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Reflexionen über „unverursachte Anfänge“

Summary

Graham Oppys interessante Analyse der „Kausalform“ der Wirklichkeit verbindet kausale Ordnung mit temporaler Ordnung von Ursachen und weist der Realität gemäß dem Verständnis vieler klassischer Theisten die falsche Kausalform zu. Sein Argument für die Möglichkeit unverursachter Anfänge hinkt auch insofern, dass er dazu neigt, die entscheidende Frage nach der objektiven Realität der Tempushaftigkeit und des zeitlichen Werdens zu ignorieren. Oppys Behauptungen, nur bestimmte Arten von Dingen könnten unverursacht an einem ersten Punkt der Zeit entstehen und Dinge könnten jetzt nicht mehr unverursacht entstehen, werden untersucht und für unplausibel und explanativ leer befunden.

Faith and Philosophy 27 (2010): 72-78. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

Einleitung

Obgleich Graham Oppys Interesse an der Möglichkeit unverursachter Anfänge seiner Bedenken bezüglich kosmologischer Argumente für die Existenz Gottes entspringt [1], ist die Wahrheit der kausalen Prämisse in mindestens einer Version des Arguments, nämlich dass alles, was zu existieren beginnt, eine Ursache hat, von so allgemeiner metaphysischer Bedeutung, dass sie für jeden Metaphysiker von Interesse sein sollte. Leider beginnt Oppys Artikel etwas schwammig. Grund dafür sind bestimmte problematische Merkmale seiner Charakterisierung grundlegender Begriffe in seinem einleitenden Abschnitt.

Zunächst ist da die Mehrdeutigkeit bezüglich dessen, was unter einem „Initialzustand“ verstanden wird. Spätere Abschnitte des Artikels machen deutlich, dass es Oppy um temporale Initialzustände geht. Doch so charakterisiert er die Initialzustände nicht in seinem Einführungsabschnitt. Vielmehr werden die Zustände dort wiederholt als „unter der Kausalbeziehung“ geordnet bezeichnet. Folglich könnten die so geordneten Reihenfolgen von Zuständen alle simultan sein. Zustände, die unter der Kausalbeziehung einen Kreis bilden, erfordern zum Beispiel nicht unbedingt, dass die Zeit zyklisch ist, denn die Zustände können alle gleichzeitig auftreten, in etwa wie die vier ineinandergefügten Klappen eines Kartondeckels, bei dem jeweils eine die andere niederhält. Das Argument von Thomas von Aquin gegen einen unendlichen Ursachenregress, das in den ersten drei seiner fünf Wege eine so zentrale Rolle spielt, betraf in ähnlicher Weise Ursachen, die, wie er es ausdrückt, „essenziell geordnet“, anstatt temporal oder „akzidentell“ geordnet sind. Nach Ansicht von Aquin ist es gleichgültig, ob temporale Zustände die akzidentelle Kausalform regressiver, zirkulärer oder kontingenter Initialzustände einnehmen - in jedem Fall müssen die Zustände in ihrem Dasein durch Gott erhalten werden, der allen anderen Zuständen vorausgeht, geordnet nach der Beziehung essentieller kausaler Priorität. Um solche Möglichkeiten auszuschließen, muss Oppy davon ausgehen, dass kausale Direktionalität eine temporale Ordnung von Ursache und Wirkung zur Folge hat. Doch der Metaphysiker wird zu Recht gegenüber einem solchen Versuch, die Möglichkeit simultaner, essenziell geordneter Ursachen durch reine Stipulation auszuschließen, skeptisch sein.

Zweitens: Selbst wenn wir annehmen, dass Zustände, die unter der Verursachungsbeziehung geordnet sind, notwendigerweise auch unter der früher als-Beziehung geordnet sind, so ist nicht klar, warum, wie Oppy behauptet, „der Naturalismus dem Theismus vorzuziehen wäre“, wenn Realitätszustände die Kausalform des kontingenten Initialzustandes hätten. [2] Ziemlich viele, wenn nicht sogar die meisten zeitgenössischen theistischen Philosophen, vertreten die Auffassung, dass diesdie Kausalform der Realität ist. Denn der Initialzustand, der allen anderen unter dem Vorläufer der Verursachungsbeziehung vorausgeht, wird als der Moment verstanden, in dem Gott das Universum ins Dasein bringt. Da dieses Handeln Gottes eine freie Handlung ist, ist ein solcher Zustand, trotz der metaphysischen Notwendigkeit der Existenz Gottes, kontingent. Die Wirklichkeit hat somit die Kausalform des kontingenten Initialzustandes. Mutakallim oder Vertreter des kosmologischen Kalam-Arguments akzeptieren diese Ansicht, da sie sich stark der göttlichen Freiheit verpflichtet sehen, [3] und verwerfen den regressiven, zirkulären und notwendigen Initialzustand als mögliche Kausalformen der Wirklichkeit. Ironischerweise wird der Mutakallim dann die erste Prämisse des Arguments ablehnen, das Oppy rekonstruiert, nämlich:

1. Wenn es möglich ist, dass die Realität einen kontingenten Initialzustand unter der Verursachungsbeziehung einnimmt, dann ist es möglich, dass andere (nicht-überlappende) Teile der Realität auch keine Ursache haben.

Vertreter des kosmologischen Kalam-Arguments werden behaupten, dass die Wirklichkeit zwar einen kontingenten Initialzustand haben muss, wenn die Existenz des Universums plausibel erklärt werden soll. Jedoch sei es für jedes bestehende Ding unmöglich, ohne Ursache zu entstehen, ganz egal, ob es einen Initialzustand oder einen späteren Wirklichkeitszustand einnimmt.

Drittens fehlt in Oppys Rekonstruktion des Arguments bezüglich der kausalen Prämisse des kosmologischen Kalam-Arguments die Beachtung einer entscheidenden Annahme des Kalam: Der Ansicht, dass die Zeit tempushaft ist und zeitliches Werden ein objektives Merkmal der Wirklichkeit. Oppys tempuslos formulierte Prämissen sind mit einer metaphysischen, tempuslosen Zeit völlig kompatibel, wonach die in den Prämissen erwähnten Wirklichkeitsbestandteile überhaupt nicht entstehen, sondern einfach tempuslos an ihren festgelegten Plätzen existieren. Bei solch einer tempuslosen Sicht der Zeit liegt es weit weniger auf der Hand, dass Teile der Wirklichkeit, die später als der Initialzustand existieren, Ursachen haben müssen und dass die im Initialzustand tempuslos existierenden Dinge nicht ohne einen Grund existieren können, da sie nicht zu dieser Zeit entstehen. Wenn Oppy dem Argument, um das es geht, seine volle intuitive Kraft zugestehen soll, dann muss es in die tempushafte Richtung umformuliert werden. Beispielsweise folgendermaßen:

1‘. Wenn es möglich ist, dass etwas zu einem ersten Punkt der Zeit ohne Ursache entsteht, dann ist es möglich, dass Dinge zu späteren Zeitpunkten ohne Ursache entstehen.

2‘. Es ist nicht möglich, dass Dinge zu späteren Zeitpunkten ohne Ursache entstehen.

3‘. Also ist es nicht möglich, dass etwas zu einem ersten Zeitpunkt ohne Ursache entsteht.

Die treibende Kraft hinter den Argumenten ist folgende Wahrnehmung: Temporale Momente als solche haben nichts an sich, was ihre Lokation dafür maßgeblich machte, dass etwas zu diesem Zeitpunkt ohne irgendeine Ursache ins Dasein springen kann.

1

In Abschnitt 1 seines Artikels erörtert Oppy, wie ein Naturalist die Behauptung verteidigen würde, dass es zwar möglich sei, dass die Wirklichkeit einen unverursachten, kontingenten Initialzustand habe, es aber dennoch unmöglich sei, dass spätere Teile der Wirklichkeit unverursacht seien. Meiner Meinung nach stellt das Argument dieses Abschnitts praktisch eine Reductio der Position des Naturalisten dar. [4] Wie Oppy erläutert, wird der Naturalist sagen, dass die kontingenten Dinge, die im Initialzustand der Wirklichkeit vorkommen, die einzigen Arten von Dingen sind, die keine Ursache haben können. Da wir hier über Naturalismus sprechen, lautet die Behauptung quasi: Nur eine Art fundamentaler Entität, die durch eine Quanten-Gravitations-Weltformel beschrieben wird, kann beispielsweise unverursacht im Dasein auftauchen, aber spätere Dinge, sagen wir, Tiger oder Dunkelbierflaschen oder Beethoven müssen für ihre Entstehung Ursachen haben. Wie Oppy erklärt, verpflichtet diese Behauptung den Naturalisten plausiblerweise zu zwei weiteren Behauptungen: Erstens, dass solche Entitäten nur in einem ersten Moment der Zeit entstehen können und zweitens, dass Dinge, die zu späteren Zeitpunkten entstehen, nicht in einem ersten Moment der Zeit entstehen konnten. Wie Oppy erkennt, ist der Naturalist damit der Anschauung verpflichtet, dass die fraglichen Entitäten die essenzielle Eigenschaft haben, nur in einem ersten Moment der Zeit zu entstehen, und andere Dinge alle die essenzielle Eigenschaft haben, nur zu eingebetteten Momenten der Zeit zu existieren.

Diese Vermutungen erscheinen mir schlichtweg fantastisch. Warum sollte nur, sagen wir mal, eine bestimmte Art von Partikel, in dem ersten Moment der Zeit unverursacht entstehen können? Offensichtlich können wir nicht sagen, das Nichts besitze eine besondere Disposition, solche Partikel hervorzubringen, denn dies zu behaupten, reifiziert das Nichts und stattet es mit Eigenschaften aus. Es ist also rätselhaft zu verstehen, weshalb nicht – sagen wir mal - eine Flasche Dunkelbier im Initialzustand der Wirklichkeit hätte vorkommen können. (Falls man über die Gestaltungsmerkmale einer Flasche Dunkelbier stolpert, so ersetze man diese durch andere Elementarteilchen, wie Photonen oder Elektronen.) Ebenso verwirrend ist die Behauptung, es sei unmöglich, dass Teilchen, die in dem ersten Moment der Zeit unverursacht ins Dasein sprangen, dies später ebenfalls täten. Da keinerlei Ursachen ihre Entstehung steuern, würde man annehmen, wann sie entstehen, sei doch vollkommen willkürlich.

Oppys „klare Antwort“ auf diese Fragen ist lediglich eine erneute Beteuerung der Verpflichtungen des Naturalisten. Sie ist explanativ leer. Was wir wissen wollen, ist, warum die Entitäten diese seltsamen essenziellen Eigenschaften haben, die schließlich keine Eigenschaften der fraglichen Entitäten sind, sondern eher willkürlich behauptete Prädikationen, die sich als Eigenschaften verkleiden.

2

In Abschnitt 2 nimmt Oppy vom Einwand Kenntnis, es sei willkürlich, dass der Naturalist gewisse Arten von Dingen als unverursachte Merkmale eines initial kontingenten Wirklichkeitszustandes herausgreife, da es nichts gibt, was einschränken könnte, was in diesem Augenblick entsteht. Oppy erwidert: Wenn es beispielsweise wirklich möglich wäre, dass ein Kaninchen in einem Initialzustand der Wirklichkeit vorkäme, dann müsste es möglich sein, dass der Initialzustand nicht mehr als ein Kaninchen ist, was offenkundig unmöglich ist. Natürlich stimme ich zu, dass es offensichtlich unmöglich ist, dass der erste Zustand der Wirklichkeit ein Kaninchen gewesen sein sollte, da ich daran festhalte, dass Dinge nicht ohne Ursache entstehen können.

Doch erstens kann ich nicht erkennen, warum, wenn doch Dinge ohne Ursache entstehen können, es unmöglich ist, dass der Initialzustand nicht ein einziges Kaninchen hätte gewesen sein können. Es könnte nur für einen willkürlich kurzen Moment existieren, doch das spielt keine Rolle. Eine grundlegende Schwäche von Oppys Argumentation in diesem Abschnitt scheint seine Annahme zu sein, dass die Dinge, die in einem Initialzustand der Wirklichkeit vorkommen, in der Lage sein müssen, weiter zu bestehen, was einfach nicht wahr ist. Außerdem können wir andere Entitäten einsetzen, die ohne umfassendere Netzwerke existieren können, wie beispielsweise verschiedene Elementarteilchen. Wenn Quantengravitationsteilchen in dem Initialzustand der Realität auftreten können, warum nicht stattdessen Elektronen? Und zweitens: Auch wenn Kaninchen nur als Teile größerer Netzwerke verwandter Entitäten existieren können, bleibt uns immer noch die Frage, warum denn, wenn Dinge wirklich ohne eine Ursache im Dasein auftauchen können, nicht durchaus ganze miteinander verknüpfte Netzwerke ohne irgendeine Ursache im Dasein wirklich auftauchen und auftauchen können? Warum konnte unser gesamtes Sonnensystem nicht unverursacht im Dasein auftauchen? Gemeinsam mit den unverursachten Kaninchen, die überall auf einer unverursachten Erde umherhoppelten? Wir können das Netzwerk so umfassend und komplex machen, wie es uns gefällt. Schließlich ist uns keine Einschränkung auferlegt.

3

In Abschnitt 3 behandelt Oppy die tieferen metaphysischen Behauptungen über Modalität und Verursachung. Sie sollen die Position des Naturalisten plausibel machen. Doch mir scheint, dass die von Oppy gelieferte Begründung für Modalität und Verursachung, die erklären soll, weshalb nur die Dinge, die in einem initialen kontingenten Zustand des Universums vorkommen, unverursacht entstehen können, explanativ leer ist; denn sie läuft lediglich auf eine erneute Bekräftigung seiner obengenannten naturalistischen Prinzipien hinaus. Ihre Stipulation, dass alle möglichen Welten den gleichen Initialzustand wie die aktuale Welt haben, ist eine Ad-hoc-Vermutung, die nicht plausibler ist als die in Abschnitt 1 beschriebenen naturalistischen Prinzipien. So verstehe ich nicht, wie diese Ansichten über Modalität und Verursachung eine ernsthafte Untermauerung für die Prinzipien von Oppy liefern sollen.

4

In Abschnitt 4 konzentriert sich Oppy auf das Universum, wie wir es kennen, um ein plausibles Plädoyer für die Behauptung aufzubauen, dass die Dinge nicht gegenwärtig unverursacht entstehen können – ein Plädoyer, das damit kompatibel ist, dass zu Beginn des Universums Dinge unverursacht entstehen. Die Idee ist, grob gesagt, folgende: Bevor irgendein konkretes Objekt den Raum einnehmen kann, der derzeit von einem anderen konkreten Objekt eingenommen wird, muss der gegenwärtige Okkupant den Raum verlassen, um Platz für das neue Objekt zu schaffen. Das „Bevor“ hat hier mit der Priorität „in der Kausalordnung“ zu tun, nicht der zeitlichen Ordnung. In der zeitlichen Ordnung sind die Evakuierung und Okkupierung des Raumes vermutlich gleichzeitig. Laut Oppy kann es nicht sein, dass die Entstehung der neuen Gegenstände dazu führt, dass der vorherige Okkupant aufhört, den Raum zu einzunehmen, da nicht-existente Dinge keine Verursachungskräfte haben und das neue Objekt nicht zu existieren anfängt, bis es irgendeinen Raum einnimmt. Daraus leitet Oppy ab, dass die Tatsache, dass der vorherige Okkupant aufhört, den Raum zu besetzen, eine Ursache für die Entstehung des neuen Objektes sei. Somit entstünde das neue Objekt schließlich doch nicht ohne Ursache.

Diese Begründung des Ganzen erscheint mir pervers. So wie eine Blase, die sich in einer Flüssigkeit bildet, einen Teil der Flüssigkeit verdrängt, die ein bestimmtes räumliches Volumen einnimmt so verdrängt ein Gegenstand, der ohne eine Ursache entsteht, irgendein Objekt, das gegenwärtig ein bestimmtes Raumvolumen einnimmt. Wenn dies richtig ist, dann ist das neue Objekt, das das Gebiet okkupiert, kausal vor dem vorherigen Okkupanten, der es freigibt. Oppy meint, diese Begründung könne nicht korrekt sein, weil das neue Objekt nicht anfängt zu existieren, bis es eine bestimmte räumliche Lokation einnimmt. Nun muss das „Bis“ sich hier auf die temporale Ordnung der Ereignisse beziehen, und natürlich existiert das neue Objekt nicht, bevor es ein bestimmtes Raumvolumen einnimmt. In der zeitlichen Ordnung sind dessen Existenz, sein Einnehmen eines bestimmten Raumvolumens und sein Verdrängen des vorherigen Okkupanten dieses Volumens alle simultan. Aber eine solche Koinzidenz in der zeitlichen Ordnung hat für die Kausalordnung keinerlei Bedeutung. In der Kausalordnung bewirkt das neue Objekt, das an irgendeinem Ort entsteht, dass der vorherige Okkupant den Raum verlässt. Zu dem Zeitpunkt, wo dies geschieht, existiert das neue Objekt durchaus; dieses Ereignis tritt sogar im ersten Moment seiner Existenz ein. Im Gegenteil: Laut Oppys Ansicht bewirkt der gegenwärtige Okkupant, der den Raum verlässt, dass das neue Objekt entsteht, was eindeutig verquer ist. Laut Oppys Ansicht fragt man sich, warum nicht ein Objekt von genau derselben Gestalt und Größe infolge der Evakuierung eines bestimmten räumlichen Gebietes durch ein Objekt entstanden ist. Warum sollte die Verlagerung eines Tisches dazu führen, dass ein Tiger in der Existenz auftaucht?

Besonders merkwürdig an Oppys Argumentation ist, dass seine Begründung dafür, dass Dinge nicht unverursacht zu nicht-initialen Momenten im Dasein auftauchen können, nicht auf der intuitiv offensichtlichen Wahrheit beruht, dass Dinge wie Tiger nicht im Dasein auftauchen können, sondern vielmehr auf der angeblichen Tatsache, dass ihr Auftauchen, streng genommen, nicht unverursacht ist. Tiger und dergleichen können nach der vorgeschlagenen Begründung tatsächlich plötzlich in der Existenz auftauchen, wenn etwas ihnen Platz macht. Der einzige Unterschied zwischen ihnen und den Quantengravitationspartikeln, die zu Beginn des Universums im Dasein auftauchen, ist der, dass der Raum gemeinsam mit den Partikeln entsteht und nicht vor ihnen. Das ist kaum eine realistische und überzeugende Begründung dafür, dass, wenn solche Partikel im ersten Moment der Existenz des Universums auftauchen könnten, sie es jetzt nicht tun, noch dafür, dass andere Dinge nicht gegenwärtig im Dasein auftauchen. Oppy besteht darauf, dass seine Begründung nicht stipuliere, die alleinige Ursache der Dinge, die im Dasein auftauchen, sei die Existenz von entsprechend geformten Räumen, die konsistent durch ein Objekt bestimmter Art besetzt sind. Mag sein, aber wir fragen uns immer noch, warum solche Ereignisse entweder unmöglich sind oder eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit besitzen.

5

Im letzten Abschnitt seiner Arbeit sieht Oppy ein, dass seine theoretischen Überlegungen auf verschiedene Weise falsch gelaufen sein mögen. Dennoch behauptet er, das Hauptziel seiner Arbeit erreicht zu haben, nämlich zu zeigen, (i) dass es für Naturalisten möglich sei, sich auf diese Art von metaphysischem Theoretisieren einzulassen, und (ii) dass sich die theoretischen Verdienste der Produkte einer solchen theoretischen Überlegung nur gerecht beurteilen ließen, wenn man die Details der betreffenden Theorien betrachtet. Dass dies das Hauptziel der Arbeit sei, kommt ein bisschen überraschend, denn dieses Ziel ist wesentlich bescheidener als das in der ursprünglichen Zusammenfassung der Arbeit abgesteckte, nämlich: Die Ansicht zu verteidigen, dass es möglich sei, dass die Realität einen unverursachten Initialzustand hat, obwohl dies für irgendeinen späteren Zustand unmöglich ist. Davon abgesehen, kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendjemand (i) leugnen wollte. Doch (ii) ist auf bedeutsame Weise zweideutig. Natürlich: Man kann die theoretischen Verdienste der Produkte theoretischer Überlegungen nicht beurteilen, wenn man nicht weiß, was diese spezifischen Produkte sind! Aber (ii) ist, so fürchte ich, ein Ausdruck von Oppys allgemeiner Strategie, die Akzeptanz der kosmologischen Argumente der natürlichen Theologie endlos zu verhindern, indem er deren Befürworter mit einer Vielzahl tiefsinniger philosophischer Rätsel überhäuft, sodass eine Art Lähmung entsteht, noch bevor solche Argumente als gute Argumente erkannt werden können. [5] Diese Art, sich in Bezug auf das Kausalprinzip, dass alles, was zu existieren beginnt, eine Ursache hat, mit einem Urteil zurückzuhalten, ist, wie ich glaube, durch Oppys Arbeit nicht gerechtfertigt worden. Jenes Prinzip ist so einleuchtend, dass es vernünftig ist, dabei zu bleiben, seine Wahrheit zu bestätigen, solange und bis die naturalistische Theoriebildung, so wie Oppy es sich vorstellt, dazu herhält, es aus unseren Überzeugungen zu verdrängen. Oppys Abhandlungen in dieser Arbeit erreichen diese Ebene wohl kaum.

Talbot School of Theology

(Übers.: B. Currlin)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/reflections-on-uncaused-beginnings

  • [1]

    Vgl. seine Philosophical Perspectives on Infinity (Cambridge: Cambridge University Press, 2006), ix, und sein Buch Arguing about Gods (Cambridge: Cambridge University Press, 2006), 148-53.

  • [2]

    Es ist beachtenswert, dass auch Regress nicht physikalische Realitätszustände von ewiger Dauer implizieren muss. Dies anzunehmen, setzt implizit voraus, dass die so geordneten Kausalzustände alle isochron, d. h. von derselben temporalen Dauer sind. Aber wenn die Dauer der Zustände mit der Regression der Zeit fortschreitend abnehmen kann, dann kann der Regress von endlicher Dauer sein, obwohl ihm ein Initialzustand fehlt. Auch wenn es keinen ersten Augenblick der Existenz des Universums gab, könnte das Universum in der Vergangenheit dennoch endlich sein und daher, zumindest in diesem Sinne, begonnen haben, zu existieren und somit eine transzendente Ursache erfordern. Die Wirklichkeit als Ganzes würde jedoch nicht durch Regress charakterisiert werden, weil der Zustand, in dem Gott das Universum verursacht, ein Initialzustand der Wirklichkeit wäre. Wenn wir leugnen, dass kausale Priorität temporale Priorität impliziert, dann gibt es immer noch einen ursächlichen Initialzustand der Realität, nämlich, dass Gott das Universum ins Dasein bringt, auch wenn es keinen initialen temporalen Zustand der Realität gibt, sodass das richtige Modell nicht der Regress, sondern ein kontingenter Initialzustand wäre.

  • [3]

    Wie es in ihrer Verfechtung des Prinzips der Determination zum Ausdruck kommt. Siehe dazu mein Buch The Kalam Cosmological Argument (London: Macmillan, 1979), 47-49, 150-51.

  • [4]

    Die Analyse von Oppy ist somit hilfreich, die fehlende Plausibilität von Wes Morristons Behauptung herauszustellen, dass zwar Dinge, die nicht in eingebetteten Momenten der Zeit unverursacht entstehen können, dies durchaus in einem ersten Moment der Zeit können (Wes Morriston, „Must the Beginning of the Universe Have a Personal Cause?“ Faith and Philosophy 19 (2002), 94-105). Wie Oppy zeigt, ist Morriston damit plausiblerweise den unplausiblen Thesen von Oppy verpflichtet, dass gewisse Dinge nur in einem ersten Moment der Zeit essenziell zur Entstehung fähig sind und andere Dingen essenziell fähig sind, nur in eingebetteten Momenten der Zeit zu entstehen.

  • [5]

    Vgl. Oppy, Arguing about Gods, 170-71 und meine Beanstandungen in Bezug auf diese Strategie in meinen kritischen Anmerkungen zu Arguing about Gods, von Graham Oppy, Philosophia Christi 10 (2008), 435-42.