#214 Argumente gegen Gottes Existenz
July 12, 2016Hallo Herr Prof. Craig,
Ich habe mit einem atheistischen Freund gesprochen, der Fragen bezüglich der Creatio ex nihilo hat. Er behauptet, dass die Creatio ex nihilo logisch inkohärent sei, da Dinge, die existieren, keine ursächliche Macht über Dinge haben, die nicht existieren. In anderen Worten: Wie kann Gott etwas, das nicht existiert, dazu veranlassen, etwas zu tun? Wie genau würde Gott etwas, was nicht existiert, in Existenz „bringen“? Er beharrt darauf, dies würde implizieren, etwas könne gleichzeitig existieren und nicht existieren. Deshalb sei es logisch inkohärent. Scheint es nicht so, dass Kausalität nur dann wirksam sein kann, wenn existierende Dinge auf existierende Dinge einwirken?
Was sagen Sie dazu?
Danke!
John
United States
Prof. Craigs Antwort
A
Argumente gegen die Existenz Gottes
Ihre Frage, John, erinnert mich an einen Einwand, den ein anderer Leser neulich von einer atheistischen Webseite sandte. Er lautet folgendermaßen:
Das Kalam-Argument GEGEN Gottes Existenz:
P1: Nichts, das existiert, kann etwas anderes, das noch nicht existiert, veranlassen zu existieren.
P2: Angesichts (1) gilt: Alles, was angefangen hat zu existieren, wurde nicht von etwas verursacht, das bereits existiert.
P3: Das Universum begann zu existieren.
P4: Unter Voraussetzung (2) und (3) wurde das Universum nicht durch irgendetwas verursacht zu existieren, das bereits existiert.
P5: Gott ist die Ursache des Universums.
C1: Angesichts von (4) und (5) existiert Gott nicht.
Der offensichtliche Fehler bei beiden dieser Einwände besteht in der Annahme, dass die Erschaffung oder der Beginn der Existenz eine Art Veränderung in einem Ding vom Nicht-Existent-Sein zum Existent-Sein darstellt, genauso wie ein Ding seine Farbe von Grün zu Rot verändern kann. Somit scheint (P1) davon auszugehen, dass es Dinge gibt, die nicht existieren, was die meisten Philosophen als absurd betrachten würden. Wie Ihr Freund sagt, „dies würde implizieren, dass etwas gleichzeitig existieren und nicht existieren kann.“ So ist es eine triviale Wahrheit, dass kein existierendes Ding ein nicht-existierendes Ding dazu veranlassen kann, zu existieren zu beginnen, oder dass, mit den Worten Ihres Freundes, „Dinge, die existieren, keine kausale Macht über Dinge haben, die nicht existieren“, da es keine nicht-existierenden Dinge gibt! (Wenn man annimmt, dass es wirklich nicht-existierende Dinge gibt, dann ist (P1) nicht länger eindeutig wahr. Warum könnte ein existierendes Ding eines dieser nicht-existierenden Dinge nicht dazu veranlassen, zu existieren zu beginnen?)
Argumente gegen Gottes Existenz – Was die Schöpfung aus dem Nichts wirklich bedeutet
Doch weder die Creatio ex nihilo noch der Beginn einer Existenz impliziert, dass etwas einen Wandel von der Nicht-Existenz zur Existenz vollzieht. Wie C. D. Broad es ausdrückt, so bedeutet absolutes Werden nicht, zu diesem oder jenem zu werden, sondern einfach zu werden, Punkt; einfach beginnen zu sein. Aber dann unterliegen die Fragen Ihres Freundes: „Wie verursacht Gott etwas, das nicht existiert, etwas zu tun? Wie genau würde Gott etwas, das nicht existiert, in Existenz ‚bringen?‘“, einer falschen Vorstellung. Gott tut das nicht. Der Einwand ihres Freundes gegen die Creatio ex nihilo ist somit hinfällig. Damit ist kein Grund dafür geliefert, warum Gott nicht einfach Materie und Energie schaffen kann, aus denen das Universum besteht.
Außerdem würde (P2) nicht aus (P1) folgen. Denn Dinge, die zu existieren beginnen, sind nicht nicht-existierende Dinge, die existent wurden. Wenn das aus (P1) folgen soll, dann erfordert (P2) eine andere Interpretation von (P1):
(P1*) Nichts kann etwas, das existiert, aber vorher nicht existierte, verursachen zu existieren zu beginnen.
Das Problem ist, dass (P1*) offensichtlich falsch ist. Ich, beispielsweise, begann zu existieren. Tat ich das ohne eine Ursache? Gemäß (P2), das aus (P1*) folgt, taucht alles, das zu existieren beginnt, einfach so auf, ohne Ursache. Das ist nicht nur offensichtlich falsch, sondern eine solche Überzeugung würde Wissenschaft und das Leben selbst unmöglich machen. Keine Notwendigkeit mehr, etwas über die Vögel und Bienen zu lernen! Erwarten Internetatheisten wirklich, dass Menschen einen solchen Unsinn wie diesen schlucken, um Theismus zu vermeiden?
Doch es wird noch schlimmer! Denn (P5) wird von unserem Atheisten für wahr gehalten! Somit gipfelt das Argument in dem Schluss, dass Gott ein nicht-existierendes Objekt ist, das verursachte, dass das Universum zu existieren begann! Ja, wenn wir die obige Schlussfolgerung vermeiden wollen, dass alles, was zu existieren beginnt, dies ohne eine Ursache tut, dann scheint es, dass wir sagen müssen, dass alles, was zu existieren beginnt, von nicht-existenten Objekten verursacht wird, ins Dasein zu kommen. Wie sie diesen metaphysischen Trick abziehen, lässt uns unser kühner Atheist nicht wissen.
(Übers.: B. Currlin)
Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/arguments-against-gods-existence
- William Lane Craig