English Site
back
05 / 06

#504 Fragen zur leiblichen Auferstehung

January 20, 2017
F

Sehr geehrter Prof. Craig,

Happy Thanksgiving. Meine Frage bezieht sich auf Q&A 501, wo Sie schreiben, dass die Bibel die Auferweckung des Leibes als eine Verwandlung unseres irdischen Leibes sieht und nicht als Ersatz dieses Leibes durch einen völlig anderen. Als jemand, der in der Medizin tätig ist, habe ich zahlreiche Leichen seziert und überlege, ob ich nach meinem Tod meinen Körper der Medizin zur Verfügung stellen sollte. Halten Sie es für verwerflich, sich sezieren zu lassen – oder auch die Urnenbestattung zu wählen? Rein gefühlsmäßig sehe ich hier eher kein Problem, aber ich könnte nicht begründen, warum. Und diese Dinge scheinen ja zumindest auf den ersten Blick unvereinbar mit dieser Sicht von der Verwandlung des Leibes zu sein. Danke.

Daniel

USA

Frage 2:

Sehr geehrter Prof. Craig,

Ihr Q&A 501 über das Szenario, dass man den Leichnam Jesu finden könnte, hat mich echt beeindruckt. Wie Sie selber sagen, würde nach dem, was Paulus in 1. Korinther 15 sagt, solch ein Fund den christlichen Glauben als falsch erweisen. Aber es wäre natürlich unmöglich, sicher zu sein, dass der Leichnam, den man da ausgegraben hat, tatsächlich der von Jesus ist. Aber jetzt zu der Sache mit der Verwandlung unserer Leiber: Als ich das las, musste ich an die Fälle denken, wo der Leichnam des Verstorbenen nicht mehr aufzufinden ist. Ich denke hier noch nicht einmal so sehr an die Sitte der Einäscherung; da hat man ja noch wenigstens die Asche in der Urne. Ich denke an Fälle, wo die Leiche komplett ausgelöscht ist, wie bei der tragischen Sache mit dem jungen Mann, der eine der heißen Quellen im Yellowstone-Nationalpark als Sauna benutzen wollte und den das Wasser buchstäblich auflöste. Oder denken Sie an Menschen, von denen nach einer Atombombenexplosion oder Ähnlichem nichts mehr übrig blieb. Wie denken Sie über die Auferstehung von Menschen, die keinen Körper mehr haben, der verwandelt werden könnte, die aber Christen waren?

Ed

USA

United States

Prof. Craigs Antwort


A

In beiden Fragen geht es um die Beziehung zwischen den sterblichen Überresten des irdischen Körpers und dem Auferstehungsleib. Wenn die Auferstehung die Verwandlung des irdischen in den Auferstehungsleib bedeutet (und nicht seine Ersetzung durch den Auferstehungsleib, vgl. Q&A 501), was geschieht dann bei Menschen, deren Leib beschädigt bzw. ganz zerstört worden ist?

Wir kommen der Antwort auf diese Frage näher, wenn wir uns darüber klar werden, dass im alten Judentum das wesentliche Objekt der Auferstehung die Gebeine des Verstorbenen waren. Dies typisch jüdische Sicht wird eindrücklich dargestellt in Hesekiels Vision von dem Totenfeld (Hesekiel 37,1-14), wo Gott die Totengebeine mit neuen Sehnen und Fleisch bedeckt und zu neuem Leben auferweckt. Die alte jüdische Bestattungspraxis sah auch so aus, dass man den Leichnam für ein Jahr bestattete, bis das Fleisch vollständig verwest war, und anschließend die Knochen wieder ausgrub und sorgfältig in Ossuarien legte, die man dann in Gräber stellte, wo sie bis zum Tag der Auferstehung bleiben sollten.

Für einen Juden wären daher weder Organspenden noch die Kremation problematisch gewesen, solange die Knochen intakt blieben. So wie ich es verstehe, wird bei der modernen Leichenverbrennung das Fleisch verbrannt, doch die Knochen bleiben intakt, bis sie anschließend zermahlen werden. Demnach könnte jemand, der sich an die Bestattungspraktiken der Juden zur Zeit Jesu halten möchte, einfach diesen letzten Schritt auslassen und stattdessen nach der Kremation seine Knochen bestatten lassen, in der Hoffnung auf die Wiederkunft Christi (1. Thessalonicher 4,13-18).

Bei den jüdischen Märtyrern standen die Juden selber vor dem Problem, dass der Leib eines Verstorbenen einschließlich der Knochen komplett vernichtet war, und die Rabbis diskutierten, wie Gott dieses Problem lösen würde. Man war sich einig, dass das es eine Lösung geben musste. So konnte Gott, der doch allmächtig ist, einfach ex nihilo neue Leiber für die Märtyrer schaffen; dergleichen war dann die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigte.

Für uns Christen heute ist die Frage, ob wir, da die Bibel uns nirgends befiehlt, uns an die damaligen jüdischen Gebräuche zu halten, Bestattungspraktiken meiden sollten, bei denen die Knochen nicht intakt bleiben. Ich finde, dass das jeder nach seinem Gewissen entscheiden muss. Ich persönlich finde, dass ein Ossuar Charme hat und ein guter Ausdruck der christlichen Auferstehungshoffnung ist.

(Übers.: Dr. F. Lux)

Link to the original article in English: www.reasonablefaith.org/resurrecting-bodily-remains

- William Lane Craig