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#32 Apatheismus

November 10, 2016
F

Nach nur einem Besuch Ihrer tollen Seite bin ich mir recht sicher, dass ich einem Atheisten zeigen kann, dass seine Position nicht haltbar ist. Doch ich bin vor Kurzem auf einen Menschen gestoßen, der sich selbst als Apatheist beschreibt. Nach einer kurzen Recherche habe ich bemerkt, dass alle Argumente, die mir einfallen, mit „Dein Gott ist nicht relevant, und es ist mir egal“ beantwortet werden.

Dieser Mann ist vielleicht ein verlorener Fall; er hat aber viele Nachfolger. Wie kann ich auf seiner Website selbstbewusst Argumente für Gott anführen, wenn in einer Diskussion das Christentum oder auch irgendein anderer Glaube angesprochen wird?

Danke für Ihre Zeit.

Mike

United States

Prof. Craigs Antwort


A

Das ist das zweite Mal diese Woche, dass ich höre, wie jemand diesen Solözismus verwendet, um seine Ansichten über die Existenz Gottes zu beschreiben. Das muss der neueste Trend unter Ungläubigen sein!

„Apatheismus“ (vermutlich von „Apathie“ + „Theismus“) charakterisiert Menschen, denen es einfach egal ist, ob Gott existiert oder nicht.

Als solcher erhebt der Apatheismus keinen Wahrheitsanspruch und kann somit weder wahr noch falsch sein. Er behauptet nichts und bestreitet nichts. Er ist einfach eine Haltung oder ein psychischer Zustand der Gleichgültigkeit in Bezug auf die Existenz Gottes.

Daraus folgt, dass der Apatheist zur Widerlegung Ihrer Argumente für Gottes Existenz nichts anzubieten hat. Er erwidert auf Ihre Argumentation einfach nur: „Es ist mir egal.“ Die Stichhaltigkeit Ihrer Argumente bleibt durch sein mangelndes Interesse unberührt. Sie können Ihre Argumente also weiterhin selbstbewusst vorbringen, wohl wissend, dass seine Apathie die Wahrheit Ihrer Prämissen oder die Gültigkeit Ihrer Schlussfolgerungen keineswegs infrage stellt.

Ja, es wäre interessant zu sehen, was er sagen würde, wenn Sie auf seinen Apatheismus erwidern würden: „Ich verstehe, dass es dir egal ist, ob Gott existiert oder nicht. Aber denkst du, er existiert? Da es dir egal ist, kannst du ganz objektiv sein. Was denkst du? Gibt es einen Gott?“ Er sagt dann vielleicht, dass er eigentlich ein Atheist oder Agnostiker ist, und dann können Sie ihn nach seinen Gründen für seine Anschauung fragen.

Wenn er aber weiterhin nur wiederholt, dass es ihm einfach egal ist, sagen Sie ihm: „Hmm, das ist komisch! Selbst die meisten Atheisten erkennen an, dass Gottes Existenz einen riesigen Unterschied für die Menschheit machen würde. Warum ist es dir egal?“

An dieser Stelle muss er so etwas Ähnliches wie Ihr Freund sagen: „Dein Gott ist nicht relevant, und es ist mir egal.“ Nun, diese Antwort ist erstaunlich. Relevant zu sein, heißt, praktische Konsequenzen zu haben, einen Unterschied zu machen. Wie ich finde, ist jeder, der denkt, dass das Christentum irrelevant ist, entweder kein sehr tiefer Denker oder er verwendet das Wort „irrelevant“ in einem idiosynkratrischen (ganz eigenen) Sinn. (Wenn das Christentum nicht wahr ist, ist es natürlich nicht relevant. Doch dann ist der Grund dafür, dass es ihm egal ist, der, dass es nicht wahr ist, und nicht der, dass es irrelevant ist. Doch ich finde es verblüffend, dass jemand der Meinung sein kann, dass das Christentum vielleicht wahr, aber dennoch irrelevant ist.) Für einen oberflächlichen Menschen scheint das Christentum vielleicht nicht relevant zu sein, weil er nie daran denkt, die tiefen Fragen über das Leben zu stellen.

Laden Sie ihn also ein, über diese Frage nachzudenken: „Wenn das Christentum wahr WÄRE, welche Konsequenzen hätte das für dein Leben? Was für einen Unterschied würde es machen?“ Ich denke, wenn das Christentum wahr ist, dann ist es von größter Relevanz für unser Leben. Ich habe versucht, diese Frage in meinen Vorträgen und Schriften über „Die Absurdität des Lebens ohne Gott“ anzugehen.“ Lassen Sie mich daher einfach Gründe aufzählen, warum das Christentum relevant ist, wenn es wahr ist.

1. Wenn das Christentum wahr ist, gibt es einen Sinn für Ihr Leben.
2. Wenn das Christentum wahr ist, dann gibt es objektive moralische Werte und Pflichten im Leben.

3. Wenn das Christentum wahr ist, gibt es einen Zweck für Ihr Leben.

4. Wenn das Christentum wahr ist, gibt es Hoffnung auf Erlösung von den Nöten unserer endlichen Existenz, wie dem Leid, dem Altern und dem Tod.

5. Wenn das Christentum wahr ist, gibt es Vergebung für all das Falsche, das Sie getan haben.

6. Wenn das Christentum wahr ist, haben Sie die Gelegenheit einer persönlichen Beziehung mit Gott und ewiger Glückseligkeit.

Aufgrund all dieser wunderbaren Vorzüge erscheint es mir zwingend erforderlich, herauszufinden, ob das Christentum wahr ist. Doch das ist mit einer apatheistischen Haltung unvereinbar.

Die Herausforderung des Apatheismus ist also nicht philosophisch, sondern psychologisch. Die Frage ist, wie wir die Menschen auf die Frage nach Gott aufmerksam machen können. Indem wir ihnen den krassen Kontrast in den jeweiligen Folgen des Atheismus und des Christentums für die Menschheit aufzeigen, motivieren wir Sie vielleicht, die Frage ernst zu nehmen, ob der Gott der Bibel existiert oder nicht.

Doch da die Herausforderung des Apatheismus psychologisch ist, ist die beste Strategie für den Umgang damit nicht intellektuell, sondern relational. Werden Sie dem Apatheisten ein wahrer Freund, zeigen Sie ihm, dass er Ihnen als Mensch wichtig ist, und bald wird Ihre ungeheuchelte Liebe ihm gegenüber wahrscheinlich effektiver sein als jegliche rationale Apologetik, die Sie ihm anbieten können. Vergessen Sie nicht: Die Herausforderung besteht einfach darin, ihn dazu zu bringen, die Frage ernstzunehmen. Das passiert eher in Folge Ihrer Freundschaft zu ihm als in Folge Ihrer Argumente.

Ich vermute sehr, dass der selbsternannte Apatheist für gewöhnlich ein fauler Atheist ist. Er glaubt eigentlich, dass es keinen Gott gibt, rührt aber keinen Finger, um seine Ansicht zu rechtfertigen. Es ist ihm egal, weil er denkt, es ist nicht wahr.

(Übers.: J. Booker)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/apatheism

- William Lane Craig