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#571 Bin ich ein Suchender?

December 16, 2018
F

Würde Gott mich als ein Suchender betrachten oder als jemand, der einfach „auf Nummer sicher gehen“ will? Das ist eine sehr persönliche Frage. Letztes Jahr um diese Zeit war ich ein Atheist, wie er im Buche steht. Um ehrlich zu sein: Ich glaube, ich war fast schon arrogant aufgrund der Überzeugung, dass ich in dieser einen Hinsicht „aufgeklärter“ war als die Leute, die am „Gotteswahn“ litten. Ich war stolz darauf, dass ich unter denen war, die in dieser fundamentalen Frage Recht hatten. Seit kurzem würde ich mich aber einen „Zweifler“ nennen. Was ich nicht weiß, ist, ob ich als „Suchender“ bezeichnet werden könnte. Früher dachte ich, es wäre rational zu mir selbst zu sagen, dass ich hoffe, an Gott zu glauben zu können, bevor ich sterbe, sollte es ihn denn geben. Oder zumindest, dass Gott, wenn es ihn gibt, meinen Unglauben versteht und mir vergibt. Es wird schon gut gehen, solange ich mich richtig verhalte. Schließlich kann ich ja schlecht einfach dafür verurteilt werden, dass ich nicht glaube! Ich habe aber mittlerweile Folgendes erkannt: Selbst wenn man nicht für Unglauben verantwortlich gemacht werden könnte, könnte man doch dafür verantwortlich gemacht werden, nicht zu glauben versucht zu haben. Vielleicht ist Pascals Wette doch gar nicht so verkehrt. Ich habe lange gebraucht, zu diesem Punkt zu kommen, doch ich glaube, ich bin bereit zu sagen, dass ich zwar nicht an Gott glaube, aber gerne an ihn glauben möchte. Bin ich deshalb also ein „Suchender“ oder jemand, der nur auf Nummer sicher gehen will, weil er die Gültigkeit von Pascals Argument erkannt hat?

Tim
Vereinigte Staaten

United States

Prof. Craigs Antwort


A

Ich denke, jeder, der sich die Zeit nimmt und die Mühe macht, mir so ehrlich über dieses Thema schreibt, kann zurecht als „Suchender“ bezeichnet werden, Tim! Diejenigen, die Gott nicht suchen, begegnen ihm entweder mit Feindseligkeit oder Gleichgültigkeit. Der demütige und selbstkritische Ton Ihres Schreibens zeugt jedoch von einem Herzen, das offen für Gott ist. Er hat bereits ein gutes Werk in Ihrem Leben begonnen!

Ich würde Sie jedoch zur Vorsicht mahnen in Bezug auf die Verantwortung für den Unglauben. Der Nicht-Gläubige wird nicht verurteilt, weil sein Inventar an Überzeugungen eine bestimmte Überzeugung nicht aufweist. Gott macht keine Inventur Ihrer Überzeugungen, um zu sehen, ob Sie die Überzeugung B haben. Was den Nicht-Gläubigen vielmehr verurteilt, ist, dass er sich weigert, sein Vertrauen auf Christus als seinen Retter zu setzen. Wir sind schuldig vor einem heiligen Gott und daher zurecht verurteilt. Christus starb, um die Strafe für Ihre Sünde zu tragen, sodass Ihnen vergeben werden kann und sie vor Gott gerecht erklärt werden können. Gott wirkt durch seinen Heiligen Geist, indem er Sie von Ihrer Sünde überführt und Sie zu sich zieht. Wenn wir aufhören, dem Heiligen Geist zu widerstehen, und zulassen, dass er sein Werk tut, dann wird er uns in eine rettende Beziehung mit Christus, unserem Retter, bringen. Doch wenn wir uns gegen das Werk des Heiligen Geistes wehren, drängen wir Gott auf die Seite und trennen uns so von Gottes Gnade und Vergebung. Es geht weniger darum, dass uns eine bestimmte Überzeugung fehlt, sondern darum, dass wir Gott widerstehen und ihm unser Vertrauen auf seine Vergebung verweigern.

Daher geht es auch nicht darum, zu versuchen, seinen Glauben an Gott zu steigern. Das wäre dann ein Werk, das man tut, um vor Gott besser da zu stehen, anstatt einzuwilligen, dass er in Ihrem Leben wirkt. Um Letzteres zu fördern, würde ich Ihnen empfehlen, die Evangelien zu lesen, zu beten und Gott zu bitten, Ihnen Glauben an ihn zu schenken. Pascal hätte dieser Empfehlung zugestimmt. Er hat zwar den Glücksspielaffinierten seiner Zeit geraten, auf Gott zu wetten, doch auch anerkannt, dass wahrer Glaube erst dann kommt, wenn man sich christlichen Glaubenswerken hingibt, die das Vertrauen auf Gott fördern.

William Lane Craig

(Übers.: J. Booker)

Link to the original article in English: https://www.reasonablefaith.org/writings/question-answer/am-i-a-seeker

- William Lane Craig