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Göttliche Ewigkeit

Summary

Die Meinungen philosophischer Theologen sind in der Frage der Beziehung Gottes zur Zeit sehr geteilt. Was sind die Hauptargumente, die sie für göttliche Zeitlosigkeit und Temporalität vorgeschlagen haben?

„Divine Eternity“, in: The Oxford Handbook of Philosophical Theology, S. 145-166, hrsg. von Thomas Flint und Michael Rea, Oxford: Oxford University Press, 2009. Mit freundlicher Genehmigung der Oxford University Press, Inc. www.oup.com

„Gott“, erklärt der Prophet Jesaja, ist „der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt“ (Jes 57,15). Doch da er ein Prophet und kein philosophischer Theologe war, hielt Jesaja nicht inne, um über die Natur der göttlichen Ewigkeit nachzudenken. Ewig zu sein, bedeutet minimal, ohne Anfang und ohne Ende zu sein. Zu sagen, dass Gott ewig ist, bedeutet zumindest, dass er nie anfing, zu sein, und nie aufhören wird, zu sein. Ewig zu existieren, heißt, permanent zu existieren. [1]

Es gibt jedoch mindestens zwei Arten, wie etwas ewig existieren könnte. Eine Art wäre, omnitemporal in der unendlichen Zeit zu existieren. In diesem Fall hätte Gott von je her eine immerwährende temporale Dauer. Die andere Art, in der ein Wesen ewig existieren könnte, wäre, zeitlos zu existieren. In diesem Fall würde Gott die Zeit vollständig transzendieren, indem er weder einen temporalen Ort noch eine temporale Ausdehnung hätte. Er würde einfach in einem undifferenzierten, zeitlosen Zustand existieren.

Wenn wir die Bibel als Orientierungsgrundlage für Fragen der Theologie nehmen, ist die erste Frage, die wir stellen müssen: Spricht die biblische Lehre über die göttliche Ewigkeit eher für die eine oder eher für die andere dieser Auffassungen? Es stellt sich heraus, dass diese Frage überraschend schwierig zu beantworten ist. Auf der einen Seite ist unbestreitbar, dass die biblischen Verfasser Gott typischerweise als den schildern, der in temporalen Aktivitäten tätig ist, unter anderem durch sein Vorauswissen der Zukunft und seine Erinnerung an die Vergangenheit; und wenn sie direkt von Gottes ewiger Existenz sprechen, tun sie es in Begriffen der Anfangslosigkeit und der endlosen temporalen Dauer. Doch die Angaben sind nicht völlig einseitig. Es gibt zumindest einige Belege dafür, dass Gott, wenn er in seiner Beziehung zur Schöpfung betrachtet wird, als transzendenter Schöpfer der Zeit und der Zeitalter zu verstehen ist, der somit außerhalb der Zeit existiert (1 Mo 1,1; Spr 8,22-23; 1 Kor 2,7; 2 Tim 1,9; Tit 1,2-3; Judas 25). Die biblischen Angaben sind also nicht ausreichend determinativ, und man scheint gezwungen, mit James Barr den Schluss zu ziehen: „Wenn so etwas wie eine christliche Lehre der Zeit entwickelt werden soll, dann muss das Werk, sie zu erörtern und zu entwickeln, Aufgabe nicht der biblischen, sondern der philosophischen Theologie sein.“ [2]

Die Frage, um die es hier geht, ist Gottes Beziehung zur Zeit: Existiert Gott temporal oder atemporal? Gott existiert dann und nur dann temporal, wenn er in der Zeit existiert, das heißt, dann und nur dann, wenn seine Dauer Phasen hat, die als früher oder später im Verhältnis zueinander stehen. In diesem Fall hat Gott als ein personales Wesen empirisch eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft. Ganz gleich, welchen Moment der Zeit wir herausgreifen: Angesichts der Permanenz Gottes wäre die Aussage: „Gott existiert jetzt“ – wenn wir sie treffen würden – buchstäblich wahr.

Im Gegensatz dazu existiert Gott dann und nur dann atemporal, wenn er nicht temporal ist. Diese Definition zeigt, dass Temporalität und Zeitlosigkeit im Widerspruch stehen: Eine Entität muss auf die eine oder die andere Weise existieren und kann nicht gleichzeitig auf beide Weisen existieren. Wenn Gott also atemporal existiert, hat er keine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zu jedem Moment der Zeit wäre die Behauptung „Gott existiert“ in dem zeitlosen Sinn von „existiert“ wahr, in dem man sagt: „Die natürlichen Zahlen existieren“, aber es wäre nicht wahr zu behaupten: „Gott existiert jetzt.“

Die Meinungen philosophischer Theologen sind in der Frage der Beziehung Gottes zur Zeit sehr geteilt. Was sind die Hauptargumente, die sie für göttliche Zeitlosigkeit und Temporalität vorgeschlagen haben?

Argumente für göttliche Zeitlosigkeit

Das Argument der Einfachheit oder Unveränderlichkeit. Betrachten wir zuerst die Auffassung, dass Gott zeitlos existiert. Traditionell haben christliche Theologen wie Thomas von Aquin aufgrund der absoluten Einfachheit und Unveränderlichkeit Gottes für Gottes Zeitlosigkeit argumentiert (Summa theologiae 1a. 10. 3). Das Argument kann einfach als eine erste Prämisse formuliert werden; wir nehmen entweder an:

1. Gott ist einfach,

oder:

1′. Gott ist unveränderlich.

Dann fügen wir hinzu:

2. Wenn Gott einfach oder unveränderlich ist, dann ist er nicht temporal,

und daraus folgt:

3. Somit ist Gott nicht temporal.

Da Temporalität und Zeitlosigkeit widersprüchlich sind, folgt:

4. Also ist Gott zeitlos.

Ist dies ein stichhaltiges Argument? Betrachten wir (2). Die Lehre der göttlichen Einfachheit schließt nicht nur ein, dass Gott keine Teile hat, sondern auch, dass er nicht einmal verschiedene Attribute besitzt. Auf irgendeine geheimnisvolle Weise ist zum Beispiel seine Allmacht seine Güte. Er steht in keinerlei Relationen. Seine Natur oder Essenz ist nicht von seiner Existenz verschieden. Er ist, sagt uns Thomas von Aquin, der reine Akt des Existierens (Summa theologiae 1a. 3. 4). Wenn Gott nun in der beschriebenen Weise einfach ist, folgt daraus offensichtlich, dass er nicht temporal sein kann. Denn ein temporales Wesen steht in einer Relation zu den verschiedenen Zeiten, in denen es existiert: Es existiert beispielsweise zum Zeitpunkt t1 und zum Zeitpunkt t2. Doch ein einfaches Wesen steht in keinen realen Relationen. Außerdem hat ein temporales Wesen Phasen seines Lebens, die nicht identisch sind, sondern vielmehr als früher und später zueinander in Beziehung stehen. Doch ein absolut einfaches Wesen könnte nicht in solchen Beziehungen stehen und muss daher sein Leben, wie Boethius es ausdrückt, „ganz zugleich“ (totum simul) haben (Philosophiae consolationis 5. Pr. 6,9-11).

In ähnlichem Sinne gilt: Wenn Gott unveränderlich ist, dann kann er nicht temporal sein, selbst wenn er nicht einfach ist. Wie Einfachheit ist die von den mittelalterlichen Theologen behauptete Unveränderlichkeit ein Konzept: Gott kann sich in keiner Hinsicht ändern. Gott kann nicht nur keine intrinsische Änderung erfahren, sondern er kann sich auch nicht extrinsisch ändern, indem er zu veränderlichen Dingen in Beziehung steht. [3] Dagegen kann ein temporales Wesen zumindest eine extrinsische Veränderung erfahren, indem es zu verschiedenen zeitlichen Momenten existiert und – unter der Voraussetzung der Realität der temporalen Welt – mit verschiedenen temporalen Wesen koexistiert, die intrinsische Veränderungen erfahren. Selbst wenn wir die Definition von „unveränderlich“ lockern, sodass sie „unfähig zu intrinsischer Veränderung“ oder als noch schwächeres Konzept „intrinsisch änderungslos“ bedeutet, kann ein unveränderlicher Gott nicht temporal sein. Denn wenn Gott temporal ist, wird Gott sich ständig in seinem Wissen ändern, indem er zuerst weiß: „Es ist jetzt Zeitpunkt t1“ und später weiß: „Es ist jetzt Zeitpunkt t2.“ Gottes Vorauswissen und Erinnerung müssen sich ebenfalls ständig ändern, indem erwartete Ereignisse auftreten und Vergangenheit werden. Gott wird ständig neue Handlungen ausführen, indem er Ereignisse zum Zeitpunkt t1 verursacht und Ereignisse zum Zeitpunkt t2 verursacht. Somit kann ein temporaler Gott nicht änderungslos sein. Daraus folgt also, dass Gott, wenn er unveränderlich ist, zeitlos ist.

Somit lässt sich Gottes Zeitlosigkeit entweder aus seiner Einfachheit oder aus seiner Unveränderlichkeit ableiten. Ist dies ein guter Grund, anzunehmen, dass Gott zeitlos ist? Das hängt davon ab, ob wir einen guten Grund haben, (1) oder (1′) zu behaupten. Hier stoßen wir auf gravierende Schwierigkeiten. Denn Lehren der göttlichen Einfachheit und Unveränderlichkeit, die stark genug sind, um göttliche Zeitlosigkeit zu unterstützen, sind sogar noch umstrittener als die Lehre der göttlichen Zeitlosigkeit selbst. Diese starken Lehren finden keine explizite Unterstützung in der Bibel, die allenfalls von Gottes Unveränderlichkeit im Sinne seiner Treue und seines unwandelbaren Charakters spricht (Mal 3,6; Jak 1,17), und philosophisch scheint es keine guten Gründe für die Annahme dieser Lehren zu geben, während gewichtige Einwände gegen sie sprechen. [4] Diese können hier nicht erörtert werden; der Punkt ist, dass (1) und (1′) sogar noch schwieriger zu beweisen sind als (4), sodass sie keine gute Grundlage darstellen, (4) zu glauben. Auch wenn wir also frei einräumen können, dass ein einfacher oder unveränderlicher Gott zeitlos sein muss, haben wir sogar weniger Gründe, zu denken, dass Gott einfach oder unveränderlich ist, als ihn für zeitlos zu halten, und können somit kaum auf der Basis dieser Lehren behaupten, dass er zeitlos ist.

Das Argument des göttlichen Wissens zukünftiger Kontingenzen. Im Gegensatz zur göttlichen Einfachheit und Unveränderlichkeit ist göttliche Allwissenheit eindeutig eine groß-machende Eigenschaft und genießt eine beträchtliche Fülle biblischer Belege. Ein Argument für göttliche Zeitlosigkeit, das sich auf Gottes Allwissenheit beruft, hätte daher eine solidere theologische Grundlage. Viele Denker haben argumentiert, dass Gottes Kenntnis zukünftiger kontingenter Ereignisse, wie zum Beispiel zukünftiger freier menschlicher Handlungen, göttliche Zeitlosigkeit impliziert. Die Argumentation scheint wie folgt zu sein:

5. Ein temporales Wesen kann zukünftige kontingente Ereignisse nicht kennen.

6. Gott kennt zukünftige kontingente Ereignisse.

7. Somit ist Gott kein temporales Wesen.

Auch hier gilt: Wenn Gott kein temporales Wesen ist, dann folgt wie zuvor (4).

Obwohl eine ganze Reihe zeitgenössischer Denker von Prozesstheologen bis zu sogenannten „offenen“ Theisten (6) verneinen, macht eine biblische Lehre der göttlichen Allwissenheit (6) für orthodoxe Theologen notwendig. [5] Das Argument hängt also von der Wahrheit von (5) ab. In Bezug auf (5) wird gewöhnlich behauptet, dass kontingente Ereignisse, da sie nicht aus gegenwärtigen Ursachen ableitbar sind, nur insofern gewusst werden können, als sie real oder existent sind. Setzt man (6) voraus, folgt, dass zukünftige kontingente Ereignisse für Gott real oder existent sind. Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit wie Boethius, Anselm und Thomas von Aquin haben daher bezeichnenderweise behauptet, dass alle Ereignisse in der Zeit für Gott real sind und deshalb von ihm durch seine scientia visionis (Wissen der Schau) gewusst werden können.

Wie lässt sich diese Behauptung verstehen? Der plausibelste Schritt für Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit wäre, davon auszugehen, dass das vierdimensionale Raumzeit-Kontinuum zeitlos existiert und dass Gott dieses Kontinuum transzendiert. Eine beträchtliche Zahl von Physikern und Raumzeit-Philosophen gehen von einer solchen zeitlosen Auffassung der Zeit aus (Raumzeit-Realismus). Eine solche Auffassung macht die traditionelle Behauptung sinnvoll, dass alle Ereignisse in der Zeit für Gott gegenwärtig sind und ihm deshalb durch seine scientia visionis bekannt sind.

Der Nachteil ist, dass man für eine solche zeitlose Auffassung der Zeit philosophisch und theologisch einen hohen Preis zahlt. [6] Deshalb ist die Behauptung, dass kontingente Ereignisse nur insofern gewusst werden können, als sie real oder existent sind, für den biblischen Theisten mit beträchtlichen Aufwendungen verbunden. Daher neigt man dazu, das Argument für (5) skeptisch zu betrachten.

Außerdem kann (5) auch direkt in Frage gestellt werden. In der Behandlung der Frage, wie Gott Wahrheiten über temporale Ereignisse kennt, können wir zwei Modelle des göttlichen Wissens unterscheiden: das perzeptualistische Modell und das konzeptualistische Modell. Das perzeptualistischeModell legt göttliches Wissen nach der Analogie der Sinneswahrnehmung aus: Gott schaut und sieht, was da ist. Ein solches Modell liegt offensichtlich der klassischen Lehre der scientia visionis zugrunde und wird implizit vorausgesetzt, wenn man davon spricht, dass Gott die Zukunft „voraussieht“. Das perzeptualistischeModell des göttlichen Wissens stößt aber auf Schwierigkeiten in Bezug auf Gottes Kenntnis zukünftiger Kontingenzen, denn wenn zukünftige Ereignisse nicht existieren, dann ist nichts da, was wahrzunehmen wäre. [7]

Im Gegensatz dazu erlangt Gott nach einem konzeptualistischen Modell des göttlichen Wissens sein Wissen über die Welt nicht durch irgendeine Art von Wahrnehmung. Seine Kenntnis der Zukunft beruht nicht darauf, dass er „vorausschaut“ und „sieht“, was in der Zukunft liegt (ohnehin eine schrecklich anthropomorphe Vorstellung). Gottes Wissen gleicht vielmehr der verstandesmäßigen Kenntnis ureigener Ideen. Deshalb ist es unangemessen, davon zu sprechen, dass Gott Kenntnisse irgendwie erlangt. Vielmehr hat Gott als ein allwissendes Wesen essentiell die Eigenschaft, alle Wahrheiten zu kennen; es gibt Wahrheiten über zukünftige Ereignisse; ergo kennt Gott alle Wahrheiten über zukünftige Ereignisse. Solange wir uns nicht verleiten lassen, göttliches Vorauswissen nach dem Modell der Wahrnehmung zu verstehen, ist nicht länger evident, warum eine Kenntnis zukünftiger Kontingenzen unmöglich sein sollte.

Wir können jedoch noch weiter gehen. Denn die Lehre des mittleren Wissens (scientia media) ist eine Version des konzeptualistischen Modells, die uns erlaubt, über die Grundlage des göttlichen Vorauswissens zukünftiger Kontingenzen beträchtlich mehr zu sagen. Göttliches Vorauswissen beruht (i) auf Gottes mittlerem Wissen davon, was jedes Geschöpf unter bestimmten Gegebenheiten aus freien Stücken tun würde und (ii) auf seiner Kenntnis des göttlichen Schöpfungsbeschlusses, bestimmte Reihen von Umständen zu schaffen und bestimmte Geschöpfe hineinzustellen. Setzt man mittleres Wissen und den göttlichen Schöpfungsbeschluss voraus, folgt als Ergebnis automatisch ein Vorauswissen ohne irgendeine Wahrnehmung der geschaffenen Welt. Diese komplexe und interessante Lehre muss in einer unabhängigen Diskussion weiterverfolgt werden.

Insgesamt hat das Argument aufgrund von Gottes Kenntnis zukünftiger Kontingenzen zwar eine gewisse Kraft, zu einer Lehre der göttlichen Zeitlosigkeit zu motivieren, doch diese Kraft wird durch das Vorhandensein durchführbarer Alternativen und den hohen Preis, den eine zeitlose Theorie der Zeit fordert, geschmälert.

Das Argument der Speziellen Relativität. Ein drittes Argument für göttliche Zeitlosigkeit ergibt sich aus dem Zeitbegriff in Einsteins Spezieller Relativitätstheorie (SRT). Nach Einsteins Theorie gibt es keine einzige, universale Zeit und somit kein einziges, weltweites „Jetzt“. Jedes Inertialsystem hat seine eigene Zeit und seinen eigenen gegenwärtigen Moment, und es gibt keine übergreifende, absolute Zeit, in der alle diese verschiedenen Zeiten zu einer einzigen integriert werden. Wenn Gott also in der Zeit ist, dann ist die offensichtliche Frage, die durch die SRT aufgeworfen wird: In wessen Zeit ist er?

Der Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit behauptet, dass es keine akzeptable Antwort auf diese Frage gibt. Wir können nicht plausibel irgendein Inertialsystem herausgreifen und dessen Zeit als Gottes Zeit kennzeichnen, weil Gott kein physikalisches Objekt in gleichförmiger Bewegung ist und die Wahl irgendeines solchen Systems somit völlig willkürlich wäre. Außerdem ist schwer zu sehen, wie Gott, indem er auf die Zeit eines Inertialsystems begrenzt wäre, Ereignisse kausal aufrechterhalten könnte, die relativ zu anderen Inertialsystemen real sind, aber relativ zu Gottes System zukünftig oder vergangen sind. In ähnlicher Weise wäre Gottes Kenntnis dessen, was jetzt gerade geschieht, auf die temporale Perspektive seines Systems beschränkt, sodass er keine Kenntnis hätte, was in anderen Systemen tatsächlich geschieht. In jedem Fall gilt: Würde Gott mit einem bestimmten Inertialsystem verknüpft, dann wäre die Zeit dieses Systems – als Gottes Zeit – gewiss bevorzugt. Es wäre das Äquivalent zu dem bevorzugten System des Äthers in der klassischen Physik. Solange wir mit Einstein behaupten, dass kein System bevorzugt ist, können wir die Zeit irgendeines Inertialsystems nicht als Gottes Zeit identifizieren.

Genauso wenig können wir sagen, dass Gott in dem „Jetzt“ existiert, das mit der Zeit jedes Inertialsystems assoziiert wird, denn das würde die Einheit des Bewusstseins Gottes aufheben. Um das persönliche Bewusstsein Gottes zu bewahren, darf es nicht fragmentiert und in den Inertialsystemen im Universum verstreut werden. Doch wenn Gottes Zeit nicht mit der Zeit eines einzelnen Systems oder einer Mehrzahl von Systemen identifiziert werden kann, dann kann Gott überhaupt nicht in der Zeit sein, das heißt er existiert zeitlos.

Wir können diese Argumentation wie folgt zusammenfassen.

8. Die SRT ist in ihrer Beschreibung der Zeit richtig.

9. Wenn die SRT in ihrer Beschreibung der Zeit richtig ist, dann existiert Gott, wenn er temporal ist, entweder in der Zeit, die mit einem einzelnen Inertialsystem assoziiert wird, oder in den Zeiten, die mit einer Mehrzahl von Inertialsystemen assoziiert werden.

10. Also existiert Gott, wenn er temporal ist, entweder in der Zeit, die mit einem einzelnen Inertialsystem assoziiert wird, oder in den Zeiten, die mit einer Mehrzahl von Inertialsystemen assoziiert werden

11. Gott existiert nicht entweder in der Zeit, die mit einem einzelnen Inertialsystem assoziiert wird, oder in den Zeiten, die mit einer Mehrzahl von Inertialsystemen assoziiert werden.

12. Also ist Gott nicht temporal.

Was lässt sich als Antwort auf dieses Argument sagen? Auch wenn viele es ein wenig schockierend finden mögen, ist (8) die fragwürdigste Prämisse des Arguments. Denn der Zeitbegriff der SRT ruht auf einem brüchigen epistemologischen Fundament. Einsteins Neudefinition der Simultaneität im Sinne einer Uhrensynchronisation durch Lichtsignale setzt einfach voraus, dass die Zeit, die das Licht braucht, um die Strecke zwischen zwei relativ stationären Beobachtern A und B zurückzulegen, bei einer Zweiweg-Strecke von A nach B dieselbe ist wie von B nach A. Diese Annahme setzt voraus, dass A und B – wenn auch in relativer Ruhe – nicht beide in absoluter Bewegung sind, oder anders ausgedrückt, dass weder ein absoluter Raum noch ein bevorzugtes Inertialsystem existiert. Welche Begründung hatte Einstein für eine so radikale Präsupposition? Die Antwort, in einem Wort, ist Verifikationismus. Es ist empirisch unmöglich, gleichförmige Bewegung von Ruhe relativ zu einem solchen System zu unterscheiden, und Einstein glaubte, dass absoluter Raum und absolute Bewegung oder Ruhe, wenn sie empirisch nicht nachweisbar sind, nicht existieren (und vielleicht sogar als bedeutungslos bezeichnet werden können). Wissenschaftshistoriker haben gezeigt, dass die philosophischen Wurzeln der Theorie Einsteins in einer verifikationistischen Epistemologie liegen, die dem jungen Physiker vor allem durch den Einfluss von Ernst Mach vermittelt wurde, was in Einsteins Analyse der Begriffe Zeit und Raum zum Ausdruck kommt. [8]

Die Unhaltbarkeit des Verifikationismus ist so universal anerkannt, dass es nicht nötig ist, an dieser Stelle die Einwände dagegen zu wiederholen. [9] Der Verifikationismus bietet keine Rechtfertigung für die Annahme, dass Newton zum Beispiel mit seiner Behauptung irrte, dass absolute Zeit – begründet in Gottes immerwährender Dauer – unabhängig von unseren physikalischen Messungen darüber existiert und durch sie akkurat registriert werden kann oder nicht registriert werden kann. Mit dem Niedergang des Verifikationismus ist der philosophische Unterbau der SRT zusammengebrochen. Kurz, es gibt keinen Grund zu denken, dass (8) wahr ist.

Aber was ist mit (9)? Die Schwierigkeit bei dieser Prämisse ist, dass sie die Tatsache nicht berücksichtigt, dass die SRT eine beschränkte Relativitätstheorie ist und deshalb nur innerhalb vorgeschriebener Grenzen richtig ist. Es ist eine Theorie, die sich nur mit gleichförmiger Bewegung befasst. Die Analyse nicht-gleichförmiger Bewegungen, wie Beschleunigung und Rotation, erfolgt durch die Allgemeine Relativitätstheorie (ART). Von der SRT können wir also kein abschließendes Wort über das Wesen von Zeit und Raum erwarten; tatsächlich tritt im Kontext der ART ein neues und wichtiges Konzept der Zeit in Erscheinung.

Die ART dient dazu, eine kosmische Perspektive in die Relativitätstheorie einzuführen, die uns in die Lage versetzt, kosmologische Modelle des Universums zu entwerfen, die von den Gravitationsfeld-Gleichungen der ART bestimmt sind. Im Kontext solcher kosmologischen Modelle stellt sich die Frage der Zeit in drastischer Weise neu. Alle zeitgenössischen kosmologischen Modelle sind von dem Modell eines expandierenden, materiellen Universums mit idealer Homogenität und Isotropie abgeleitet, das der russische Physiker Alexander Friedman 1922 entwickelte. Obwohl die ART selbst keinerlei Formel dafür vorgibt, wie die Raumzeit in eine temporal geordnete Folierung zu teilen ist, haben bestimmte Modelle der Raumzeit – wie das Friedman-Modell – nichtsdestoweniger eine dynamische, sich entfaltende räumliche Geometrie, deren natürliche Symmetrien die Konstruktion einer kosmischen Zeit steuern; um eine reibungslose Entwicklung dieser Geometrie zu gewährleisten, ist es notwendig, einen Zeitparameter zu konstruieren, der auf einer bevorzugten Teilung der Raumzeit basiert. Nun misst die kosmische Zeit als ein Parameter, der von räumlichen Koordinaten unabhängig ist, die Dauer des Universums als Ganzes in einer beobachterunabhängigen Weise; das heißt, der Ablauf der kosmischen Zeit ist für alle Beobachter derselbe.

Auf einer kosmologischen statt einer lokalen Perspektive beruhend, dient die kosmische Zeit dazu, die klassischen Begriffe der universalen Zeit und der absoluten Simultaneität wiederherzustellen, welche die SRT verneinte. Der Verteidiger der göttlichen Temporalität kann dementsprechend behaupten, dass Gott in der kosmischen Zeit existiert. [10] Daher folgt, im Gegensatz zu (9), aus der Richtigkeit der SRT nicht, dass Gott, wenn er in der Zeit ist, in der Zeit eines oder mehrerer Inertialsysteme ist. Da der Raum selbst sich ausdehnt, gibt es kein universales Inertialsystem, mit dem Gott verknüpft werden kann, obwohl es tatsächlich eine bevorzugte Folierung der Raumzeit und damit eine kosmische Zeit gibt, in der Gottes Existenz gedacht werden kann. [11]

Das Argument der Unvollständigkeit des temporalen Lebens. Ein wichtiges Argument für göttliche Zeitlosigkeit beruht auf der Unvollständigkeit des temporalen Lebens. Brian Leftow argumentiert ebenso wie Eleonore Stump und Norman Kretzmann, dass die flüchtige Natur des temporalen Lebens mit dem Leben eines höchst vollkommenen Wesens wie Gott unvereinbar ist. Ein temporales Wesen ist nicht in der Lage, etwas zu genießen, was vergangen oder zukünftig für es ist, da es nur die flüchtige Gegenwart besitzt. Das Vergehen der Zeit macht es daher jedem temporalen Wesen, selbst Gott, unmöglich, sein gesamtes Leben gleichzeitig zu besitzen. Im Gegensatz dazu lebt ein zeitloser Gott sein ganzes Leben zugleich, weil er buchstäblich keine Vergangenheit oder Zukunft hat und somit keinen Verlust erleidet. Als das vollkommenste Wesen ist Gott somit zeitlos.

Wir können dieses Argument wie folgt formulieren:

13. Gott ist das vollkommenste Wesen.

14. Das vollkommenste Wesen hat die vollkommenste Existenzweise.

15. Also hat Gott die vollkommenste Existenzweise.

16. Temporale Existenz ist eine weniger vollkommene Existenzweise als zeitlose Existenz.

17. Also hat Gott eine zeitlose Existenzweise.

Die entscheidende Prämisse ist hier (16), die auf sehr starken Intuitionen über den unwiederbringlichen Verlust beruht, der durch die Erfahrung eines temporalen Verstreichens entsteht – eines Verlustes, der intuitiv die Erfahrung eines höchst vollkommenen Wesens nicht charakterisieren sollte. Einige Zeitphilosophen könnten versuchen, die Kraft dieser Überlegung abzuwenden, indem sie eine zeitlose Auffassung der Zeit annehmen, nach der Dinge und Ereignisse tatsächlich nicht entstehen oder vergehen. Der Unterschied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist eine subjektive Illusion des Bewusstseins. Nach dieser Auffassung der Zeit wird kein temporales Wesen je wirklich seine Vergangenheit verlieren oder seine Zukunft noch nicht erlangt haben; es (oder seine temporalen Teile) existiert einfach zeitlos zu seinen verschiedenen temporalen Orten. Ein temporaler Gott würde ohne Anfang oder Ende an allen temporalen Orten existieren und daher keine Teile seines Lebens verlieren oder erlangen.

Das Problem bei diesem Ausweg ist, dass er nicht berücksichtigt, dass das Argument auf der Erfahrung des temporalen Verstreichens beruht, statt auf der objektiven Realität des temporalen Verstreichens selbst. Auch wenn die Zukunft nie wird und die Vergangenheit nie wirklich verloren ist, bleibt die Tatsache bestehen, dass für eine temporale Person die Vergangenheit für sie verloren ist und die Zukunft für sie nicht zugänglich ist. Aus diesem Grund wäre der Versuch vergeblich, die Kraft des Arguments zu umgehen, indem man eine temporale Gottheit in einer zeitlosen Zeit postuliert.

Vielleicht öffnet jedoch die Erkenntnis, dass das Argument grundsätzlich einen Erfahrungscharakter hat, die Tür für eine temporalistische Alternative. Wenn wir uns erinnern, dass Gott vollkommen allwissend ist und somit nichts von der Vergangenheit vergisst und alles über die Zukunft weiß, dann ist das Verstreichen der Zeit für ihn nicht so tragisch. Seine vergangenen Erfahrungen verblassen nicht wie unsere, und er hat ein vollkommenes Vorauswissen dessen, was die Zukunft bringen wird. Es ist also alles andere als offensichtlich, dass die Erfahrung temporalen Verstreichens für einen allwissenden Gott eine so melancholische Angelegenheit ist, wie sie es für uns ist. Außerdem muss das Leben einer vollkommenen Person nicht unbedingt von der Unvollständigkeit gekennzeichnet sein, die in anderen Kontexten als Unvollkommenheit betrachtet werden würde. Es gibt einige Evidenz dafür, dass das Bewusstsein des Zeitflusses tatsächlich eine bereichernde Erfahrung sein kann, wie beim Genießen von Musik. [12] Zeitlosigkeit ist vielleicht nicht die vollkommenste Existenzweise einer vollkommenen Person. Das alles stellt (16) in Frage. Dennoch hat dieses letzte Argument – wie das Argument aufgrund des göttlichen Vorauswissens – einige Kraft und muss daher im Vergleich zu sonstigen Argumente abgewogen werden, die sich für göttliche Temporalität anführen lassen.
 

Argumente für göttliche Temporalität

Das Argument der Unmöglichkeit atemporaler Personalität. Welche Argumente lassen sich also für göttliche Temporalität geben? Ein in der Literatur häufig genanntes Argument ist, dass Zeitlosigkeit und Personalität vereinbar sind. Manche Philosophen haben verneint, dass ein zeitloser Gott ein seiner selbst bewusstes, rationales Wesen sein kann, weil er bestimmte Formen des Bewusstseins nicht aufweisen könnte, die wir normalerweise mit personalen Wesen (nämlich uns selbst) assoziieren. Robert Coburn schrieb zum Beispiel:

Eine notwendige Bedingung dafür, dass irgendetwas eine Person ist, besteht gewiss – unter anderem – in der (logischen) Fähigkeit, mindestens eines der folgenden Dinge zu tun: sich erinnern, vorausschauen, reflektieren, überlegen, entscheiden, beabsichtigen und gezielt handeln. Um zu sehen, dass es so ist, braucht man sich nur zu fragen, ob irgendetwas, dem alle genannten Fähigkeiten notwendigerweise fehlen, unter irgendwelchen denkbaren Gegebenheiten als Person gelten würde. Nun würden jedoch einem ewigen Wesen alle diese Fähigkeiten notwendigerweise fehlen, da ihre Ausübung durch ein Wesen eindeutig verlangt, dass das Wesen in der Zeit existiert… Somit könnte kein ewiges Wesen, wie es scheint, als Person gelten. [13]

Da Gott essentiell personal ist, kann er also nicht zeitlos sein.

Wir können dieses Argument wie folgt formulieren (indem wir x, y, z für bestimmte Eigenschaften einsetzen, die vermutlich für Personalität essentiell sind):

18. Notwendigerweise gilt: Wenn Gott zeitlos ist, hat er nicht die Eigenschaften x, y, z.

19. Notwendigerweise gilt: Wenn Gott die Eigenschaften x, y, z nicht hat, dann ist Gott nicht personal.

20. Notwendigerweise gilt: Gott ist personal.

21. Also ist Gott notwendigerweise nicht zeitlos.

Der Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit kann versuchen, dieses Argument abzuwehren, indem er entweder die Behauptung in Frage stellt, dass die fraglichen Eigenschaften notwendige Bedingungen für Personalität sind, oder indem er zeigt, dass ein zeitloser Gott die relevanten Eigenschaften doch besitzen könnte. In Bezug auf die zweite Strategie gilt: Selbst wenn Coburn Recht hätte, dass ein personales Wesen fähig sein muss, die von ihm aufgezählten Bewusstseinsformen aufzuweisen, folgt daraus nicht, dass ein zeitloser Gott nicht personal sein kann. Denn Gott könnte fähig sein, solche Bewusstseinsformen aufzuweisen, aber nur in dem Falle zeitlos sein, dass er keine von ihnen tatsächlich zeigt. Mit anderen Worten liegt der Argumentation von Coburn die versteckte Annahme zugrunde, dass Gottes Zeitlosigkeit oder Temporalität eine essentielle Eigenschaft Gottes ist. Diese Annahme scheint aber zweifelhaft. Nehmen wir der Argumentation halber an, dass Gott tatsächlich temporal ist. Ist es logisch unmöglich, dass Gott stattdessen zeitlos gewesen sein könnte? Da Gottes Schöpfungsbeschluss frei ist, können wir uns eine mögliche Welt denken, in der Gott allein existiert. Wenn er in einer solchen Welt unveränderlich ist, dann wäre Gott nach jedem relationalen Zeitbegriff zeitlos. In einer solchen atemporalen Welt würden Gott gewisse Eigenschaften fehlen, von denen wir in der tatsächlichen Welt annehmen, dass er sie besitzt – zum Beispiel die Eigenschaft, zu wissen, wie viel Uhr es ist, oder die Eigenschaft, mit temporalen Geschöpfen zu koexistieren – und er würde andere Eigenschaften haben, die ihm in der tatsächlichen Welt fehlen – zum Beispiel die Eigenschaft, allein zu sein oder zu wissen, dass er allein ist –, doch keiner dieser Unterschiede scheint signifikant genug zu sein, um zu verneinen, dass Gott zeitlos und doch dasselbe Wesen sein könnte. Dann aber scheint es mögliche Welten zu geben, in denen Gott temporal existiert, und mögliche Welten, in denen er zeitlos existiert. Gottes temporaler Status ist daher plausiblerweise eine kontingente, und keine essentielle Eigenschaft. Es scheint also (abgesehen von sehr kontroversen Behauptungen für göttliche Einfachheit oder Unveränderlichkeit) keinen Grund für die Annahme zu geben, dass Gott entweder essentiell temporal oder essentiell zeitlos ist.

Wenn Zeitlosigkeit also eine nur kontingente Eigenschaft Gottes ist, könnte er durchaus fähig sein, sich zu erinnern, vorauszuschauen, zu reflektieren und so weiter; nur wenn er dies wirklich tun würde, wäre er nicht zeitlos. Solange er aus freien Stücken solche Aktivitäten unterlässt, ist er zeitlos, obwohl er die Fähigkeit hat, diese Aktivitäten auszuführen. Somit muss Gott nach Coburns eigenen Voraussetzungen als personal betrachtet werden.

Auf einer grundlegenderen Ebene wird jedenfalls recht allgemein anerkannt, dass die meisten der von Coburn genannten Bewusstseinsformen für Personalität nicht essentiell sind – ja, nicht einmal die Fähigkeit wird als essentiell für Personalität betrachtet. Nehmen wir das Beispiel des Erinnerns. Jedes temporale Wesen, dem ein Gedächtnis fehlt, wäre geistig krank oder weniger als menschlich. Doch wenn ein Individuum zeitlos existiert, hat es keine Vergangenheit, an die es sich erinnern müsste. Ähnlich ist es beim Vorausschauen: Da ein zeitloses Individuum keine Zukunft hat, gibt es einfach nichts vorauszuschauen. Nichtsdestoweniger würde Gott aufgrund seiner Allwissenheit dennoch wissen, was zu jedem Zeitpunkt (zeitlos) geschieht.

Was das Reflektieren und Überlegen betrifft, werden diese Eigenschaften weniger durch Gottes Zeitlosigkeit ausgeschlossen als durch seine Allwissenheit. Ein allwissendes Wesen kann nicht reflektieren und überlegen, weil es die abzuleitenden Schlussfolgerungen schon kennt. Selbst wenn Gott temporal ist, beschäftigt er sich nicht damit, zu reflektieren und zu überlegen. Doch das bedeutet gewiss nicht, dass er nicht-personal wäre.

Was ist mit Entscheiden, Beabsichtigen und gezieltem Handeln? Ein zeitloser Gott weist alle diese Bewusstseinsformen auf. Was das Entscheiden betrifft, schließt auch hier schon die Allwissenheit aus, dass Gott in dem Sinne entscheidet, dass er nach einer Periode der Unentschlossenheit einen Entschluss fasst. Selbst ein temporaler Gott entscheidet nicht in diesem Sinne. Gott entscheidet aber tatsächlich in dem Sinne, dass sein Wille zu der einen statt der anderen Alternative neigt, und das aus freien Stücken. Was Gott tut, liegt an ihm; er hätte etwas anderes wollen können. Dies ist libertäre Freiheit des Willens in ihrer stärksten Bedeutung. In Gottes Fall sind seine freien Entscheidungen, da er allwissend ist, entweder immerwährend ewig oder zeitlos, statt dass ihnen eine Periode des Nicht-Wissens oder der Unentschlossenheit vorausgeht.

Was das Beabsichtigen oder das absichtliche Handeln betrifft, gibt es keinen Grund für die Annahme, dass Absichten notwendigerweise zukunftsgerichtet sind. Man kann eigene Absichten auf den eigenen gegenwärtigen Zustand richten. Gott als das Gute kann zeitlos seine eigene unendliche Güte wünschen und wollen. Eine solche änderungslose Intention kann so zeitlos sein wie Gottes Kenntnis seiner eigenen Essenz. Außerdem kann Gott in der leeren Welt, die wir uns vorgestellt haben, zeitlos wollen und beabsichtigen, die Erschaffung eines Universums zu unterlassen. Gottes Wille, das Erschaffen zu unterlassen, sollte nicht mit dem bloßen Fehlen einer Schöpfungsabsicht verwechselt werden. Ein Stein ist durch das Fehlen jeglicher Schöpfungsabsicht gekennzeichnet, aber man kann von einem Stein nicht sagen, dass er den Willen hat, ein Erschaffen zu unterlassen. In einer Welt, in der Gott aus freien Stücken das Erschaffen unterlässt, ist sein Verzicht auf das Erschaffen das Ergebnis eines freien Aktes seines Willens. Es scheint also gegeben zu sein, dass Gott zeitlos beabsichtigen, wollen und wählen kann, was er tut.

Kurz: Das Argument für göttliche Temporalität, das auf Gottes Personalität beruht, kann nicht als Erfolg betrachtet werden. Ganz im Gegenteil kann man von einem zeitlosen Gott plausibel sagen, dass er ein seiner selbst bewusstes, rationales Individuum ist, das über Willensfreiheit verfügt und daher eine Person ist.

Das Argument des göttlichen Handelns in der Welt. In unserem oben genannten Gedankenexperiment haben wir von der tatsächlichen Existenz der temporalen Welt abgesehen und Gott als ohne Schöpfung allein existierend betrachtet, um zu fragen, ob er zeitlos existieren könnte. Doch die temporale Welt existiert natürlich. Daher stellt sich die Frage, ob Gott in Relation zu einer temporalen Welt stehen und dennoch zeitlos bleiben kann. Es ist sehr schwer zu sehen, wie er dies kann. Stellen wir uns noch einmal vor, dass Gott ohne Schöpfung änderungslos allein existiert, aber mit einer änderungslosen Entschlossenheit seines Willens, eine temporale Welt mit einem Anfang zu erschaffen. Da Gott allmächtig ist, wird sein Wille ausgeführt, und eine temporale Welt kommt in Existenz. Kann Gott von der Temporalität der Welt unberührt bleiben? Das scheint nicht der Fall zu sein. Denn im ersten Moment der Zeit steht Gott in einer neuen Relation, in der er zuvor nicht stand (es gab in Wirklichkeit gar kein „zuvor“). Selbst wenn Gott durch das Erschaffen der Welt keine intrinsische Veränderung erfährt, erfährt er zumindest eine extrinsische Veränderung. Denn im Moment der Schöpfung kommt Gott in die Relation, das Universum aufrechtzuerhalten oder zumindest mit dem Universum zu koexistieren – Beziehungen, in denen er vorher nicht stand. Da er die Freiheit hat, die Schöpfung zu unterlassen, hätte es sein können, dass Gott nie in diesen Beziehungen gestanden hätte, wenn er dies gewollt hätte. Doch durch seine Erschaffung einer temporalen Welt kommt Gott in eine Beziehung zu dieser Welt in dem Moment, in dem sie in Existenz kommt. Selbst wenn es also nicht der Fall ist, dass Gott vor seiner Erschaffung der Welt temporal ist, erfährt er nichtsdestoweniger eine extrinsische Veränderung im Moment der Schöpfung, die ihn durch seine reale Relation zu der Welt in die Zeit zieht. Selbst wenn Gott also ohne die Schöpfung zeitlos ist, stellt seine freie Entscheidung zur Erschaffung einer temporalen Welt auch eine freie Entscheidung seinerseits dar, temporal zu existieren.

Das Argument lässt sich in folgender Weise zusammenfassen:

22. Gott ist in der temporalen Welt schöpferisch tätig.

23. Wenn Gott in der temporalen Welt schöpferisch tätig ist, steht Gott in einer realen Relation zur temporalen Welt.

24. Wenn Gott in einer realen Relation zur temporalen Welt steht, ist Gott temporal.

25. Also ist Gott temporal.

Dieses Argument, wenn es erfolgreich ist, beweist nicht, dass Gott essentiell temporal ist, sondern dass er, wenn er ein Schöpfer einer temporalen Welt ist – was er ja tatsächlich ist –, temporal ist.

Ein Weg, diesem Argument zu entgehen, ist die Verneinung von (23). Diese Strategie scheint nicht sehr vielversprechend zu sein, da offensichtlich zu sein scheint, dass Gott insofern in einer Relation zu seinen Geschöpfen steht, als er sie erhält, sie kennt und sie liebt. Bemerkenswerterweise war es jedoch genau diese Prämisse, die mittelalterliche Theologen wie Thomas von Aquin verneinten. Thomas von Aquin stimmt (24) zu. Nach seiner Auffassung beginnen relationale Eigenschaften zwischen Gott und Geschöpfen, zum Beispiel dass Gott Herr ist, in dem Moment zu existieren, in dem die Geschöpfe in die Existenz kommen (Summa theologiae 1a. 13. 7). Wenn Gott also in realen Relationen zu seinen Geschöpfen steht, erlangt er diese relationalen Eigenschaften de novo im Moment der Schöpfung und erfährt somit eine Veränderung. Und alles, was sich ändert – selbst wenn es extrinsisch ist –, muss in der Zeit sein. Thomas von Aquin umgeht die Schlussfolgerung, dass Gott deshalb temporal ist, indem er verneint, dass Gott in einer realen Relation zur Welt steht. Da Gott absolut einfach ist, steht er zu nichts in irgendeiner Relation, denn Relationen würden Komplexität in Gottes Sein bringen. Thomas von Aquin behauptet paradoxerweise, dass Gott nicht wirklich zu Geschöpfen in Beziehung steht, obwohl Geschöpfe zu Gott in Beziehung stehen. Die Relation Gottes zu Geschöpfen existiert nur in unserem Denken, nicht in der Wirklichkeit. Thomas von Aquin ist also der Auffassung, dass Gott durch die Erschaffung der Welt keine extrinsische Veränderung erfährt. Er existiert einfach, und Schöpfung ist, dass Geschöpfe mit einer realen Beziehung zu Gott in Existenz kommen, die darin besteht, dass sie von Gott verursacht wurden.

Dies ist sicher eine außergewöhnliche Lehre. Ganz ohne Bezug zur göttlichen Einfachheit ist die Lehre, dass Gott keine realen Relationen hat, sehr problematisch. Die Erhaltung der Welt durch Gott ist eine kausale Relation, die in der aktiven Macht und den intrinsischen Eigenschaften Gottes als Erster Ursache wurzelt. Es erscheint nicht nachvollziehbar, zu sagen, dass die Welt durch die Relation wird aufrechterhalten von in einer realen Beziehung zu Gott steht, dass aber Gott durch die Relation erhält aufrecht nicht in einer realen Beziehung zur Welt steht. Damit wird gesagt, dass man reale Wirkungen ohne eine reale Ursache haben kann – was widersprüchlich oder unverständlich erscheint.

Außerdem steht Gott gewiss in folgenden Sinn in einer realen Beziehung zu seinen Geschöpfen: In verschiedenen möglichen Welten sind Gottes Wille, Wissen und Liebe anders, als sie es tatsächlich sind. Hätte Gott beispielsweise nicht beschlossen, überhaupt ein Universum zu erschaffen, würde er sicher einen anderen Willen haben, als er ihn hat (denn er hätte das Universum nicht erschaffen wollen); er würde andere Wahrheiten wissen, als er sie weiß (er würde zum Beispiel nicht wissen: Das Universum existiert); er würde nicht dieselben Geschöpfe lieben, die er tatsächlich liebt (da keine Geschöpfe existieren würden). Die Auffassung von Thomas von Aquin impliziert jedoch, dass Gott in jeder möglichen Welt vollkommen gleich ist: Er will nie anders, er handelt nie anders, er weiß nie anders, er liebt nie anders. Ob die Welt nun leer oder von Geschöpfen aller Art erfüllt ist, bedeutet keinen Unterschied in Gott. Aber dann wird unverständlich, warum dieses Universum oder irgendein Universum existiert, und nicht einfach nichts. Der Grund kann nicht in Gott liegen, denn er ist in allen möglichen Welten vollkommen gleich. Der Grund kann auch nicht in Geschöpfen liegen, denn wir fragen nach einer Erklärung für ihre Existenz. So gibt es nach der Auffassung von Thomas von Aquin einfach keinen Grund, warum dieses Universum oder überhaupt irgendein Universum existiert. Der Versuch von Thomas von Aquin, das gegenwärtige Argument durch Verneinung von (23) zu vermeiden, ist also unplausibel.

Neuere Verteidiger der zeitlosen Ewigkeit nehmen stattdessen (24) ins Visier. Sie haben versucht, Theorien der göttlichen Ewigkeit zu entwerfen, die zulassen würden, dass Gott in realen Relationen zur temporalen Welt steht und dennoch zeitlos existiert.

Eleonore Stump und der verstorbene Norman Kretzmann haben zum Beispiel versucht, eine neue Simultaneitäts-Relation zu entwerfen, von der sie glauben, dass sie die Relation eines zeitlosen Gottes zu seiner Schöpfung erlauben würde. [14] Sie schlagen vor, Existenzweisen als analog zu Bezugssystemen in der SRT zu behandeln und eine Definition der ET-Simultaneität Im Sinne von zwei Bezugssystemen (Zeitlosigkeit und Temporalität) und zwei Beobachtern (einer in der Ewigkeit und einer in der Zeit) zu konstruieren. Ihre grundlegende Idee ist die folgende: Es sei ein ewiges Wesen x und ein temporales Wesen y. Diese zwei sind nur dann ET-simultan [15], wenn relativ zu einem hypothetischen Beobachter im ewigen Bezugssystem x ewig präsent ist und y als temporal präsent beobachtet wird, und wenn relativ zu einem hypothetischen Beobachter in einem temporalen Bezugssystem y temporal präsent ist und x als ewig präsent beobachtet wird. [16]

Auf der Grundlage ihrer Definition der ET-Simultaneität glauben Stump und Kretzmann selbst, das Problem gelöst zu haben, wie ein zeitloses Wesen eine reale Relation zu einer temporalen Welt haben kann. Denn relativ zu dem ewigen Bezugssystem wird jede temporale Entität, die zu irgendeiner Zeit existiert, als präsent beobachtet, und relativ zu jedem Moment der Zeit wird Gott als präsent beobachtet. Die metaphysische Relativität, die durch die ET-Simultaneität postuliert wird, impliziert, dass alle Ereignisse für Gott in Ewigkeit präsent und somit für seinen zeitlosen kausalen Einfluss offen sind. Jede Handlung Gottes ist mit ihrer temporalen Wirkung ET-simultan.

Leider sind die in der Definition verwendeten Beobachtungsbegriffe völlig obskur, wie viele Kritiker angemerkt haben. [17] In der SRT wird dem Begriff der Beobachtung durch Einsteins operationelle Definitionen entfernter Gleichzeitigkeit ein ganz spezifischer Inhalt zugeordnet. Doch die Definition der ET-Simultaneität enthält keinen Hinweis, was beispielsweise damit gemeint ist, dass x als ewig präsent relativ zu einem Moment der Zeit beobachtet wird. Ohne irgendein Verfahren zur Bestimmung der ET-Simultaneität reduziert sich die Definition auf die Behauptung, dass relativ zum Bezugssystem der Ewigkeit x ewig präsent und y temporal präsent ist, und dass relativ zu einem temporalen Bezugssystem y temporal präsent und x ewig präsent ist – was nur eine andere Formulierung des Problems darstellt! Schlimmer noch: Wenn y für Gott temporal präsent ist, dann sind Gott und y überhaupt nicht ET-simultan, sondern temporal simultan. Somit wäre Gott mit jedem temporalen Ereignis temporal simultan, was bedeutet, göttliche Zeitlosigkeit aufzugeben.

Zugunsten von Stump und Kretzmann sei erwähnt, dass sie ihre Definition der ET-Simultaneität später revidierten, um sie von Beobachtungsbegriffen zu befreien. [18] Im Grunde versucht ihre neue Erklärung, ET-Simultaneität in Sinne kausaler Beziehungen zu definieren. Nach der neuen Definition sind x und y nur dann ET-simultan, wenn relativ zu einem Beobachter in dem ewigen Bezugssystem x ewig präsent und y temporal präsent ist, und der Beobachter in direkte kausale Beziehungen zu x und y treten kann; und wenn relativ zu einem Beobachter in einem temporalen Bezugssystem x ewig präsent ist und y zu derselben Zeit ist wie der Beobachter, und der Beobachter in direkte kausale Beziehungen zu x und y treten kann.

Das fundamentale Problem bei dieser neuen Erklärung der ET-Simultaneität ist, dass sie ein Zirkelschluss ist. Denn ET-Simultaneität wurde ursprünglich herangezogen, um zu erklären, wie ein zeitloser Gott in der Zeit kausal aktiv sein könnte; doch nun wird ET-Simultaneität als die Fähigkeit eines zeitlosen Wesens definiert, in der Zeit kausal aktiv zu sein. Unser ursprüngliches Problem war, zu erklären, wie Gott sowohl zeitlos als auch in der Welt schöpferisch aktiv sein könnte. Dies lässt sich kaum erklären, indem man sagt, dass ein zeitloser Gott mit seinen Wirkungen in der Zeit ET-simultan ist, und dann ET-Simultaneität als die Fähigkeit eines zeitlosen Wesens definiert, in einer kausalen Relation zu temporalen Wirkungen zu stehen. Dies kommt der Aussage gleich, dass Gott in der Zeit kausal aktiv sein kann, weil er in der Zeit kausal aktiv sein kann. Da ihre erste Definition explanativ leer und ihre zweite Definition ein Zirkelschluss war, muss man zu dem Urteil kommen, dass Stump und Kretzmann mit ihrem Versuch gescheitert sind, (24) zu untergraben.

Leftow hat eine andere Erklärung für göttliche Ewigkeit vorgeschlagen, um (24) zu widerlegen. [19] Ein gemeinsames Bezugssystem oder eine gemeinsame Existenzweise, die zeitlose und temporale Wesen miteinander teilen, gibt es nach dem Stump-Kretzmann-Modell nicht. Folglich konnten Stump und Kretzmann nicht erklären, wie solche Wesen in einer kausalen Relation sein können. Leftow schlägt im Wesentlichen vor, diesen Mangel dadurch zu beheben, dass man dabei bleibt, dass temporale Wesen in Ewigkeit existieren; sie teilen Gottes Existenzweise und können so in einer kausalen Beziehung zu Gott stehen. Doch er betont, dass dies nicht impliziert, dass Zeit oder temporale Existenz illusorisch ist, denn temporale Wesen haben auch eine temporale Existenzweise.

Wie lässt sich zeigen, dass temporale Wesen in zeitloser Ewigkeit existieren? Leftows Argument beruht auf drei Thesen:

I. Die Entfernung zwischen Gott und jeder Sache im Raum ist Null.

II. Räumliche Dinge ändern sich in keiner Weise, es sei denn, der Ort ändert sich (eine Bewegung, die etwas Materielles betrifft).

III. Wenn etwas in der Zeit ist, ist es auch im Raum.

Ausgehend von diesen Thesen argumentiert Leftow wie folgt: Es kann keine örtliche Änderung relativ zu Gott geben, weil die Entfernung zwischen Gott und allen Dingen im Raum Null ist. Aber wenn es keine örtliche Änderung relativ zu Gott gibt, kann es bei räumlichen Dingen überhaupt keine Änderung relativ zu Gott geben. Da alles, was temporal ist, auch räumlich ist, folgt außerdem, dass es keine temporalen nicht-räumlichen Wesen gibt. Die einzigen temporalen Wesen, die es gibt, existieren im Raum, und keines davon ändert sich relativ zu Gott. Geht man also von einem relationalen Zeitbegriff aus, folgt daraus, dass alle temporalen Wesen relativ zu Gott zeitlos existieren. Also sind relativ zu Gott alle Dinge zeitlos präsent und können daher in einer kausalen Relation zu Gott sein.

Das Problem bei dieser Argumentation ist, dass alle drei grundlegenden Thesen falsch zu sein scheinen und zum Teil offensichtlich falsch sind. Zum Beispiel beruht (I) ziemlich offenkundig auf einem Kategorie-Fehler. Wenn wir sagen, dass es keine Entfernung zwischen Gott und Geschöpfen gibt, meinen wir damit nicht, dass es eine Entfernung gibt, deren Maß Null ist. Wir meinen vielmehr, dass die Kategorie der Entfernung auf die Relationen zwischen einem nicht-räumlichen Wesen wie Gott und Dingen im Raum gar nicht anwendbar ist. Was ist mit (II)? Diese These ist falsch, wenn Zeit „zeitlich“ ist. Denn dann können räumliche Dinge sich auch dann ändern, wenn es keine räumliche Bewegung gibt, indem sie sich in ihren temporalen Eigenschaften ändern. Ein räumliches Objekt kann sich zum Beispiel ändern, indem es ein Jahr alt ist und dann zwei Jahre alt wird, selbst wenn keine örtliche Änderung eingetreten ist. Selbst die meisten Relationalisten sind heute bereit einzuräumen, dass die Zeit in Perioden räumlicher Änderungslosigkeit weitergehen kann. Selbst wenn also das gesamte Universum in Bewegungslosigkeit erstarren würde, würde es immer noch Änderung relativ zu Gott geben, nämlich eine Änderung temporaler Eigenschaften. Wenn Zeit also zeitlich ist – und Leftow räumt ein, dass dies sein kann –, dann ist seine Theorie hinfällig. Betrachten wir zum Schluss (III). Leftow braucht diese These, damit man nicht sagen kann, dass es nicht-räumliche temporale Wesen wie Engel gibt, die sich relativ zu Gott ändern. Solche Wesen würden (nach Leftows Analyse) eine Null-Entfernung von Gott haben und dennoch nicht relativ zu Gott änderungslos sein. Sie würden also nicht in Ewigkeit existieren. Um also seine Behauptung aufrechtzuerhalten, dass temporale Wesen in Ewigkeit existieren, muss Leftow solche Wesen ausschließen. Wir haben aber allen Grund, diese radikale These abzuweisen. Selbst in Abwesenheit eines physikalischen Universums könnte Gott beschließen, eine Abfolge von Gedanken zu hegen oder ein Engelwesen zu erschaffen, das einen Bewusstseinsstrom erfährt, und eine solche Reihe mentaler Ereignisse genügt schon für das In-der-Zeit-Sein solcher Entitäten. Somit sind alle Schlüsselthesen von Leftow zumindest fragwürdig, wenn nicht sogar eindeutig falsch. Wir haben kaum eine andere Wahl, als zu folgern, dass er keine guten Gründe für die Annahme gegeben hat, dass temporale Wesen in zeitloser Ewigkeit existieren.

Zusammenfassend scheinen wir hier ein starkes Argument für göttliche Temporalität zu haben. Klassische Versuche wie der von Thomas von Aquin, zu verneinen, dass Gott in einer Relation zur Welt steht, und zeitgenössische Versuche wie die von Stump, Kretzmann und Leftow, zu verneinen, dass Gottes reale Relation zur Welt ihn in die Zeit involviert, scheinen am Ende alle weniger plausibel zu sein als die Prämissen des Arguments selbst.

Argument aufgrund göttlicher Kenntnis zeitlicher Tatsachen. Wir haben gesehen, dass Gottes Handeln in der temporalen Welt uns gute Gründe gibt, angesichts der extrinsischen Änderung, die er durch seine veränderlichen Beziehungen mit der Welt erfährt, den Schluss zu ziehen, dass Gott temporal ist. Doch aus der Existenz einer temporalen Welt scheint auch eine intrinsische Änderung in Gott zu folgen, da er Kenntnis von dem hat, was in der temporalen Welt geschieht. Denn da das, was in der Welt geschieht, sich in einem ständigen Fluss befindet, muss auch Gottes Wissen in einem ständigen Fluss sein. Verteidiger der göttlichen Temporalität haben argumentiert, dass ein zeitloser Gott gewisse zeitliche Tatsachen über die Welt nicht wissen kann – zum Beispiel, was jetzt gerade geschieht – und deshalb, da er allwissend ist, temporal sein muss.

Wir können das Argument wie folgt formulieren:

26. Eine temporale Welt existiert.

27. Gott ist allwissend.

28. Wenn eine temporale Welt existiert, dann weiß Gott, wenn er allwissend ist, zeitliche Tatsachen.

29. Wenn Gott zeitlos ist, weiß er zeitliche Tatsachen nicht.

30. Also ist Gott nicht zeitlos.

Wieder beweist dieses Argument nicht, dass Gott essentiell temporal ist, doch wenn es erfolgreich ist, zeigt es tatsächlich, dass Gott, wenn eine temporale Welt existiert, temporal ist.

Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit haben versucht, dieses Argument zu widerlegen, indem sie entweder argumentieren, dass ein zeitloser Gott zeitliche Tatsachen wissen kann, oder indem sie argumentieren, dass Gott auch dann als allwissend gelten kann, wenn er zeitliche Tatsachen nicht weiß.

Betrachten wir die Plausibilität der Verneinung von (29). Kann ein zeitloser Gott zeitliche Tatsachen wissen? Obwohl Jonathan Kvanvig, Edward Wierenga und Leftow alle argumentiert haben, dass Gott die Tatsachen wissen kann, die durch zeitliche Sätze ausgedrückt werden, zeigt eine Analyse ihrer jeweiligen Auffassungen, dass sie am Ende alle die Ansicht vertreten, dass der faktische Inhalt, der durch zeitliche Sätze ausgedrückt wird, zeitlos ist. [20] Entgegen dem ersten Anschein akzeptieren sie alle die Wahrheit von (29). Die Erklärungen von Kvanvig, Wierenga und Leftow sind sehr anspruchsvolle Versuche, zu erklären, wie ein zeitloser Gott die Tatsachen wissen kann, die durch zeitliche Sätze ausgedrückt werden, doch am Ende verneinen sie alle, dass Gott zeitliche Tatsachen weiß. (29) scheint also sicher zu sein.

Der Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit hat somit keine andere Wahl, als (28) zu verneinen. Er muss verneinen, dass aus Allwissenheit eine Kenntnis zeitlicher Fakten folgt. Dies kann er tun, indem er entweder die traditionelle Definition der Allwissenheit revidiert oder indem er behauptet, dass Zeitlichkeit zwar ein objektives Merkmal der Zeit ist, aber nicht strikt zu dem faktischen Inhalt gehört, der durch zeitliche Sätze ausgedrückt wird. Betrachten wir jede Strategie für sich.

Das allgemeine Problem bei der Strategie einer Revision der traditionellen Definition der Allwissenheit ist, dass jede adäquate Definition eines Konzepts mit unserem intuitiven Verständnis dieses Konzepts übereinstimmen muss. Es steht uns nicht frei, uns einfach eine Definition zu „backen“, um irgendein erörtertes Problem zu lösen. Nach der traditionellen Definition ist eine Person dann und nur dann allwissend, wenn für jede Tatsache gilt, dass sie diese kennt und nicht ihr Gegenteil glaubt. Nach einer solchen Definition gilt: Wenn es zeitliche Tatsachen gibt, dann muss eine allwissende Person sie wissen. Welche plausible alternative Definition der Allwissenheit könnte der Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit vorschlagen?

Wierenga bietet eine überarbeitete Erklärung der Allwissenheit, die nicht verlangt, dass eine allwissende Person zeitliche Tatsachen weiß. Einige Tatsachen, sagt er, sind nur aus einer speziellen Perspektive Tatsachen. Sie müssen einem allwissenden Wesen nur dann bekannt sein, wenn es diese spezielle Perspektive teilt. Eine Person ist also dann und nur dann allwissend, wenn für jede Tatsache und jede Perspektive gegeben ist: Wenn etwas aus einer bestimmten Perspektive eine Tatsache ist, dann muss diese Person wissen, dass es aus dieser Perspektive eine Tatsache ist, und wenn diese Person diese Perspektive teilt, dann muss sie die entsprechende Tatsache wissen. Wierenga behandelt Momente der Zeit als Perspektiven, relativ zu denen zeitliche Tatsachen existieren. Während also eine temporale Person, die am 8. Dezember 1941 existiert, die Tatsache „Gestern haben die Japaner Pearl Harbor angegriffen“ wissen muss (wenn sie allwissend ist), muss eine zeitlose Person nur wissen, dass „Gestern haben die Japaner Pearl Harbor angegriffen“ aus der Perspektive des 8. Dezembers 1941 eine Tatsache ist. Nach dieser Definition verlangt Gottes Allwissenheit nicht, dass er die zeitliche Tatsache kennt, sondern nur, dass er die zeitlose Tatsache kennt, dass aus einer bestimmten Perspektive eine bestimmte zeitliche Tatsache existiert.

Wierengas überarbeitete Definition der Allwissenheit scheint inakzeptabel „gebacken“ zu sein. Wierenga verneint nicht, dass es zeitliche Tatsachen gibt. Er möchte vielmehr zulassen, dass es zeitliche Tatsachen wirklich gibt, aber dabei bleiben, dass ein allwissendes Wesen sie nicht zu wissen braucht. Diese Behauptung erscheint ziemlich unplausibel. Nach Wierengas Auffassung wissen temporale Personen eine nicht zu berechnende Fülle an Tatsachen über die Welt, von denen ein vermeintlich allwissendes Wesen keine Kenntnis hat. Temporale Personen wissen, dass der japanische Angriff auf Pearl Harbor vorüber ist; Gott hat keine Ahnung, ob er geschehen ist oder nicht. Da er nicht weiß, welche Zeit gerade ist, hat er keine Kenntnis von zeitlichen Tatsachen. Diese Einschränkung des Wissensgebietes ist inakzeptabel, um für Allwissenheit zu gelten.

Leftow setzt sich auch mit dem Gedanken auseinander, die Definition der Allwissenheit so zu revidieren, dass Allwissenheit nicht die Kenntnis aller Wahrheiten einschließt. Er argumentiert im Grunde, dass es viele Arten von Wahrheiten gibt, die Gott nicht wissen kann, sodass es nicht schadet, eine oder zwei Klassen von Wahrheiten zuzulassen (nämlich zeitliche Wahrheiten), von denen Gott keine Kenntnis hat. Doch auch hier gilt, dass eine solche Überlegung nicht die Definition von „Allwissenheit“ als solche berühren sollte. Sollte sich im Übrigen herausstellen, dass es Wahrheiten gibt, die Gott nicht wissen kann, ist das kein Grund, den Umfang seines Wissens weiter zu beschneiden, indem verneint wird, dass er Kenntnis zeitlicher Wahrheiten hat. Doch wie dem auch sei: Hat Leftow erfolgreich gezeigt, dass es Wahrheiten gibt, die Gott nicht wissen kann? Das scheint nicht der Fall zu sein. Zu seinen Beispielen für Dinge, die Gott nicht wissen kann, gehört, wie es sich anfühlt, selbst ein Versager oder ein Sünder zu sein. Aber Leftow hat „wissen, wie etwas ist“ mit „wissen, dass etwas ist“ verwechselt. Ein Wissen, wie etwas ist, hat nicht Wahrheit als Gegenstand. Gott kann Tatsachen wissen wie: Ein Versager zu sein, fühlt sich erbärmlich an; Sünder fühlen sich schuldig und hoffnungslos, und so weiter. Ein Nicht-Wissen Gottes,wie es sich anfühlt, selbst ein Versager oder ein Sünder zu sein, ist kein Beispiel für Wahrheiten, die er nicht weiß, und stellt somit keine Einschränkung seiner Allwissenheit dar. Leftow liefert kein Beispiel irgendeiner Wahrheit, die mit „weiß, dass“ verbunden werden kann, sodass wir nicht sagen können: „Gott weiß, dass ____“, wobei die Lücke mit der fraglichen Wahrheit zu füllen ist. Er hat also keine adäquate Motivation gegeben, um zu verneinen, dass eine Kenntnis zeitlicher Wahrheit zu Recht zur Allwissenheit gehört.

Es wurden also offenbar keine ausreichenden Gründe genannt, um anzunehmen, dass jemand allwissend sein könnte, ohne zeitliche Wahrheiten zu wissen. Die traditionelle Definition der Allwissenheit verlangt dies, und wir haben keine Gründe, die keine Berufung auf einen Sonderfall einschließen, um die übliche Definition zu revidieren.

Wie ist es bei der zweiten Strategie, (28) zu verneinen, nämlich durch die Behauptung, dass Zeitlichkeit streng genommen nicht zu dem faktischen Inhalt gehört, der durch zeitliche Sätze ausgedrückt wird, obwohl Zeitlichkeit ein objektives Merkmal der Welt ist? Zeitlichkeit könnte als ein Merkmal der Art und Weise analysiert werden, in welcher der faktische Inhalt jemandem präsentiert wird, der ihn ausdrückt, oder der Art und Weise, in der eine Person den faktischen Inhalt erfasst, oder des Kontextes, in dem jemand den faktischen Inhalt glaubt. Alternativ könnte Zeitlichkeit in dem Sinne verstanden werden, dass eine Person sich selbst in einer Präsensform die Eigenschaft zuschreibt, das zu sein, was durch den faktischen Inhalt des Satzes ausgedrückt wird. Nach solchen Analysen könnte ein allwissendes Wesen zeitlos sein, weil Allwissenheit traditionell als faktisches Wissen definiert wird und Zeitlichkeit kein Teil des faktischen Inhalts zeitlicher Sätze ist. Zeitlichkeit ist ein objektives Merkmal der Welt, doch da es nicht zu dem faktischen Inhalt eines Satzes gehört, könnte ein Wesen, das nur zeitlose Tatsachen weiß, nach der traditionellen Definition als allwissend gelten.

Auch wenn solche Analysen plausibel und attraktiv sind, stellen sie für den Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit keine Lösung dar. Denn als das größte denkbare Wesen ist Gott nicht nur faktisch allwissend, sondern auch kognitiv in maximal exzellenter Weise allwissend. Nach den erörterten Theorien würde ein nur faktisch allwissender Gott Dinge wissen wie: Gott ist allmächtig, Gott liebt seine Geschöpfe, Gott erschuf das Universum und so weiter. Doch er würde keine Überzeugungen im Index der ersten Person haben wie: „Ich bin allwissend“, „Ich liebe meine Geschöpfe“, „Ich erschuf das Universum“ und so weiter. Nach solchen Analysen könnte eine Maschine als allwissend gelten. Doch ein solcher Gott oder eine solche Maschine hätten eindeutig keine kognitiv maximale Exzellenz. Um kognitiv als maximal exzellent zu gelten, müsste Gott alle und nur die geeigneten wahren Überzeugungen im Index der ersten Person über sich selbst haben. Dies würde ihm Kenntnis de se (Kenntnis im Index der ersten Person) zusätzlich zu einer bloßen Kenntnis de re (Kenntnis einer Sache aus einer Perspektive der dritten Person) geben. Um kognitiv maximal exzellent zu sein, müsste Gott nicht alle Kenntnis de se in der Weltbesitzen, sondern nur solche Kenntnis de se, die ihm angemessen ist. Es wäre ein kognitiver Mangel, keine Vollkommenheit, wenn Gott die Überzeugung hätte: „Ich bin Napoleon“, obwohl für Napoleon eine solche Überzeugung eine Vollkommenheit wäre. Der Punkt ist, dass Allwissenheit (nach diesen Theorien) für eine Theologie des vollkommenen Wesens nicht genügt. Gott muss kognitiv maximal exzellent sein.

Nun ist es in derselben Weise eine kognitive Vollkommenheit, zu wissen, welche Zeit es ist, was tatsächlich gerade im Universum geschieht. Ein Wesen, dessen Kenntnis ausschließlich aus zeitlosen Tatsachen besteht, ist kognitiv weniger exzellent als ein Wesen, das auch weiß, was in der Welt geschehen ist, gerade geschieht und geschehen wird. Dieses letztere Wesen weiß unendlich viel mehr als das erstere und hat an keinem kognitiven Mangel teil, indem es dies weiß. Nach der Analogie einer Kenntnis de se können wir ein solches Wissen als Kenntnis de praesenti (Kenntnis der Gegenwart) bezeichnen. Ein Wesen, dem eine solche Kenntnis fehlt, ist unwissender und kognitiv weniger exzellent als ein Wesen, das sie besitzt. Dementsprechend sollten wir, wenn wir Auffassungen übernehmen, nach denen Zeitlichkeit nicht zu dem faktischen Inhalt gehört, der durch einen zeitlichen Satz ausgedrückt wird, die Prämisse (28) wie folgt revidieren:

28´. Wenn eine temporale Welt existiert, dann hat Gott, wenn er kognitiv maximal exzellent ist, eine Kenntnis de praesenti,

und das Argument, mit den entsprechenden Revisionen, kommt durch wie zuvor.

Der Versuch, (28) zu verneinen, scheint nicht besser abzuschneiden als das Bemühen, (29) abzuweisen. Wenn Gott allwissend ist, dann kann er, da die Existenz einer temporalen Welt gegeben ist, über zeitliche Tatsachen nicht unwissend sein. Daraus folgt, dass Gott nicht zeitlos ist, was bedeutet, dass er temporal ist. Für die Annahme, dass Gott in der Zeit ist, haben wir nun also zusätzlich zu dem Argument aufgrund göttlichen Handelns in der Welt ein zweites starkes Argument aufgrund von Gottes sich ändernder Kenntnis zeitlicher Tatsachen.

Die Ewigkeit und das Wesen der Zeit

Anhand unserer vorangegangenen Erörterung haben wir relativ schwache Gründe für die Behauptung göttlicher Zeitlosigkeit, aber zwei starke Argumente für göttliche Temporalität gesehen. Es scheint also, dass wir den Schluss ziehen sollten, dass Gott temporal ist. Aber eine solche Schlussfolgerung wäre verfrüht. Denn den Verteidigern göttlicher Zeitlosigkeit steht noch ein weiterer Ausweg offen. Das Argument aufgrund von Gottes Handeln in der Welt ging von der objektiven Wirklichkeit temporalen Werdens aus, und das Argument aufgrund von Gottes Kenntnis der temporalen Welt ging von der objektiven Wirklichkeit zeitlicher Tatsachen aus. Wenn man die objektive Wirklichkeit temporalen Werdens und zeitlicher Tatsachen verneint, sind die Argumente entkräftet. Denn in diesem Fall kommt nichts, wozu Gott in Beziehung steht, je in Existenz oder hört auf zu sein, und alle Tatsachen existieren zeitlos, sodass Gott weder eine extrinsische noch eine intrinsische Änderung erfährt. Er kann der unveränderliche, allwissende Erhalter sein, der alle Dinge weiß, und somit zeitlos existieren.

Kurz, der Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit kann den Argumenten für göttliche Temporalität entgehen, indem er die zeitlose Theorie der Zeit annimmt. Erwähnenswert ist jedoch, dass fast kein Verteidiger der göttlichen Zeitlosigkeit diesen Weg eingeschlagen hat. Der buchstäblich einzige Verfechter der zeitlosen Ewigkeit, der bewusst die zeitlose Theorie der Zeit angenommen hat, um Gottes Zeitlosigkeit zu verteidigen, ist Paul Helm. [21]

Offenbar haben also philosophische Theologen, die die Frage des Wesens der göttlichen Ewigkeit und der Beziehung Gottes zur Zeit entscheiden wollen, keine andere Wahl, als sich mit einer anderen Frage auseinanderzusetzen, die zu den tiefsten und umstrittensten Themen der Metaphysik gehört: Ist Zeit zeitlich oder zeitlos? Dies ist ein schwieriges und rätselhaftes Gebiet. Aber wir haben keine andere Wahl: Wenn wir die Ewigkeit verstehen wollen, müssen wir zuerst die Zeit verstehen.

(Übers.: Marita Wilczek)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/divine-eternity

  • [1]

    Zu einer Analyse, was es bedeutet, permanent zu sein, siehe Brian Leftow, Time and Eternity, Cornell Studies in the Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1991), S. 133; vgl. Quentin Smith, „A New Typology of Temporal and Atemporal Permanence“, in: Noûs 23 (1989): 307-330. Nach Leftow ist eine Entität dann und nur dann permanent, wenn sie existiert und keine erste oder letzte finite Periode der Existenz hat, und wenn es keine Momente gibt, bevor oder nachdem sie existiert.

  • [2]

    James Barr, Biblical Words for Time (London: SCM Press, 1962), S. 149.

  • [3]

    Eine intrinsische Änderung ist eine nicht-relationale Änderung, die nur das Subjekt involviert. Ein Apfel ändert sich beispielsweise von grün zu rot. Eine extrinsische Änderung ist eine relationale Änderung, die etwas anderes involviert, in Bezug auf das sich das Subjekt ändert. Ein Mann kann beispielweise kleiner als sein Sohn werden, nicht indem er eine intrinsische Änderung seiner eigenen Größe erfährt, sondern indem er in einer Relation zu seinem Sohn steht, der eine intrinsische Änderung seiner eigenen Größe erfährt.

  • [4]

    Siehe die Erörterung in: Thomas V. Morris, Anselmian Explorations (Notre Dame, Ind.: University of Notre Dame Press, 1987), S. 98-123; Christopher Hughes, On a Complex Theory of a Simple God, Cornell Studies in Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1989).

  • [5]

    Ich sehe es als gegeben an, dass es kontingente Ereignisse wie freie menschliche Handlungen gibt; siehe den Artikel in diesem Band über göttliche Vorsehung. Siehe auch mein Buch The Only Wise God: The Compatibility of Divine Foreknowledge and Human Freedom Grand Rapids, Mich.: Baker Bookhouse, 1987.

  • [6]

    Siehe mein Buch The Tenseless Theory of Time: A Critical Examination, Synthese Library 294 (Dordrecht: Kluwer Academic Publishers, 2000).

  • [7]

    Zu beachten ist jedoch: Wenn wir Aussagen oder Tatsachen als etwas betrachten, das in Gottes perzeptuellen Geltungsbereich fällt, dann muss Gott selbst bei einem perzeptualistischen Modell die Zukunft wissen, solange das Bivalenzprinzip für futurische Aussagen gilt. Denn er nimmt wahr, welche futurischen Aussagen gegenwärtig die Eigenschaft der Wahrheit in sich tragen oder welche futurischen Tatsachen gegenwärtig existieren. Somit kennt er die Wahrheit über die Zukunft durch seine Wahrnehmung gegenwärtig existierender Wirklichkeiten.

  • [8]

    Siehe insbesondere Gerald J. Holton, „Mach, Einstein and the Search for Reality“, in: Ernst Mach: Physicist and Philosopher, Boston Studies in the Philosophy of Science 6 (Dordrecht: D. Reidel, 1970), S. 165-199: idem, „Where Is Reality? The Answers of Einstein“, in: Science and Synthesis, hrsg. von UNESCO (Berlin: Springer-Verlag, 1971), S. 45-69; und die gesammelten Essays in: idem, Thematic Origins of Scientific Thought. Siehe auch Lawrence Sklar, „Time, Reality, and Relativity“, in: Reduction, Time and Reality, hrsg. von Richard Healey (Cambridge: Cambridge University Press, 1981), S. 141.

  • [9]

    Der Verifikationismus schlug ein Bedeutungskriterium vor, das so restriktiv war, dass es umfassende Abhandlungen offenbar völlig verständlicher Diskurse auf die Müllhalde des Unsinns verfrachten konnte; außerdem schien das Kriterium sich selbst zu widerlegen. Siehe die ausgezeichnete Erörtung in: Frederick Suppe, „The Search for Philosophical Understanding of Scientific Theories“, in: The Structure of Scientific Theories, 2. Aufl., hrsg. von F. Suppe (Urbana, Ill.: University of Illinois Press, 1977), S. 3-118.

  • [10]

    Es sei denn, es existiert ein Multiversum, in dem unser beobachtbares Universum nur eine Domäne ist, in welchem Fall Gott in der globalen Zeit des Multiversums existiert.

  • [11]

    Kosmische Zeit steht in einer Relation zu den lokalen Zeiten einer besonderen Gruppe von Beobachtern, die als „fundamentale Beobachter“ bezeichnet werden. Diese sind hypothetische, mit den Galaxien assoziierte Beobachter, die in Bezug auf die Ausdehnung des Universums im Ruhezustand sind. Mit fortschreitender Ausdehnung des Raumes bleibt jeder fundamentale Beobachter an demselben Ort, obwohl seine räumliche Trennung von anderen fundamentalen Beobachtern zunimmt. Kosmische Zeit steht insofern in einer Relation zu diesen Beobachtern, als ihre lokalen Zeiten alle mit der kosmischen Zeit in ihrem Umkreis zusammenfallen. Aufgrund ihrer gegenseitigen Rezession dient die Klasse der fundamentalen Beobachter nicht dazu, ein globales Inertialsystem – technisch gesehen – zu definieren, obwohl sie alle im Ruhezustand sind. Doch da jeder fundamentale Beobachter in Bezug auf den Raum im Ruhezustand ist, werden die Ereignisse, die nach seiner Berechnung simultan sind, lokal mit den Ereignissen zusammenfallen, die in der kosmischen Zeit simultan sind. Man könnte sagen, dass Gott in der Zeit des Inertialsystems jedes fundamentalen Beobachters existiert; aber dann gibt es kein Problem, da ihre lokalen Zeiten alle zu einer einzigen kosmischen Zeit verschmelzen.

  • [12]

    Siehe den sehr interessanten Beitrag von R. W. Hepburn, „Time-Transcendence and Some Related Phenomena in the Arts“, in: Contemporary British Philosophy, 4. Reihe, hrsg. von H. D. Lewis, Muirhead Library of Philosophy (London: George Allen & Unwin, 1976), S. 152-173.

  • [13]

    Robert C. Coburn, „Professor Malcolm on God“, Australasian Journal of Philosophy 41 (1963): 155.

  • [14]

    Eleonore Stump und Norman Kretzmann, „Eternity“, Journal of Philosophy 78 (1981): 429-458.

  • [15]

    d. h. ewig/temporal-simultan; Anm. d. Übers.

  • [16]

    Ein Wort zur Klärung: Mit „ewig“ meinen Stump und Kretzmann „zeitlos“, und mit dem „temporalen Bezugssystem“ meinen sie einen „Moment der Zeit“. Erwähnenswert ist auch, dass diese Definition überhaupt nicht analog zur Simultaneität in der SRT ist. Eine bessere Analogie wäre, zu sagen, dass x und y nur dann ET-simultan sind, wenn beide in derselben ewigen Gegenwart relativ zu dem ewigen Bezugssystem existieren, und wenn beide in demselben Moment der Zeit relativ zu dem temporalen Bezugssystem existieren. Doch dann wäre Gott relativ zu unserer Existenzweise temporal, was Stump und Kretzmann nicht sagen wollen.

  • [17]

    Stephen T. Davis, Logic and the Nature of God (Grand Rapids, Mich.: Wm. B. Eerdmans, 1983), S. 20; Delmas Lewis, „Eternity Again: A Reply to Stump and Kretzmann“, in: International Journal for Philosophy of Religion 15 (1984): 74-76; Paul Helm, Eternal God (Oxford: Clarendon Press, 1988), S. 32-33; William Hasker, God, Time, and Knowledge (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1989), S. 164-166; John C. Yates, The Timelessness of God (Lanham, Md.: University Press of America, 1990), S. 128-130; Brian Leftow, Time and Eternity, Cornell Studies in Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1991), S. 170-172; Garrett J. DeWeese, God and the Nature of Time, Ashgate Philosophy of Religion Series (Aldershot, England: Ashgate, 2004), S. 164.

  • [18]

    Eleonore Stump und Norman Kretzmann, „Eternity, Awareness, and Action“, in: Faith and Philosophy 9 (1992): 477-478.

  • [19]

    Brian Leftow, „Eternity and Simultaneity“, in: Faith and Philosophy 8 (1991): 148-179; vgl. idem, Time and Eternity, Kap. 10.

  • [20]

    Jonathan L. Kvanvig, The Possibility of an All-Knowing God (New York: St. Martin's, 1986), S. 150-165; Edward R. Wierenga, The Nature of God: An Inquiry into Divine Attributes, Cornell Studies in Philosophy of Religion (Ithaca, N.Y.: Cornell University Press, 1989), S. 179-185; Leftow, Time and Eternity, S. 312-337. Siehe auch Jonathan L. Kvanvig, „Omniscience and Eternity: A Reply to Craig“, in: Faith and Philosophy 18 (2003): 369-376; Edward R. Wierenga, Omniscience and Time, One More Time: A Reply to Craig“, in: Faith and Philosophy 21 (2004): 90-97.

  • [21]

    Paul Helm, „Eternal Creation: The Doctrine of the Two Standpoints“, in: The Doctrine of Creation, hrs. von Colin Gunton (Edinburgh: T. & T. Clark, 1997), S. 42-43; Helm, Eternal God, S. 25-27, 44, 47, 52, 79.