Die Wache am Grab Jesu
Summary
Die Geschichte des Matthäus über die Wache am Grab Jesu wird weithin als apologetische Legende betrachtet. Mehrere der dafür vorgebrachten Begründungen fallen nicht ins Gewicht, doch zwei sind ernst zu nehmen: 1. Diese Geschichte findet sich nur bei Matthäus. 2. Sie setzt voraus, dass Jesus seine Auferstehung vorhersagte und dass nur die jüdischen Oberen diese Vorhersagen verstanden. Doch das Fehlen dieser Geschichte in den anderen Evangelien kann darauf beruhen, dass diese sich nicht für die jüdisch-christliche Polemik interessierten, und es gibt keine guten Gründe dafür, zu verneinen, dass Jesus seine Auferstehung voraussagte, womit der zweite Einwand im Wesentlichen zu einem argumentum ex silentio wird. Auf der positiven Seite gibt es zwei Überlegungen, die die Historizität der Geschichte stützen: 1. Als apologetische Geschichte ist sie keine narrensichere Erwiderung auf die Behauptung des Leichendiebstahls, und 2. macht eine Rekonstruktion der hinter der jüdisch-christlichen Polemik liegenden Überlieferungsgeschichte es unwahrscheinlich, dass die Wache frei erfunden wurde.
„The Guard at the Tomb“, New Testament Studies 30 (1984), S. 273-281.
In den kanonischen Evangelien finden wir nur bei Matthäus die faszinierende Geschichte der Wache am Grab Jesu (Matthäus 27,62-66; 28,4.11-15). Die Geschichte hat eine apologetische Absicht: die Widerlegung der Behauptung, die Jünger Jesu hätten seinen Leichnam gestohlen, um seine Auferstehung vorzutäuschen. Hinter der Geschichte, wie Matthäus sie erzählt, scheint eine Überlieferungsgeschichte der jüdisch-christlichen Polemik zu liegen, ein sich entwickelndes Muster aus Behauptung und Gegenbehauptung: [1]
Judenchrist: „Der Herr ist auferstanden!“
Jude: „Nein, seine Jünger haben seinen Leichnam gestohlen.“
Judenchrist: „Unmöglich! Das hätte die Grabwache verhindert.“
Jude: „Die sind eingeschlafen.“
Judenchrist: „Das behaupten die nur, weil die Hohenpriester sie entsprechend bestochen haben.“
Unter den vier kanonischen Evangelisten erwähnt allein Matthäus die Grabwache (Johannes erwähnt eine Wache im Zusammenhang mit der Gefangennahme Jesu; vgl. Markus 14,44). Wir finden die Geschichte jedoch auch im apokryphen Petrusevangelium, wo sie gut unabhängig von Matthäus sein kann, da die sprachlichen Übereinstimmungen praktisch nicht vorhanden sind. [2]
Bei Matthäus bitten die Hohenpriester und Pharisäer am Samstag, also am Sabbat (Matthäus vermeidet interessanterweise den Ausdruck „Sabbat“ und spricht vom „nächsten Tag, der auf den Rüsttag folgt“) [3] Pilatus um eine Wache zur Sicherung des Grabes, damit die Jünger nicht Jesu Leichnam stehlen und seine Ankündigung, am dritten Tage aufzuerstehen, auf diese Weise „erfüllen“. Pilatus sagt: „Da habt ihr die Wache; geht hin und bewacht es, so gut ihr könnt.“ Es ist nicht klar, ob dies bedeutet, dass Pilatus ihnen eine römische Wache gab oder sie anwies, ihre eigene Tempelwache zu benutzen. Das Petrusevangelium benutzt eine römische Wache, aber dies ist wahrscheinlich eine Interpretation der Überlieferung, die die Stärke der Wache hervorheben soll. Wenn ich hier ein psychologisches Element erwähnen darf: Pilatus dürfte zu diesem Zeitpunkt so von den Juden genervt gewesen sein, dass es einen nicht wundern würde, wenn er sie abgewiesen hätte, aber Legenden kennen keine psychologischen Grenzen. Falls Pilatus die Juden tatsächlich abblitzen ließ, ist die Frage, warum dieser Teil der Geschichte überhaupt erwähnt wird, aber wenn die Juden wirklich zu Pilatus gingen, dann blieb dieses Detail vielleicht in Erinnerung. Wenn Pilatus ihnen eine römische Wache zur Verfügung stellte, ist es merkwürdig, dass Matthäus dies nicht (wie das Petrusevangelium) explizit erwähnt, da das seine Apologetik stärken würde. Die Tatsache, dass einige aus der Wache nach der Auferstehung zu den Hohenpriestern gingen, um ihnen Bericht zu erstatten, zeigt, dass Matthäus wohl an eine jüdische Wache dachte; man vergleiche hier wieder das Petrusevangelium, wo die römische Wache Pilatus berichtet, was an dem Grab geschehen ist. Die Erwähnung des Statthalters in Matthäus 28,14 könnte wiederum auf eine römische Wache hindeuten, aber dann wäre nicht klar, wie die Juden die Männer der Wache hätten decken können. Auch dass römischen Soldaten, die beim Wachdienst einschliefen oder die bestechlich waren, die Hinrichtung drohte, deutet eher auf eine jüdische Wache hin. Im Petrusevangelium erscheinen die Bestechung und das Einschlafen nicht; Pilatus weist die römische Wache einfach an, den Mund zu halten. Hält man die Geschichte unter dem Strich für echt, wird man eher von einer jüdischen Wache ausgehen; ist man dagegen sicher, dass die Geschichte eine wertlose Legende ist, hindert einen nichts daran, an eine römische Wache zu glauben.
Die Wache kommt also, und das Grab wird versiegelt. Es ist behauptet worden, dass Matthäus wegen dieser Wache und der Versiegelung das Salbungsmotiv weglässt, [4] doch dies trägt nicht, denn die Frauen haben von dem, was da am Sabbat vorging, ganz offensichtlich nichts gewusst. Wahrscheinlicher ist, dass Matthäus hier unterschiedlichen Überlieferungen folgt; aus 28,15 erhellt, dass hinter Matthäus‘ Geschichte eine Überlieferungsgeschichte steht. [5] Bevor die Frauen kommen, rollt ein Engel des Herrn den Verschlussstein des Grabes zur Seite, und die Wachen sind starr vor Schreck. Es steht hier nicht, dass die Wachen die Auferstehung mitbekommen, oder auch nur, dass dies der Augenblick der Auferstehung ist. [6] Als die Frauen wieder weg sind, gehen einige aus der Wache zu den Oberen der Juden, die sie darauf bestechen und anweisen, zu sagen, die Jünger hätten den Leichnam gestohlen. Matthäus schließt: „Und dies Gerücht hat sich bei Juden verbreitet bis auf den heutigen Tag“ (28,15).
Der Bericht des Matthäus ist in der Kritik fast einhellig als apologetische Legende abgetan worden. Die Gründe für dieses Urteil sind jedoch von sehr unterschiedlichem Wert. So bedeutet die Tatsache, dass die Geschichte eine apologetische Reaktion auf die Behauptung vom Leichendiebstahl durch die Jünger sei, nicht, dass sie nicht historisch ist. Die beste Antwort auf solch eine Behauptung bestand nicht darin, irgendwelche Geschichten zu erfinden, sondern schlicht klarzustellen, wie es wirklich gewesen war. Es bringt auch nichts, mit dem theologischen Einwand zu argumentieren, wie dies häufig geschieht, dass diese Geschichte über das übrige Zeugnis des Neuen Testaments, dass Jesus nur den Seinen erschien, aber nicht seinen Feinden, hinausgeht. [7] Manche Theologen schaudert es bei dem Gedanken, dass heidnische Soldaten den „auferstandenen Christus“ gesehen haben könnten. [8] Doch der Bericht erwähnt nichts von einer Erscheinung Jesu vor der Wache. Im Gegenteil, der Engel sagt ausdrücklich: „Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat“, aber wahrscheinlich wurde das Grab geöffnet, damit die Frauen hineingehen und „die Stätte, wo er gelegen hat“ sehen konnten (Matthäus 28,6). Im Übrigen bezeugt das Neue Testament, dass der auferstandene Jesus auch Zweiflern, Ungläubigen und sogar Feinden erschien (Thomas, Jakobus, Paulus). Die Vorstellung, dass nur das Auge des Glaubens den Auferstandenen sehen konnte, ist den Evangelien und Paulus fremd, die einhellig die Körperlichkeit der Erscheinungen des Auferstandenen betonen. [9]
Es wird manchmal auch behauptet, dass die Hohenpriester und Pharisäer niemals am Sabbat zu Pilatus gegangen wären. Doch dieser Einwand hat wenig Gewicht, denn es heißt nicht, dass sie alle zu ihm gingen, [10] und es heißt auch nicht, dass sie in das Prätorium hineingingen (vgl. Johannes 18,28). Der Einwand unterschätzt auch das Heucheleipotential von Männern, die (jedenfalls nach ihrer Beschreibung in den Evangelien) anderen schwere Lasten aufluden, aber selbst keinen Finger rührten, um ihnen zu helfen. Es überzeugt auch nicht, die Geschichte deswegen abzulehnen, weil sie innere Ungereimtheiten enthält; so konnten die Wachen nicht gut wissen, dass die Jünger die Leichendiebe waren, wenn sie doch geschlafen hatten, und ein römischer Soldat hätte sich niemals bereit erklärt, eine Geschichte zu verbreiten, für die er hingerichtet werden konnte. [11] Der Einwand mit der ersten Ungereimtheit geht davon aus, dass die Juden niemals eine Story erfunden hätten, die so dumm war; tatsächlich ist sie gerade so gut wie jede andere. Die Behauptung, dass die Jünger hinter der Sache steckten, lag ziemlich nahe; wer sonst hätte den Leichnam stehlen sollen? Und die zweite Unstimmigkeit setzt voraus, dass es eine römische Wache war, wofür die Beweislage mager ist. Und wenn sie doch römisch war, dann bedeutete das Versprechen der Juden, den Statthalter zu „beschwichtigen“, halt so viel wie: Wenn ihr dem Volk die Lüge mit dem Diebstahl auftischt, sagen wir Pilatus, dass ihr in Wirklichkeit treu euren Dienst getan habt.
Die eigentlichen Schwierigkeiten bei der Geschichte mit der Grabwache sind die folgenden beiden: Erstens erscheint sie weder in der vormarkianischen Passionsgeschichte noch in den anderen Evangelien, und zweitens setzt sie nicht nur voraus, dass Jesus seine Auferstehung nach drei Tagen ankündigte, sondern auch, dass die Juden diese Ankündigung verstanden, die Jünger aber nicht. Was den ersten Punkt betrifft, ist es höchst merkwürdig, dass die anderen Evangelien von so einem wichtigen Detail wie der Grabwache nichts wissen, was darauf hindeutet, dass die Geschichte eine spätere Legende und Spiegel einer jahrelangen jüdisch-christlichen Polemik ist. Die Bezeichnung Jesu als Betrüger ist ein Markenzeichen der antichristlichen jüdischen Polemik (vgl. Justins Dialog mit Trypho 108; Testament der Zwölf Erzväter (Levi) 16.3). Aber vielleicht liegt gerade in diesem polemischen Interesse der Grund dafür, warum dieses Ereignis, obwohl es historisch war, nicht in die vormarkianische Passionsgeschichte aufgenommen wurde. Denn diese entstand in der Urgemeinde vor der der Auseinandersetzung mit dem Judentum und liegt somit zeitlich vor der jüdisch-christlichen Polemik. Da die Grabwache in den Ereignissen um die Entdeckung des leeren Grabes praktisch keine Rolle spielt (die Darstellung bei Matthäus schließt nicht aus, dass die Wache bereits fort war, als die Frauen kamen), kann es gut sein, dass die vormarkianische Passionsgeschichte sie schlicht weggelassen hat. Und falls der Vorwurf, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hatten, auf bestimmte Kreise beschränkt war („Und dies Gerücht hat sich bei Juden [para Ioudaiois] verbreitet bis auf den heutigen Tag“), lässt sich nicht ausschließen, dass Lukas oder Johannes diese Überlieferungen schlicht nicht vorlagen. Und es geschieht oft, dass die Evangelisten unerklärlicherweise wichtige Begebnisse, die ihnen sicher bekannt waren, auslassen (so fehlen z.B. die Ereignisse aus Markus 6,45-8,26 bei Lukas komplett), sodass es riskant ist, das Auslassen von Informationen als Kriterium für Historizität zu verwenden.
Was den zweiten Punkt betrifft, sollten wir es nicht a priori ausschließen, dass Jesus tatsächlich seine Auferstehung vorhersagte, denn solch ein Ausschluss wäre ein Rückfall in die Präsupposition des theologischen Rationalismus des 18. Jahrhunderts gegen das Übernatürliche. Und wenn philosophische Präsuppositionen diese Vorhersage Jesu nicht ausschließen können, dann auch keine theologischen (z. B. dass dies ein „Triumphalismus“ sei, der das Opfer Jesu gleichsam kleiner mache, da er ja die ganze Zeit schon wusste, dass er wiederauferstehen würde). Theologische Vorstellungen darüber, was der Person Jesu „angemessen“ ist und was nicht, können der Geschichte keine Vorschriften machen, wie es wirklich war. Es könnte sein, dass vielmehr die theologischen Prämissen im Lichte dessen, was historisch geschehen ist, verändert werden müssen, ob dies den Theologen passt oder nicht. Die einzigen zulässigen Gründe dafür, die Vorhersagen Jesu anzunehmen bzw. abzulehnen, haben empirisch zu sein.
Was sind nun die empirischen Gründe für die Annahme, dass Jesus tatsächlich seine Auferstehung vorhersagte? Es wird manchmal behauptet, dass Jesu Voraussage seiner Auferstehung nicht zu der verzweifelten Hoffnungslosigkeit seiner Jünger passt, doch dieses Argument übersieht die klaren Aussagen in den Evangelien, dass den Jüngern ein sterbender und wieder auferstehender Messias nicht in den Kopf ging (Markus 8,32; 9,10). Die ganze Vorstellung war ihnen völlig fremd und passte überhaupt nicht zu Ihren Erwartungen eines triumphierenden Königs von Israel – und das obwohl, wie Markus betont, Jesus ihnen offen sagte, dass er leiden, sterben und auferstehen würde (Markus 8,32). Und als Jesus Martha sagt, dass Lazarus auferstehen wird, antwortet sie bezeichnenderweise: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage“ (Johannes 11,24). Möglicherweise haben die Jünger bezüglich der Auferstehung Jesu das Gleiche erwartet, ja in ihrer Frage über das eschatologische Kommen des Elia vor der Auferstehung (Markus 9,10-11) ist dies impliziert. [12] Dass die Jünger Jesu Auferstehungsankündigungen missverstanden, ist mithin absolut plausibel und kann nicht als Argument gegen ihre Historizität benutzt werden. Man könnte allenfalls behaupten, dass der sprachliche Stil der Vorhersagen ex ecclesia ist und dass die Evangelisten sie folglich nachträglich in das Leben Jesu hineingeschrieben haben, aber es finden sich in den Vorhersagen keine Worte, die Jesus nicht selber benutzt haben könnte. Das „nach drei Tagen“ könnte auch allgemein einen kurzen Zeitraum bedeutet haben. [13] Doch selbst dann, wenn dieses Detail aus dem Kerygma heraus eingefügt wurde, impliziert dies nicht, dass Jesus seine Auferweckung nicht hätte vorhersagen können. Ganz ähnlich ist die Bitte der Juden gegenüber Pilatus eine Konstruktion des Matthäus, und das Dritte-Tag-Motiv könnte die kerygmatische Formulierung in 1. Korinther 15,4 widerspiegeln. Es kann sogar gut sein, dass die Juden um eine Grabwache auf unbestimmte Dauer oder für die Dauer des Festes gebeten hatten. Dass die Auferstehungsvorhersagen eine kerygmatische Färbung angenommen haben, beweist nicht, dass Jesus sie nicht gemacht hat.
Aber das vielleicht größte Problem bei der Geschichte von der Grabwache ist, dass dann, wenn die Jünger den Inhalt der Auferstehungsvorhersagen Jesu nicht begriffen hatten, die Juden, die ja viel weniger Kontakt zu Jesus hatten, sie erst recht nicht begreifen konnten. Doch dies ist im Wesentlichen ein argumentum ex silentio, da Matthäus uns nicht sagt, wie die Juden von Jesu Vorhersage erfahren hatten. Das Argument geht davon aus, dass die Evangelien sämtliche Gelegenheiten, bei denen Jesus von seiner Auferstehung sprach, erwähnen oder dass, falls diese Vorhersage den Juden zu Ohren kam, wir das doch wohl wissen müssten. Aber es ist gut möglich, dass das Verhalten der jüdischen Oberen nicht durch irgendein Wissen über Auferstehungsprophezeiungen motiviert war, sondern einfach eine Vorsichtmaßnahme war, um mögliche Aktionen der Jünger an dem Grab während des Festes zu unterbinden. Zusammengenommen, haben diese Einwände gegen die Historizität der Geschichte von der Grabwache jedoch einiges Gewicht und könnten einen sehr wohl skeptisch stimmen.
Doch es gibt andere Überlegungen, die für die Historizität sprechen. Zum Beispiel: Wenn diese Geschichte eine apologetische Erfindung ist, um Gerüchten, die Jünger hätten den Leichnam gestohlen, den Wind aus den Segeln zu nehmen, dann funktioniert sie nicht zu 100 Prozent, denn es gibt immer noch ein Zeitfenster, in welchem die Jünger den Leichnam unerkannt hätte stehlen können, nämlich die Zeit zwischen 18 Uhr am Karfreitagabend und irgendwann am frühen Samstagmorgen. Da das Grab bereits leer war, als der Engel es öffnete, ist es nicht ausgeschlossen, dass es auch schon leer war, als die Wache den Stein versiegelte. Matthäus erwähnt nichts davon, dass das Grab vor der Versiegelung geöffnet und inspiziert wurde, sodass es durchaus möglich ist, dass die Jünger irgendwann am Freitagabend, als Josef von Arimathäa nicht mehr da war, den Leichnam holten und den Stein wieder vor das Grab rollten. Wir würden eine solche List natürlich historisch absurd finden, aber darum geht es hier nicht. Worum es geht, ist, dass der Verfasser seinen Job nicht besonders gut gemacht hat, wenn die Grabwache eine Erfindung der Christen zur Widerlegung der jüdischen Behauptung von den raffinierten Jüngern ist, die Jesu Leichnam stahlen.
Wer wissen will, wie eine richtige apologetische Legende mit dieser Geschichte umgeht, konsultiere das Petrusevangelium: Dort gehen die Schriftgelehrten, Ältesten und Pharisäer bereits am Freitag zu Pilatus, der ihnen eine römische Wache gibt. Die Soldaten, die Schriftgelehrten und die Ältesten gehen darauf zusammen zu dem Grab, rollen den großen Stein vor den Eingang des Grabes (keine Spur von Josef von Arimathäa!), versiegeln ihn siebenfach und halten Wache. Am Sonntagmorgen kommt Jesus selber, begleitet von den beiden Engeln, aus dem Grab, und dies vor den Augen nicht nur der Soldaten und Ältesten, sondern einer großen Menschenmenge aus Jerusalem und Umgebung, die gekommen ist, um das Grab zu sehen! Das ist Apologetik mit Netz und doppeltem Boden: Die Römer und die Juden besorgen noch am Tage seines Todes Jesu Grablegung, sie bleiben ohne Unterbrechung bei dem Grab, und als dieses sich öffnet, ist es nicht etwa leer, sondern Jesus spaziert vor einer großen Menge Augenzeugen heraus. Bei Matthäus dagegen ist die Wache so etwas wie ein nachträglicher Einfall der jüdischen Oberen. Dass diese sie erst am nächsten Tag postieren ließen, könnte daher rühren, dass sie erst am späten Freitagabend erfahren hatten, dass völlig überraschend Josef von Arimathäa Jesu Leichnam in ein Grab hatte legen lassen, damit er nicht in einem Massengrab landete. Dies könnte der Grund für ihren ungewöhnlichen Besuch bei Pilatus am folgenden Tag gewesen sein.
Doch vielleicht das stärkste Argument für die Historizität der Grabwache ist die polemische Tradition, die sie voraussetzt. Die jüdische Behauptung, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hatten, dürfte eine Reaktion auf die christliche Verkündigung von der Auferstehung Jesu gewesen sein. [14] Diese Behauptung der Juden wird auch in Justins Dialog mit Trypho 108 erwähnt. Um sie zu parieren, brauchten die Christen nur darauf hinzuweisen, dass die Wache an dem Grab einen solchen Diebstahl unmöglich gemacht hätte und dass sie starr vor Schreck wurde, als der Engel erschien. Auf dieser Stufe der Kontroverse war es noch nicht nötig, eine Bestechung der Wache zu behaupten; dies änderte sich, als die jüdische Polemik zurückschoss, dass die Wache halt eingeschlafen war, sodass die Jünger den Leichnam stehlen konnten. Das Einschlafen der Grabwache kann nur eine jüdische Erfindung gewesen sein, da sie für die Polemik der Christen nichts brachte. Die Christen behaupteten daraufhin, dass die Juden die Wache entsprechend bestochen hatten, und dies war der Stand der Kontroverse, als Matthäus sein Evangelium schrieb. Wenn aber dies eine wahrscheinliche Rekonstruktion der Geschichte der jüdisch-christlichen Polemik ist, wird es sehr schwierig, die Historizität der Grabwache zu bezweifeln. [15]
Zunächst einmal ist es unwahrscheinlich, dass die Christen etwas (wie die Grabwache) erfanden, von dem jeder (vor allem ihre jüdischen Gegner) wusste, dass es das nie gegeben hatte. Lügen sind die schwächste Art der Apologetik, die es gibt. Da die jüdisch-christliche Kontroverse ohne Zweifel in Jerusalem entstand, ist es schwer, zu verstehen, wie die Christen hätten versuchen sollen, der Behauptung ihrer Gegner mit einer Story zu begegnen, die so offensichtlich erfunden war, denn die angeblich am Grab stationierte Wache hatte es ja gar nicht gegeben. Und zweitens ist es noch unwahrscheinlicher, dass die mit dieser so offenkundigen Lüge konfrontierten Juden diese nicht einfach als solche entlarvten, sondern stattdessen eine eigene, noch plumpere Lüge in die Welt setzten – dass die Wachen eingeschlafen waren, sodass die Jünger das Grab öffnen und sich mit dem Leichnam davonmachen konnten. Nein, hätte es die Grabwache gar nicht gegeben, dann wäre die jüdische Polemik niemals so verlaufen, wie es dann geschah, sondern man hätte klargestellt, dass es keine Grabwache gegeben hatte, und damit wäre die Sache erledigt gewesen. Es wäre nie so weit gekommen, dass die Christen eine dritte „Lüge“ erfinden mussten (dass die Juden die Wache bestochen hatten).
Es gibt also Gründe, an der Echtheit der Wache am Grab Jesu zu zweifeln, aber es gibt auch gewichtige Gründe dafür, dies nicht zu tun. Am besten lassen wir die Frage wohl offen. Ironischerweise hat der Wert der Geschichte des Matthäus als Beleg für die Realität der Auferstehung mit der Grabwache oder mit seiner Absicht, der Behauptung, die Jünger hätten den Leichnam Jesu gestohlen, entgegenzutreten, rein gar nichts zu tun. Die Verschwörungstheorie stößt aufgrund moralischer wie psychologischer Gründe allgemein auf Ablehnung, sodass die Grabwächtergeschichte als solche eigentlich überflüssig ist. Grabwache oder nicht, heute glaubt kein Kritiker mehr, dass die Jünger den Leichnam Jesu hätten stehlen und die Auferstehung vortäuschen können. Der eigentliche Wert dieser Geschichte bei Matthäus ist die eher nebenher anfallende (und damit umso zuverlässigere) Information, dass die jüdische Polemik nie dementierte, dass das Grab leer war, sondern stattdessen das leere Grab wegzuerklären versuchte [16] – womit die ersten Gegner der Christen selber Zeugen der Tatsache des leeren Grabes sind. [17]
(Übers.: Dr. F. Lux)
Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/the-guard-at-the-tomb
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[1]
Vgl. Paul Rohrbach, Die Berichte über die Auferstehung Jesu Christi (Berlin: Georg Reimer, 1898), S. 79.
Vgl. Paul Rohrbach, Die Berichte über die Auferstehung Jesu Christi (Berlin: Georg Reimer, 1898), S. 79.
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[2]
So B.A. Johnson, „The Empty Tomb in the Gospel of Peter Related to Mt. 28,1-7” (Ph.D. dissertation, Harvard University, 1966), S. 17. Man muss deswegen noch lange nicht wie Johnson dies für eine Erscheinungstradition halten.
So B.A. Johnson, „The Empty Tomb in the Gospel of Peter Related to Mt. 28,1-7” (Ph.D. dissertation, Harvard University, 1966), S. 17. Man muss deswegen noch lange nicht wie Johnson dies für eine Erscheinungstradition halten.
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[3]
Alle Bibelzitate, soweit nicht anders angegeben, nach Lutherübersetzung 2017 (Anm. d. Übers.).
Alle Bibelzitate, soweit nicht anders angegeben, nach Lutherübersetzung 2017 (Anm. d. Übers.).
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[4]
Kirsopp Lake, The Historical Evidence for the Resurrection of Jesus Christ (London: Williams & Norgate, 1907; New York: G.P. Putnam’s Sons, 1907), S. 61; Walter Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, 3. Aufl., ThKNT 1 (Berlin: Evangelische Verlagsanstalt, 1972), S. 568; Josef Blinzler, “Die Grablegung in historischer Sicht“, in: Édouard Dhanis (Hg.), Resurrexit (Rom: Libreria Editrice Vaticana, 1974), S. 82.
Kirsopp Lake, The Historical Evidence for the Resurrection of Jesus Christ (London: Williams & Norgate, 1907; New York: G.P. Putnam’s Sons, 1907), S. 61; Walter Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, 3. Aufl., ThKNT 1 (Berlin: Evangelische Verlagsanstalt, 1972), S. 568; Josef Blinzler, “Die Grablegung in historischer Sicht“, in: Édouard Dhanis (Hg.), Resurrexit (Rom: Libreria Editrice Vaticana, 1974), S. 82.
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[5]
Auf eine vormatthäische Tradition deuten auch die zahlreichen Worte hin, die im Neuen Testament hapax legomena sind: epaurion, paraskeue, planos/ plane, koustodia, asphalizo, sphragizo. Auch der Ausdruck „die Hohenpriester und die Pharisäer“ (vgl. Matthäus 21,45) ist ungewöhnlich für Matthäus und erscheint bei Markus und Lukas nirgends, ist aber dafür üblich bei Johannes (Johannes 7,32.45; 11,47.57; 18,3). Vgl. dazu I. Broer, Die Urgemeinde und das Grab Jesu, SANT 31 (München: Kösel Verlag, 1972), S. 69-78; F. Neirynck, „Les femmes au tombeau: Etude de la rédaction mathéenne“, NTS 15 (1968-69), S. 168-190. Zur Unabhängigkeit des Matthäus von Markus und Lukas siehe E. Ruckstuhl und J. Pfammatter, Die Auferstehung Jesu Christi (Luzern und München: Rex, 1968).
Auf eine vormatthäische Tradition deuten auch die zahlreichen Worte hin, die im Neuen Testament hapax legomena sind: epaurion, paraskeue, planos/ plane, koustodia, asphalizo, sphragizo. Auch der Ausdruck „die Hohenpriester und die Pharisäer“ (vgl. Matthäus 21,45) ist ungewöhnlich für Matthäus und erscheint bei Markus und Lukas nirgends, ist aber dafür üblich bei Johannes (Johannes 7,32.45; 11,47.57; 18,3). Vgl. dazu I. Broer, Die Urgemeinde und das Grab Jesu, SANT 31 (München: Kösel Verlag, 1972), S. 69-78; F. Neirynck, „Les femmes au tombeau: Etude de la rédaction mathéenne“, NTS 15 (1968-69), S. 168-190. Zur Unabhängigkeit des Matthäus von Markus und Lukas siehe E. Ruckstuhl und J. Pfammatter, Die Auferstehung Jesu Christi (Luzern und München: Rex, 1968).
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[6]
Man vergleiche hiermit das Petrusevangelium 8,35-42: „In der Nacht aber, in welcher der Herrntag aufleuchtete, als die Soldaten, jede Ablösung zu zweit, Wache standen, erscholl eine laute Stimme am Himmel, und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grabe nähern. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich, und beide Jünglinge traten ein. Als nun jene Soldaten dies sahen, weckten sie den Hauptmann und die Ältesten – auch diese waren nämlich bei der Wache zugegen. – Und während sie erzählten, was sie gesehen hatten, sehen sie wiederum drei Männer aus dem Grabe herauskommen und die zwei den einen stützen und ein Kreuz ihnen folgen und das Haupt der zwei bis zum Himmel reichen, dasjenige des von ihnen an der Hand geführten aber die Himmel überragen. Und sie hörten eine Stimme aus dem Himmel rufen: „Du hast den Entschlafenen gepredigt“, und es wurde vom Kreuze her die Antwort laut: „Ja“. (Quelle [Anm. d. Übers.]: Erich Weidinger, Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bibel, Augsburg: Pattloch Verlag, 1988, S. 404.)
Und in der Himmelfahrt des Jesaja 3,16 heißt es: „Gabriel, der Engel des Heiligen Geistes, und Michael, der Oberste der heiligen Engel, werden am dritten Tag das Grab öffnen, und der Geliebte wird, auf ihren Schultern sitzend, herauskommen.“Man vergleiche hiermit das Petrusevangelium 8,35-42: „In der Nacht aber, in welcher der Herrntag aufleuchtete, als die Soldaten, jede Ablösung zu zweit, Wache standen, erscholl eine laute Stimme am Himmel, und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grabe nähern. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich, und beide Jünglinge traten ein. Als nun jene Soldaten dies sahen, weckten sie den Hauptmann und die Ältesten – auch diese waren nämlich bei der Wache zugegen. – Und während sie erzählten, was sie gesehen hatten, sehen sie wiederum drei Männer aus dem Grabe herauskommen und die zwei den einen stützen und ein Kreuz ihnen folgen und das Haupt der zwei bis zum Himmel reichen, dasjenige des von ihnen an der Hand geführten aber die Himmel überragen. Und sie hörten eine Stimme aus dem Himmel rufen: „Du hast den Entschlafenen gepredigt“, und es wurde vom Kreuze her die Antwort laut: „Ja“. (Quelle [Anm. d. Übers.]: Erich Weidinger, Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bibel, Augsburg: Pattloch Verlag, 1988, S. 404.)
Und in der Himmelfahrt des Jesaja 3,16 heißt es: „Gabriel, der Engel des Heiligen Geistes, und Michael, der Oberste der heiligen Engel, werden am dritten Tag das Grab öffnen, und der Geliebte wird, auf ihren Schultern sitzend, herauskommen.“ -
[7]
Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, S. 565; John Alsup, The Post-Resurrection Appearance Stories of the Gospel Tradition, CTM A5 (Stuttgart: Calwer Verlag, 1975), S. 117.
Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, S. 565; John Alsup, The Post-Resurrection Appearance Stories of the Gospel Tradition, CTM A5 (Stuttgart: Calwer Verlag, 1975), S. 117.
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[8]
So sagt Grass, dass, abgesehen von den anderen Einzelheiten, die Geschichte von der Grabwache auch deswegen nicht glaubhaft sei, weil dann Heiden die Auferstehung mitbekommen hätten. (Hans Grass, Ostergeschehen und Osterberichte, 4. Aufl., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1970, S. 25). Auch für von Campenhausen impliziert die Geschichte, dass heidnische Wächter Zeugen der Auferstehung wurden, was nicht sein könne. (Hans Freiherr von Campenhausen, Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab, 4. Aufl., SHAW, Heidelberg: Carl Winter Universitätsverlag, 1977, S. 29.) O’Collins stellt die erstaunliche Behauptung auf, dass, wären Hannas und Kaiphas bei den Jüngern gewesen, als Jesus diesen erschien, sie nichts gesehen hätten. (Gerald O’Collins, The Easter Jesus, London: Carton, Longman & Todd, 1983, S. 59.) Und dies trotz des, wie Grass ihn wiederholt nennt, “enormen Realismus“ der Evangelien! Vgl. Gerhard Koch, Die Auferstehung Jesu Christi Tübingen: Mohr/ Siebeck, 1959, S. 59f. und 204, den die Objektivität der Erscheinungen in den Evangelien befremdet, die er vergeblich gänzlich subjektiv zu deuten versucht.
So sagt Grass, dass, abgesehen von den anderen Einzelheiten, die Geschichte von der Grabwache auch deswegen nicht glaubhaft sei, weil dann Heiden die Auferstehung mitbekommen hätten. (Hans Grass, Ostergeschehen und Osterberichte, 4. Aufl., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1970, S. 25). Auch für von Campenhausen impliziert die Geschichte, dass heidnische Wächter Zeugen der Auferstehung wurden, was nicht sein könne. (Hans Freiherr von Campenhausen, Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab, 4. Aufl., SHAW, Heidelberg: Carl Winter Universitätsverlag, 1977, S. 29.) O’Collins stellt die erstaunliche Behauptung auf, dass, wären Hannas und Kaiphas bei den Jüngern gewesen, als Jesus diesen erschien, sie nichts gesehen hätten. (Gerald O’Collins, The Easter Jesus, London: Carton, Longman & Todd, 1983, S. 59.) Und dies trotz des, wie Grass ihn wiederholt nennt, “enormen Realismus“ der Evangelien! Vgl. Gerhard Koch, Die Auferstehung Jesu Christi Tübingen: Mohr/ Siebeck, 1959, S. 59f. und 204, den die Objektivität der Erscheinungen in den Evangelien befremdet, die er vergeblich gänzlich subjektiv zu deuten versucht.
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[9]
Zur Übereinstimmung zwischen Paulus und den Evangelien über die Art des Auferstehungsleibes vgl. Robert H. Gundry, Soma in Biblical Theology (Cambridge: Cambridge University Press, 1976), S. 159-183; Ronald J. Sider, „The Pauline Conception of the Resurrection Body in I Corinthians XV.35-54“, NTS 21 (1975), S. 428-439; Alexander Sand, Der Begriff „Fleisch“ in den paulinischen Hauptbriefen, BU 2 (Regensburg: Friedrich Pustet, 1967), S. 152f. Jean Héring, La première épitre de saint Paul aux Corinthiens, 2. Aufl., CNT 7 (Neuchatel, Schweiz: Delachaux et Niestlé, 1959), S. 146-148; H. Clavier, “Brèves remarques sur la notion de soma pneumatikon”, in: W. D. Davies und W. Daube (eds.), The Background of the New Testament and Its Eschatology (Cambridge University Press, 1956), S. 342-362; Wilhelm Michaelis, Die Erscheinungen des Auferstandenen (Basel: Heinrich Majer, 1944), p. 96.
Zur Übereinstimmung zwischen Paulus und den Evangelien über die Art des Auferstehungsleibes vgl. Robert H. Gundry, Soma in Biblical Theology (Cambridge: Cambridge University Press, 1976), S. 159-183; Ronald J. Sider, „The Pauline Conception of the Resurrection Body in I Corinthians XV.35-54“, NTS 21 (1975), S. 428-439; Alexander Sand, Der Begriff „Fleisch“ in den paulinischen Hauptbriefen, BU 2 (Regensburg: Friedrich Pustet, 1967), S. 152f. Jean Héring, La première épitre de saint Paul aux Corinthiens, 2. Aufl., CNT 7 (Neuchatel, Schweiz: Delachaux et Niestlé, 1959), S. 146-148; H. Clavier, “Brèves remarques sur la notion de soma pneumatikon”, in: W. D. Davies und W. Daube (eds.), The Background of the New Testament and Its Eschatology (Cambridge University Press, 1956), S. 342-362; Wilhelm Michaelis, Die Erscheinungen des Auferstandenen (Basel: Heinrich Majer, 1944), p. 96.
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Vgl. Ernst Lohmeyer, Das Evangelium des Matthäus, 4. Aufl., hg. von W. Schmauch, KEKNT (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1967), S. 400.
Vgl. Ernst Lohmeyer, Das Evangelium des Matthäus, 4. Aufl., hg. von W. Schmauch, KEKNT (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1967), S. 400.
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Lake, Evidence, S. 178; Willi Marxsen, Die Auferstehung Jesu von Nazareth (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1968), S. 50; Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, S. 571. Orr dagegen hält es nicht für so weit hergeholt, dass die Wachen sich bestechen ließen, nachdem ihre Flucht schon ein klarer Fall von Pflichtvergessenheit gewesen war. (James Orr, The Resurrection of Jesus, London: Hodder & Stoughton, 1909, S. 160.) Von Campenhausen führt andere angebliche Ungereimtheiten an, so die Tatsache, dass die Wache den Juden und nicht Pilatus Bericht erstattet und dass die Christen trotz der Lüge der Wachen wissen, wie es wirklich war (von Campenhausen, Ablauf, S. 29). Aber Ersteres weist darauf hin, dass die Wache jüdisch war, und das Zweite sollte uns nicht überraschen, da Geheimkomplotte fast immer ans Licht kommen. Das Gespräch der Juden mit Pilatus ist wahrscheinlich sowieso eine kreative Rekonstruktion dessen, was die Christen für das hielten, was tatsächlich geschehen war, was auch das Motiv des dritten Tages und die verwendete kerygmatische Ausdrucksweise erklären würde. Für Perry ist es historisch vertretbar, dass die Juden eine jüdische Wache vor dem Grab installierten, auch wenn sie nichts von der Vorhersage Jesu wussten. (Michael Perry, The Easter Enigma, mit einer Einleitung von Austin Farrer, London: Faber & Faber, 1959, S. 98f.)
Lake, Evidence, S. 178; Willi Marxsen, Die Auferstehung Jesu von Nazareth (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1968), S. 50; Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, S. 571. Orr dagegen hält es nicht für so weit hergeholt, dass die Wachen sich bestechen ließen, nachdem ihre Flucht schon ein klarer Fall von Pflichtvergessenheit gewesen war. (James Orr, The Resurrection of Jesus, London: Hodder & Stoughton, 1909, S. 160.) Von Campenhausen führt andere angebliche Ungereimtheiten an, so die Tatsache, dass die Wache den Juden und nicht Pilatus Bericht erstattet und dass die Christen trotz der Lüge der Wachen wissen, wie es wirklich war (von Campenhausen, Ablauf, S. 29). Aber Ersteres weist darauf hin, dass die Wache jüdisch war, und das Zweite sollte uns nicht überraschen, da Geheimkomplotte fast immer ans Licht kommen. Das Gespräch der Juden mit Pilatus ist wahrscheinlich sowieso eine kreative Rekonstruktion dessen, was die Christen für das hielten, was tatsächlich geschehen war, was auch das Motiv des dritten Tages und die verwendete kerygmatische Ausdrucksweise erklären würde. Für Perry ist es historisch vertretbar, dass die Juden eine jüdische Wache vor dem Grab installierten, auch wenn sie nichts von der Vorhersage Jesu wussten. (Michael Perry, The Easter Enigma, mit einer Einleitung von Austin Farrer, London: Faber & Faber, 1959, S. 98f.)
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[12]
Die Lehre von der Auferstehung ist schon im Alten Testament bezeugt und blühte in der Zeit zwischen den Testamenten auf, doch die jüdische Auferstehungsvorstellung meinte immer eine allgemeine und eschatologische Auferstehung. Nirgends finden wir ein Wort über die Auferstehung eines einzelnen Menschen oder über eine Auferstehung bereits vor dem Ende der Welt. (Vgl. dazu Ulrich Wilckens, Auferstehung, TT4, Stuttgart: Kreuz Verlag, 1970, S. 31.; Joachim Jeremias, „Die älteste Schicht der Osterüberlieferung“, in: E. Dhanis (Hg.), Resurrexit, S. 194.) Von daher hat das Missverständnis der Jünger historische Gründe.
Die Lehre von der Auferstehung ist schon im Alten Testament bezeugt und blühte in der Zeit zwischen den Testamenten auf, doch die jüdische Auferstehungsvorstellung meinte immer eine allgemeine und eschatologische Auferstehung. Nirgends finden wir ein Wort über die Auferstehung eines einzelnen Menschen oder über eine Auferstehung bereits vor dem Ende der Welt. (Vgl. dazu Ulrich Wilckens, Auferstehung, TT4, Stuttgart: Kreuz Verlag, 1970, S. 31.; Joachim Jeremias, „Die älteste Schicht der Osterüberlieferung“, in: E. Dhanis (Hg.), Resurrexit, S. 194.) Von daher hat das Missverständnis der Jünger historische Gründe.
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Barnabas Lindars, New Testament Apologetic: The Doctrinal Significance of Old Testament Quotations (Philadelphia: Westminster Press, 1961; London: SCM Press, 1961), S. 59-72; O’Collins, Easter, S. 12. Selbst wenn man mit Lehmann das Dritte-Tag-Motiv für eine theologische Redeweise hält, die der Septuaginta entnommen ist, in der späteren rabbinischen Auslegung weiterentwickelt wurde und den Tag von Gottes Befreiung, Sieg und Herrschaft meint (Karl Lehmann, Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift, QD 38, Freiburg: Herder, 1968, S. 262-290), gibt es keinen Grund für die Annahme, dass dann, wenn die alte Kirche möglicherweise diesen Ausdruck benutzte, Jesus selber ihn nicht auch in demselben Sinne benutzt haben kann, um seine Auferstehung vorherzusagen. Hooke weist darauf hin, dass alle eschatologischen Aussprüche Jesu wie auch seine Worte beim Abendmahl seine Auferstehung voraussetzen. (S.H. Hooke, The Resurrection of Christ as History and Experience, London: Darton, Longman & Todd, 1967, S. 30; vgl. Michael Ramsey, The Resurrection of Christ, London: Centenary Press, 1945, S. 38f.).
Barnabas Lindars, New Testament Apologetic: The Doctrinal Significance of Old Testament Quotations (Philadelphia: Westminster Press, 1961; London: SCM Press, 1961), S. 59-72; O’Collins, Easter, S. 12. Selbst wenn man mit Lehmann das Dritte-Tag-Motiv für eine theologische Redeweise hält, die der Septuaginta entnommen ist, in der späteren rabbinischen Auslegung weiterentwickelt wurde und den Tag von Gottes Befreiung, Sieg und Herrschaft meint (Karl Lehmann, Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift, QD 38, Freiburg: Herder, 1968, S. 262-290), gibt es keinen Grund für die Annahme, dass dann, wenn die alte Kirche möglicherweise diesen Ausdruck benutzte, Jesus selber ihn nicht auch in demselben Sinne benutzt haben kann, um seine Auferstehung vorherzusagen. Hooke weist darauf hin, dass alle eschatologischen Aussprüche Jesu wie auch seine Worte beim Abendmahl seine Auferstehung voraussetzen. (S.H. Hooke, The Resurrection of Christ as History and Experience, London: Darton, Longman & Todd, 1967, S. 30; vgl. Michael Ramsey, The Resurrection of Christ, London: Centenary Press, 1945, S. 38f.).
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Diese Verkündigung könnte aus den Worten bestanden haben, die wir in Matthäus 27, 64 und 28,7 finden: „Er ist auferstanden von den Toten.“ Anders als Grass, Ostergeschehen, S. 23 dies sieht, konnte dies die Erwiderung provozieren, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hatten, wenn das leere Grab eine historische Tatsache war. Diese Reaktion der Juden muss nicht voraussetzen, dass die Christen das leere Grab als apologetisches Argument benutzten.
Diese Verkündigung könnte aus den Worten bestanden haben, die wir in Matthäus 27, 64 und 28,7 finden: „Er ist auferstanden von den Toten.“ Anders als Grass, Ostergeschehen, S. 23 dies sieht, konnte dies die Erwiderung provozieren, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hatten, wenn das leere Grab eine historische Tatsache war. Diese Reaktion der Juden muss nicht voraussetzen, dass die Christen das leere Grab als apologetisches Argument benutzten.
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Diese Argumentation setzt voraus, dass entweder die dieser Geschichte zugrundeliegende Überlieferung vormatthäisch ist oder dass das Matthäusevangelium vor 70 n.Chr. geschrieben wurde, da nach diesem Datum die Menschen, die noch die Wahrheit kannten, entweder tot oder vertrieben waren. Dass die Überlieferung vormatthäisch ist, ist deutlich: Erstens stammte die jüdische Polemik hinter der Geschichte höchstwahrscheinlich aus Jerusalem selber, als Reaktion auf die apostolische Verkündigung der Auferstehung Jesu. Zweitens zeigt eine Rekonstruktion der Geschichte der Polemik, dass Matthäus die Kontroverse über die Grabwache von anderen übernommen hat. Dass er die Grabwache nicht ex novo erfand, um einem einfachen jüdischen Leichendiebstahlsgerücht zu begegnen, erhellt aus den zusätzlichen Elementen des Einschlafens der Wache und ihrer Bestechung. Und drittens enthält der Bericht selber nichtmatthäische Elemente, wie oben in Fußnote 5 schon erwähnt. Dass das Petrusevangelium eine nichtmatthäische Tradition von der Grabwache kennt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Geschichte nicht von Matthäus selber stammt. Da die Kontroverse also vor der Zerstörung Jerusalems datiert, ist es sehr schwierig, sie als Schlagabtausch über eine bloße Chimäre zu deuten. Diese Schlussfolgerung verstärkt sich noch, wenn das Matthäusevangelium bereits vor 70 n. Chr. geschrieben wurde, wie z.B. Bo Reicke argumentiert: Bo Reicke, „Synoptic Prophecies on the Destruction of Jerusalem“, in: D.E. Aune (ed.), Studies in New Testament and Early Christian Literature (Leiden: Brill, 1972), S. 121-134; vgl. J.A.T. Robinson, Redating the New Testament (London: SCM Press, 1976), S. 19-26 und 86-117.
Diese Argumentation setzt voraus, dass entweder die dieser Geschichte zugrundeliegende Überlieferung vormatthäisch ist oder dass das Matthäusevangelium vor 70 n.Chr. geschrieben wurde, da nach diesem Datum die Menschen, die noch die Wahrheit kannten, entweder tot oder vertrieben waren. Dass die Überlieferung vormatthäisch ist, ist deutlich: Erstens stammte die jüdische Polemik hinter der Geschichte höchstwahrscheinlich aus Jerusalem selber, als Reaktion auf die apostolische Verkündigung der Auferstehung Jesu. Zweitens zeigt eine Rekonstruktion der Geschichte der Polemik, dass Matthäus die Kontroverse über die Grabwache von anderen übernommen hat. Dass er die Grabwache nicht ex novo erfand, um einem einfachen jüdischen Leichendiebstahlsgerücht zu begegnen, erhellt aus den zusätzlichen Elementen des Einschlafens der Wache und ihrer Bestechung. Und drittens enthält der Bericht selber nichtmatthäische Elemente, wie oben in Fußnote 5 schon erwähnt. Dass das Petrusevangelium eine nichtmatthäische Tradition von der Grabwache kennt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Geschichte nicht von Matthäus selber stammt. Da die Kontroverse also vor der Zerstörung Jerusalems datiert, ist es sehr schwierig, sie als Schlagabtausch über eine bloße Chimäre zu deuten. Diese Schlussfolgerung verstärkt sich noch, wenn das Matthäusevangelium bereits vor 70 n. Chr. geschrieben wurde, wie z.B. Bo Reicke argumentiert: Bo Reicke, „Synoptic Prophecies on the Destruction of Jerusalem“, in: D.E. Aune (ed.), Studies in New Testament and Early Christian Literature (Leiden: Brill, 1972), S. 121-134; vgl. J.A.T. Robinson, Redating the New Testament (London: SCM Press, 1976), S. 19-26 und 86-117.
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Mahoney wendet ein, dass die Juden damals nur deswegen so argumentierten, weil die Behauptung, dass man nicht wusste, wo das Grab war, gar zu „farblos‘“ gewesen wäre. (Robert Mahoney, Two Disciples at the Tomb, TW 6, Bern: Herbert Lang, 1974, S. 100. Aber hier hat Grass recht: Wäre das Grab unbekannt oder nicht mehr vorhanden gewesen, hätte man über die Prediger der Auferstehung dasselbe gesagt wie über die Jünger am Pfingsttag: „Sie sind voll süßen Weins“ (Apostelgeschichte 2,13). Ich habe ernste Zweifel, dass die jüdische Hierarchie so eine Angst davor hatte, „farblos“ zu wirken, dass sie lieber das leere Grab für die Christen erfand. Und falls das Grab Jesu tatsächlich bekannt war, wie dies wahrscheinlich ist (Blinzler, „Grablegung“, S. 94-96 und 101f.), wird die Reaktion der Juden noch problematischer, denn anstatt auf das Grab zu verweisen oder den Leichnam Jesu beizubringen, verhedderten sie sich bei dem Versuch, das Verschwinden des Leichnams zu erklären, in eine Ungereimtheit nach der anderen. Die Tatsache, dass die Feinde des Christentums das Bedürfnis verspürten, das leere Grab wegzuerklären, zeigt nicht nur, dass das Grab bekannt war (was die Begräbnisgeschichte belegt), sondern auch, dass es leer war.
Mahoney wendet ein, dass die Juden damals nur deswegen so argumentierten, weil die Behauptung, dass man nicht wusste, wo das Grab war, gar zu „farblos‘“ gewesen wäre. (Robert Mahoney, Two Disciples at the Tomb, TW 6, Bern: Herbert Lang, 1974, S. 100. Aber hier hat Grass recht: Wäre das Grab unbekannt oder nicht mehr vorhanden gewesen, hätte man über die Prediger der Auferstehung dasselbe gesagt wie über die Jünger am Pfingsttag: „Sie sind voll süßen Weins“ (Apostelgeschichte 2,13). Ich habe ernste Zweifel, dass die jüdische Hierarchie so eine Angst davor hatte, „farblos“ zu wirken, dass sie lieber das leere Grab für die Christen erfand. Und falls das Grab Jesu tatsächlich bekannt war, wie dies wahrscheinlich ist (Blinzler, „Grablegung“, S. 94-96 und 101f.), wird die Reaktion der Juden noch problematischer, denn anstatt auf das Grab zu verweisen oder den Leichnam Jesu beizubringen, verhedderten sie sich bei dem Versuch, das Verschwinden des Leichnams zu erklären, in eine Ungereimtheit nach der anderen. Die Tatsache, dass die Feinde des Christentums das Bedürfnis verspürten, das leere Grab wegzuerklären, zeigt nicht nur, dass das Grab bekannt war (was die Begräbnisgeschichte belegt), sondern auch, dass es leer war.
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Dieser Artikel ist die Frucht eines Forschungsaufenthaltes an der Universität München im Rahmen eines Forschungsstipendiums von der Alexander von Humboldt-Stiftung.
Dieser Artikel ist die Frucht eines Forschungsaufenthaltes an der Universität München im Rahmen eines Forschungsstipendiums von der Alexander von Humboldt-Stiftung.