates BC]

  • [35]

    Davies, God, S. 217. [Übs. d. Textzitates BC]